Flammende Sehnsucht
muss, dass ich nicht die geringste Ahnung habe, wo man da überhaupt anfängt.«
»Aber, mein lieber Junge, ich würde dir doch nie solche Entscheidungen aufbürden.« Lady Berkley riss die Augen auf, als könne ihr so etwas nicht einmal im Traum einfallen.
»Reggie die Auswahl der Stoffe zu überlassen, kann ich mir wahrhaftig nicht vorstellen, von Farbe und Tapeten ganz zu schweigen.« Lucy schnaubte. »Er kann ja einen Chiffonier nicht von einer Kommode unterscheiden, noch einen Smaragdton von einem Himmelblau.«
»Ich habe keine Probleme mit Farbunterscheidungen -nur hab ich nie mich groß dafür interessiert.«
»Natürlich nicht, das sollst du auch nicht. Und es wird auch nicht nötig sein.« Sogar das Lächeln seiner Mutter wirkte schon wieder fester. Offensichtlich war dies eine gute Idee. »Die Tochter eines alten Freundes von mir hat einen vorzüglichen Geschmack und hat die Renovierung der Häuser mehrerer Damen aus meinem Bekanntenkreis geleitet, mit ganz ausgezeichneten Ergebnissen. Etwas leicht Exzentrisches hat es natürlich schon, denn sie stammt aus guter Familie und verlangt exorbitante Honorare, die sie allerdings auch wert ist.
Reggie kniff die Augen zusammen. »Wie exorbitant denn?«
»Mutter hat doch gesagt, dass sie ihr Geld wert ist.« Lucy runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. »Das wirst du ihr doch nicht missgönnen - wie kostspielig es auch wird? Schließlich ist es ihr letzter Wunsch.«
»Na, na, Lucy.« Lady Berkley lächelte resigniert wie eine Märtyrerin auf dem Weg zum Kolosseum und ließ sich in die Kissen zurückfallen wie ein Segel bei Flaute. »Wenn es Reggie zu viel ist.«
»Nein, das ist es gar nicht«, beeilte sich Reggie zuzustimmen. »Wenn es dein Wunsch ist.«
»Wunderbar. Ich habe Higgins schon angewiesen, sie zu bitten, uns heute Nachmittag noch zu besuchen. Ich überlasse alles ihr.« Ein schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Und dir.«
»Natürlich.« Reggie zwang sich zu einem Lächeln und versuchte seine Skepsis zu verbergen.
Sich die Auslassungen eines exzentrischen Frauenzimmers über Sofas und Stoffe anzuhören, war ungefähr das Letzte, womit er seine Zeit vergeuden wollte. Doch wenn sich der
Gesundheitszustand seiner Mutter dadurch besserte, würde er einen Nachmittag mit dieser Frauensperson schon ertragen, die zweifellos ihre besten Jahre hinter sich hatte und sich ihre unausgefüllten Mußestunden mit dem Renovieren fremder Häuser vertrieb.
Er würde einen Kompromiss eingehen, all ihre Vorschläge akzeptieren und sich sonst von dieser Exzentrikerin möglichst fernhalten.
»Also, Kinder, nun lauft.« Lady Berkley seufzte, als ob das Gespräch sie völlig entkräftet hätte. »Ich muss noch einige Dinge mit Higgins besprechen.«
Reggie runzelte die Stirn. »Ist das denn vernünftig? Die Anweisungen für Higgins können doch sicher warten, bis du dich ausgeruht hast?«
»Es dauert nicht lange und wird mich erleichtern. Solange mein Haushalt nicht in Ordnung ist, kann ich mich nur schwer entspannen.« Sie machte eine müde Handbewegung Richtung Tür. »Geht jetzt und schließ die Tür hinter dir.«
»Gut.« Reggie blickte zu Higgins. »Passen Sie auf, dass sie sich nicht übernimmt.«
»Das würde ich niemals zulassen, Mylord«, entgegnete Higgins - ganz der treue Diener.
Reggie ging zur Tür, blieb stehen, um seiner Schwester den Vortritt zu lassen, und zog dann die Tür hinter sich zu.
»Reggie.« Lucy blickte mit ihren besorgt aufgerissenen grauen Augen zu ihm auf. »Was hältst du davon?«
»Von Mutters Krankheit?«
Lucy nickte.
»Ich weiß nicht.« Reggie schüttelte den Kopf. »Sie gehört ja nicht zu den Frauen, die sich ohne gebührenden Anlass ins
Bett legen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie je unpässlich gewesen wäre noch dass sie es je behauptet hätte. Ich furchte, sie ist wirklich davon überzeugt, dass es mit ihr zu Ende geht.«
»Vielleicht will sie ja nur, dass das Haus renoviert wird, und scheut die notwendigen Kosten?« Ein hoffnungsvoller Ton schwang in Lucys Stimme.
»Vielleicht.« Reggie dachte laut darüber nach. »Obwohl mir bei Mutter nie auch nur das geringste Zögern aufgefallen ist, wenn es um Ausgaben ging. Eigentlich hat sie immer ziemlich gerne Geld ausgegeben, und je größer die Summen, desto größer ihre Begeisterung. Außerdem hat sie nie etwas so Schwerwiegendes wie ihre Gesundheit eingesetzt, um zu kriegen, was sie wollte. Schon allein das verleiht ihrer Krankheit
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