Flammende Sehnsucht
ihrer Schwester - »die kaum der Rede wert waren, wenn ich das vielleicht noch hinzufügen darf. Und auch gegenwärtig bin ich in einem Unternehmen geschäftlicher Natur engagiert, das manche für unschicklich, ja sogar unanständig halten, aber eigentlich habe ich mich immer zurückgenommen.«
»Na, Gott sei Dank«, murmelte Delia.
»Aber irgendwo tief drinnen will ich eine Herzensbrecherin sein, eine Halunkin, eine Kanaille. Und vielleicht bin ich in Wirklichkeit genau das. Und vielleicht will ich auch, trotz allem, was ich je geschworen habe, Gott helfe mir« - sie zuckte zusammen, als sie die Worte laut aussprach - »genau so einen Mann, obwohl ich im kleinen Finger spüre, dass so einer mich auf diesen furchtbaren Weg führen würde.«
»Zu Indezenz und Skandal?«
»Vergiss Ruin und Desaster nicht.«
»Die könnte ich niemals vergessen.« Delia schüttelte den Kopf. »Ich hatte ja keine Ahnung. Davon hast du nie was verlauten lassen.«
»Na ja, du hast mir von deiner Sehnsucht nach Aufregung und Abenteuer ja auch erst erzählt, nachdem du mit deinem ersten Mann durchgebrannt und als Witwe wieder nach Hause gekommen warst.« Cassie ließ sich in den Sessel zurücksinken. »Offenbar gibt es einige Geheimnisse, die wir unseren nächsten Menschen unmöglich mitteilen können.«
»Offenbar.« Langsam und bedächtig schenkte sich Delia noch einmal die Tasse voll, als brauche sie Zeit, um sich ihre nächsten Worte zu überlegen. »Und nun, da dir das alles klargeworden ist, was fängst du jetzt damit an?«
»Was ich damit anfange?« Cassie schüttelte den Kopf. »Nichts.«
Delia zog eine Braue hoch. »Gar nichts?«
»Gar nichts.« Cassie zupfte an einem losen Faden an der Sessellehne. »Ich werde mein Leben genauso weiterleben wie bisher. Ich sehe keinerlei Veranlassung, etwas daran zu ändern.«
»Nicht?«
»Ganz und gar nicht«, meinte Cassie bestimmt. »Dadurch, dass ich mich verstehe und mich, indem ich dir das alles beichte, besser akzeptieren kann, fällt mir die Selbstbeherrschung im Grunde nur noch leichter.«
»Verstehe.«
»Außerdem sehe ich keine Notwendigkeit, meine Meinung hinsichtlich des Mannes, den ich einmal zu heiraten gedenke, zu ändern.«
»Dieses mythische Wundertier, das im Grunde nur in Kitschromanen existiert?«
»Du musst das nicht so ...«
»Sehen wir uns das doch mal an. Was war das wieder, was du dir wünschst? Ah, ja.« Delia überlegte einen Moment, und Cassie wappnete sich. »Du willst einen Mann, der ehrbar, aber nicht zu ehrbar ist. Der aufregend ist, aber nicht zu sehr. Einen Mann, der weder zu stark noch zu schwach ist. Weder langweilig noch gefährlich.«
»So, wie du das sagst, klingt es albern.« Seltsam, nie zuvor hatte Cassie ihre Anforderungen an einen Ehemann für albern gehalten; vielmehr waren sie ihr solide und praktisch erschienen. Jetzt aber, aus Delias Mund, klangen sie ziemlich töricht.
»Es hat immer albern geklungen.« Delia betrachtete ihre Schwester. »Aber es ist wohl ein gutes Zeichen, wenn du es endlich einsiehst.« Sie schüttelte den Kopf. »Du suchst einen Mann, der absolut perfekt ist, und einen solchen Mann, meine Liebe, den gibt es einfach nicht. Und wenn es ihn gäbe, deinen Mister Perfect...«
»Lord Perfect, wenn ich bitten darf«, murmelte Cassie.
»Dann würde Lord Perfect dich zu Tode langweilen, noch ehe du dein Ehegelübde gesprochen hättest. Erst ihre Unvollkommenheiten machen die Männer liebenswert. Perfekt wären sie unerträglich.« Sie lächelte. »Natürlich dürfen wir sie niemals wissen lassen, wie unvollkommen sie tatsächlich sind.«
»Sie ahnen es wohl.«
»Sicherlich, aber sie wissen nicht, dass wir es wissen.« Delia lächelte boshaft, und Cassie musste lachen. »Und«, begann Delia wieder. »Was hast du jetzt vor?«
»Ich werde Berkley House für Lord Berkleys« - Cassie erstickte fast an den Worten - »zukünftige Frau einrichten.«
Delia bekam große Augen. »Ich wusste gar nicht, dass er verlobt ist.«
»Ist er auch nicht, aber seine Mutter ist krank und würde ihn gern noch vor ihrem Tod verheiratet sehen.« Cassie runzelte nachdenklich die Stirn. »Es ist schon merkwürdig. Wenn ihm auch an ihr zu liegen scheint, wirkt er nicht übermäßig bestürzt über ihr bevorstehendes Ende.«
»Vielleicht glaubt er ja, dass sie wieder gesund wird?«
»Ja, das muss es wohl sein.« Cassie hatte den entschiedenen Eindruck gehabt, dass seine Sicherheit mit jedem Wort, das sie miteinander wechselten, gewachsen
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