Flammende Sehnsucht
gewisse Grenzen respektieren. Dass Sie schließlich und letztendlich ein netter Kerl sind. Außerdem denke ich, dass Sie meinen Bruder vielleicht wirklich mögen, während sie es meiner Ansicht nur auf seinen Titel und seinen Besitz abgesehen hat. Und ich mag auch nicht, wie sie ihn anguckt. Als ob sie, na ja, völlig ausgehungert wäre.«
»Und wie sehe ich ihn an?«
»Oh, ein bisschen hungrig sehen Sie natürlich auch aus. Aber eher so, als wollten Sie ihn auskosten und genießen, während sie den Eindruck macht, als wolle sie ihn zermalmen und dann ausspucken.«
»Vielen Dank, aber Sie haben doch von einem Handel gesprochen.« Cassie musterte sie vorsichtig. »Was erwarten Sie sich als Gegenleistung?«
»Abgesehen von einer Schwägerin, die ich leiden kann?« Lucys Blick wanderte zu Christian, und ein entschlossenes Lächeln spielte um ihren hübschen Mund.
»Lucy!« Cassie schüttelte den Kopf. »Sie sind doch viel zu jung für Christian. Außerdem hat er jede Menge Erfahrung und genießt einen gewissen Ruf als Schürzenjäger, und ich darf wohl sagen ...«
»Ich weiß das alles, und es stört mich nicht.« Lucy warf ihr dunkles Haar zurück und lächelte auf eine Weise, die sie viel älter erscheinen ließ, als sie war. »Ich weiß, dass ich jetzt vielleicht noch zu jung für ihn bin, aber eines Tages werde ich es nicht mehr sein. Und da ich ihn nicht für einen Mann halte, der sich schon allzu bald unters Ehejoch begibt, kann ich abwarten. Dann aber, ja, im Grunde von jetzt an bis zu diesem Zeitpunkt, wäre es recht vorteilhaft und überaus praktisch, wenn die Schwester des Mannes, den ich einmal heiraten möchte, die Gattin meines Bruders wäre.« Sie warf Cassie ein entschlossenes Lächeln zu.
»Praktisch wäre das schon«, murmelte Cassie und fragte sich, ob Christians Schicksal nicht schon besiegelt war.
»Nicht wahr?« Lucy strahlte und bekam plötzlich große Augen. »Sagen Sie, würden Sie nicht gerne Berkley Park sehen? Wir müssen ja nicht ganz bis zum Haus reiten. Vom Hügel da drüben kann man es sehen.« Sie wies auf eine nicht weit entfernte und von Bäumen bewachsene, leichte Erhebung.
»Oh, ich glaube nicht ...« Cassie warf einen Blick auf Reggie, der immer noch mit Miss Bellingham beschäftigt war, und zuckte die Achseln. »Warum eigentlich nicht.«
»Es wird Ihnen gefallen, es ist wunderschön. Auch sehr alt, glaube ich. Ich habe keine Ahnung, wie alt, obwohl Reggie es wahrscheinlich weiß. Es wirkt ein wenig imposant, aber im Grunde ...«
In gemütlichem Trab ritten sie los, und Lucy plauderte unentwegt. Hauptsächlich darüber, wie stattlich Christian doch sei oder wie charmant oder ob er jemals ernsthaftes Interesse an einer Frau gezeigt habe oder nicht und wie es kam, dass
keiner von Cassies Brüdern verheiratet sei, dass es wohl in der Familie lag, das Heiraten hinauszuschieben, und wann Christian nach Cassies Einschätzung wohl ans Heiraten denken werde.
Sie erreichten die Hügelkuppe, und Lucy hielt inne, um Atem zu schöpfen. Erst da hörten sie das nicht zu verkennende Getrappel eines Pferdes hinter sich.
»Und was, wenn ich fragen darf, führt euch zwei hierher?«, meinte Reggie, als er mit einem Lächeln herangeritten kam.
Cassie lächelte ebenfalls und versuchte zu ignorieren, wie ihr jedes Mal, wenn er lächelte, das Herz hüpfte.
»Ich wollte Cassie Berkley Park zeigen«, erwiderte Lucy und wandte sich an Cassie. »Wir müssen natürlich absteigen. Den besten Blick hat man hinter den Bäumen.«
Auch wenn es nur eine Handvoll Bäume gab, so verstellten sie doch sehr wirksam die Aussicht.
»Ich werde ihr gern alles zeigen«, meinte Reggie. »Da du zu den anderen zurückmusst.«
Lucy runzelte die Stirn. »Weshalb denn?«
»Mutter hat mich nach dir geschickt.«
»Aber warum denn?«
»Ich ahne es weder, noch kümmert es mich.« Er nickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Also, marsch, los!«
»Ich darf euch wohl darauf aufmerksam machen, dass ich euch eigentlich nicht ohne Anstandsperson zurücklassen sollte«, meinte Lucy und legte einen sittsamen Ton in ihre Stimme. Cassie verkniff sich ein Lächeln. »Es schickt sich einfach nicht.«
»Da wir uns ja kaum außer Sichtweite der anderen befin-den, denke ich, dass wir den Skandal riskieren können.« Reggie lächelte ironisch. »Was meinen Sie, Miss Effington?«
Cassie zuckte nonchalant mit den Achseln. »Wie Sie sagen, wir befinden uns in Sichtweite der ganzen Gruppe. Ich wüsste nicht, was es
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