Flammende Sehnsucht
mir. Darin, dass wir nicht zusammenpassen, meine ich. Und ich kann beim besten Willen nicht begreifen, warum ich mich darüber so ärgere.«
Vorsichtig betrachtete Delia ihre Schwester. »Warum glaubst du denn, dass ihr zwei nicht zusammenpasst?«
»Weil ich kein Interesse daran habe, einen Lebemann zu bekehren.« Cassie hatte diese Erklärung schon so oft abgegeben, dass sie ihr ohne Nachdenken von den Lippen ging.
»Warum nicht?«
»Warum nicht?« Cassie drehte sich zu ihrer Schwester herum. »Das ist doch wohl offensichtlich.«
»Das ist es nicht und war es auch nie. Weshalb nicht, Cassie? Du hast das seit deinem Debüt zwar immer wieder kundgetan, und ich habe mich immer wieder gefragt, warum du bei diesem Thema so unnachgiebig bist. Ja, ich habe es sogar lange als natürlichen Widerspruch betrachtet, dass du in der Sache so unbeugsam bist, vor allem, weil deine Verehrer immer genau dem Typ entsprachen, für den du dich angeblich nie interessiert hast.«
»Vielleicht ist das ja der Grund.« Die Leichtigkeit ihres Tons wurde von der Rastlosigkeit, die sie nun wieder packte, Lügen gestraft. »Die Männer, einschließlich unserer Brüder, haben immer geglaubt, dass ich - und nicht du - früher oder später einen Skandal provozieren würde. Natürlich haben die Ereignisse gezeigt, dass sie sich getäuscht haben.«
»Natürlich«, murmelte Delia.
Delia hatte es nicht gern, wenn man sie auf ihren früheren Leichtsinn hinwies, ein Leichtsinn, der nicht nur zu einer, sondern gleich zwei Ehen geführt hatte - wenn auch Cassie immer wieder Befriedigung daraus schöpfte, dass Delia sich in Skandale verstrickt hatte und sie nicht. Andererseits wiederum hatte sich Delias Leben wunderbar entwickelt, so dass der Skandal vielleicht nur ein kleiner Preis dafür war.
»Von den Männern, die hinter mir her waren, hatten nur die wenigsten Heiratsabsichten ...«
»Du hast Ihnen aber auch keine Chance gegeben, das Gegenteil zu beweisen.«
»Zugegeben, und mein Handeln war wohl stets angemessen und vernünftig. Aber«, Cassie begegnete dem Blick ihrer Schwester, »was, wenn sie immer schon recht gehabt hätten?«
»Wenn wer im Hinblick auf was recht gehabt hätte?« Verwirrt starrte Delia sie an.
»Alle. Unsere Brüder, die Männer im Allgemeinen, einfach alle.« Cassie atmete tief durch. »Was, wenn sie im Hinblick auf mich immer schon recht gehabt hätten? Wenn ich die potenziell größere Skandalnudel von uns beiden wäre?«
»Potenziell größere kann ja wohl nicht stimmen. Dieselbe Skandalnudel ist vielleicht zutreffender.« Delia grinste. »Aber ich habe gern Gesellschaft.«
»Solltest du auch besser, denn es ist ganz allein deine Schuld.«
»Meine Schuld?«
Cassie nickte. »Deine Eskapaden und Schwierigkeiten haben mich dazu gebracht, mein Leben zu überdenken.«
»Freut mich, dass ich dir eine Hilfe war«, murmelte Delia.
»Ich meine das völlig ernst. Auch ich habe mir meine Gedanken gemacht, warum ich mich so gegen jeden Umgang mit Männern von zweifelhaftem Ruf sperre. Alle scheinen sich ja einig zu sein, dass bekehrte Schwerenöter ausgezeichnete Ehemänner abgeben. Gott weiß, dass es mir nicht an Selbstvertrauen mangelt, und wenn irgendeine einen solchen Burschen bekehren könnte, dann wohl ich.«
Delia unterdrückte ein Lachen.
Cassie ignorierte sie.
»Ich vermute, es hängt mit unseren Brüdern zusammen. Ich würde jede Frau, die so dumm ist, sich in einen von ihnen zu verlieben, nur bemitleiden. Aber wirklich Angst habe ich im Grunde nicht vor dem Verletztwerden, sondern« - sie blickte ihrer Schwester in die Augen - »dass ich in vielerlei Hinsicht genau so bin wie sie.«
»Wie diese Frauen?«
»Nein.« Cassie ließ sich in einen Sessel fallen, der das Sofa ihrer Schwester wunderbar ergänzte. »Wie unsere Brüder.«
»Ich denke doch kaum ...«
»Dass ich tatsächlich Lust hätte, über die Stränge zu schlagen.« Sie beugte sich vor. »Und dass es, wenn ich diesen Weg von Indezenz und Skandal, Ruin und Desaster eingeschlagen hätte, kein Zurück mehr gäbe.«
»Cassie ...«
Cassie hob die Stimme. »Mein ganzes Leben lang habe ich gegen diesen Drang, wild und frei zu sein und unbesorgt um die Folgen genau das zu tun, was ich will, angekämpft.«
»Bis heute ist mir keine besondere Zurückhaltung an dir aufgefallen«, bemerkte Delia trocken.
»Oh, gewiss, ich habe stets meine Meinung gesagt, und im Lauf der Jahre waren da auch ein paar Begebnisse« - Cassie ignorierte die skeptische Miene
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