Flammende Sehnsucht
Leben gedrängt...«
»Man könnte auch behaupten, dass du dich in seins ge-drängt hast oder zumindest in sein Haus«, erwiderte Delia milde.
Cassie schenkte ihr keine Beachtung. »... und zwingt mich, über Dinge nachzudenken, die ich für längst erledigt hielt.« Sie fächelte heftiger mit ihrem Fächer, als nötig war. »Es ist so ärgerlich.«
»Ärgerlich scheint mir ein Wort zu sein, das du im Zusammenhang mit Lord Berkley nicht gerade selten im Munde führst.«
»Weil es so zutreffend ist. Er macht mich rasend, wahnsinnig, bringt mich auf die Palme, und ich weiß nicht so recht, warum, was an und für sich schon ärgerlich ist. Aber er kann auch überaus charmant sein, was mich ebenfalls irritiert.« Sie legte die Stirn in Falten. »Und weil er an alledem schuld ist. Dass ich mir zum ersten Mal in meinem Leben nicht mehr ganz sicher bin, dass das, was ich tue, auch richtig ist.«
»Häuser renovieren?«
»Aber nein. Das macht mir Spaß und ist auch eine Herausforderung, das werde ich nie aufgeben, egal was die Leute denken.«
»Du meinst, dass du den besserungsbedürftigen Teil des männlichen Geschlechts meidest.« Delia machte eine Kunstpause. »Wie Lord Berkley zum Beispiel?«
»Nein«, erwiderte Cassie entschieden. »Ich halte das immer noch für den besten Weg, aber ich will gerne zugeben, dass meine Vorstellung von Lord Perfect vielleicht an einigen Stellen der Korrektur bedarf. Ich hasse den Gedanken, meine Ansprüche zu senken, aber vielleicht ist es ja an der Zeit, sie zumindest noch einmal zu überprüfen. Weil einfach kein
Mensch die Ansprüche an einen Lord Perfect - oder auch an eine Miss Wonderful - erfüllen kann.«
»Verstehe.«
»Was?«
Delia nickte derart allwissend, dass sie schon fast die gleiche Nervensäge war wie Lord Berkley mit seiner Unberechenbarkeit. »Darum geht es also.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Cassie scheinheilig und wünschte sofort, sie hätte den Mund gehalten.
»Deine alberne Wette mit Lord Berkley. Ich hätte es wissen müssen.« Delia betrachtete neugierig die Schwester. »Jetzt tut’s dir leid, nicht wahr?«
»Ganz und gar nicht.« Cassie stieß resigniert Luft aus. »Na ja, ein bisschen vielleicht schon. Es ist einfach nicht fair, das ist alles. Lord Berkley könnte mir seine vierzig Pfund ebenso gut sofort aushändigen.«
»Zusätzlich zu meinen vierzig«, murmelte Delia.
»Tatsache ist, dass er nie einen Lord Perfect finden wird. Du hast doch selbst gesagt, dass Männer nicht vollkommen sind.«
»Nein, selbstverständlich nicht«, meinte Delia langsam. »Und wie steht’s mit Miss Wonderful?«
»Das ist ja wohl kaum ein Problem. Eine geeignete Partie für seine Lordschaft zu finden, das sollte nicht allzu schwer sein.« Cassie zuckte verächtlich die Achseln. »Schon allein in diesem Ballsaal wimmelt es vor lauter Miss Wonderfuls. Man kann kaum zwei Schritte machen, ohne über eine zu stolpern. Es ist geradezu ekelerregend.
Sieh sie dir an, Delia, die heurige Ernte an süßen, jungen Dingern, bereit, auf dem Altar der Ehe geopfert zu werden.
Perfekt von den Spitzen ihrer perfekten Finger bis zu den Nägeln ihrer vollkommenen Füße. Es ist widerlich.«
»Darf ich dich vielleicht darauf hinweisen, dass auch du dich durchaus zu ihnen zählen kannst.«
»Wohl kaum. Kein Mensch hier hält mich für auch nur annähernd perfekt, man nehme nur die irrtümliche Ansicht, dass ich stets am Rande des Skandals wandle, oder die Tatsache, dass inzwischen schon Mitglieder meiner eigenen Familie eine Tätigkeit, an der ich große Freude habe, als Exzentrik abtun - womit sie, zugegeben, in unserem gegenwärtigen Zeitalter nicht ganz falschliegen. In Wahrheit bin ich doch nur noch einen Wimpernschlag von der alten Jungfer entfernt.« Cass seufzte theatralisch. »Die exzentrische Miss Effington.«
Delia lachte. »Nun komm aber, Cassie ...«
»Du meinst, ich übertreibe, aber das stimmt nicht. Ich sehe lediglich den Tatsachen ins Auge.« Sie rümpfte die Nase. »Und die sind nicht besonders erfreulich.«
Delia starrte ihre Zwillingsschwester an. »Ein paar gute Jahre, denke ich, hast du schon noch vor dir. Oder muss ich dich darauf hinweisen, dass du heute Abend auch keinen Tanz ausgelassen hast. Es hat dir weder an Tänzern noch an Aufmerksamkeit gemangelt.«
»Ja, aber wie immer fallen diese Tänzer in zwei Kategorien: die überaus respektablen, todlangweiligen und an nichts als der Ehe interessierten Männer, und die viel zu flotten,
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