Flammende Sehnsucht
Gespräch vertieft, in der Nähe der Terrassentüren stehen sehen. Sie hatte Lord Berkleys Eintreffen genau registriert, auch mit wem er seither gesprochen und wie viele Gläser Champagner er getrunken hatte. Und natürlich entging ihr keine einzige Dame, mit der er tanzte. Auch seine übertriebene Flirtlaune fiel ihr auf sowie die irritierende Art, mit der er jede Frau musterte, als hätte sie etwas Einzigartiges an sich und als sei nur er aufmerksam genug, um es wahrzunehmen. Und sie merkte auch, dass er sie überhaupt nicht zu bemerken schien. Es war sehr, sehr ärgerlich.
Delia schnaubte ungläubig. »Seit dieser Bursche den Raum betreten hat, hast du ihn nicht aus den Augen gelassen.«
»Red keinen Unsinn. Was Lord Berkley tut, interessiert mich nicht im Geringsten«, murmelte Cassie beiläufig, während sie das Lächeln eines gewissen Mr. Wexley erwiderte, indem sie es zwar freundlich, aber nicht allzu ermutigend quittierte. Der Flirt war eine Kunst, die eine gewisse Balance zwischen starker Ermutigung des interessierten Herrn und nicht ausreichender Ermutigung verlangte. Schließlich wollte man nicht alle Brücken hinter sich abbrechen.
»Lord Berkley und ich sind Freunde. Und sollte ich möglicherweise Notiz von ihm nehmen, so bewegt die sich ganz im Rahmen des Freundschaftlichen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
»Genau das dachte ich mir.« Delia nickte langsam. »Dass da mehr wäre, hätte ich keinen Moment lang vermutet.«
»Obwohl er offenbar im ganzen Raum seine Runde macht, hat er mich kein einziges Mal aufgefordert«, sagte Cassie, und ihr liebenswürdiger Ton strafte ihren Ärger über den Burschen Lügen. »Wir sind Freunde, und man sollte doch annehmen, dass ein Freund wenigstens die Anwesenheit seiner Freundin zur Kenntnis nimmt. Er hat mich praktisch übersehen.«
»Und das hast du noch nie gut vertragen.«
Cassie quittierte das fragende Lächeln, das Lord Hawking ihr zuwarf, mit einem liebenswürdigen, aber nicht zu freundlichen Nicken. »Nie.«
»Obwohl du ja nicht zu denen gehörst, die sich beschweren. Du hast keine zwei Worte mit ihm gewechselt«, meinte Delia spitz.
»Ich hatte noch keine Gelegenheit. Außerdem würde es sich nicht schicken, ihn anzusprechen.« Cassie gab sich stolz, als läge ihr so etwas unendlich fern.
»Was in aller Welt ist plötzlich in dich gefahren?« Delia musterte ihre Schwester vorsichtig. »Ich kann mich nicht erinnern, dass dir die Schicklichkeit je derart am Herzen gelegen hätte.«
»Ungewohnt, nicht wahr?« Cassie seufzte. »Es hat nichts zu besagen, oder vielleicht auch alles. Ich habe mich in letzter Zeit ein bisschen seltsam, na ja, unzufrieden gefühlt. Sieh dir das an, Delia.« Cassie machte eine Geste, die die vor ihnen liegende Szenerie umschloss.
Lady Pugets Ball war auch dieses Mal - wie immer - der Gipfel der Eleganz. Herren und Damen trugen ihre schönsten Roben und Röcke. Koketterie und Vorfreude schwängerten die Atmosphäre, doch auch dies war wie eh und je.
Es war mehr oder weniger dasselbe wie im letzten Jahr und vorletzten Jahr und würde sich wohl auch im nächsten und übernächsten nicht ändern.
»Ist dir klar, dass wir seit unserem achtzehnten Geburtstag in der Gesellschaft verkehren? Das ist meine siebte Saison, die zweite ohne dich. Und ohne dich macht es längst nicht mehr so viel Spaß, weißt du.«
»Das tut mir leid.«
Cassie zuckte die Achseln. »Lässt sich aber wohl nicht ändern. Nun, es hätte sich ändern lassen, aber dafür ist es jetzt wahrscheinlich zu spät.«
Delia kniff die Augen zusammen. »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich vorhabe, mich für den Rest meines Lebens bei dir wegen meines jugendlichen Leichtsinns zu entschuldigen, oder?«
»Nein, natürlich nicht, das erwarte ich doch gar nicht. Es tut mir leid, dass ich überhaupt davon angefangen habe.« Cassie wischte die Bemerkung ihrer Schwester beiseite. »Nur habe ich in letzter Zeit ziemlich viel über die Zukunft nachgedacht und mich gefragt, ob mich wohl wirklich alle Welt für eine solche Exzentrikerin hält...«
»Also, ich bin sehr stolz auf dich«, sagte Delia überzeugt.
»Deine Loyalität steht außer Frage, liebe Schwester, weshalb du kaum zählst, aber ich weiß deine Unterstützung zu schätzen. Doch jetzt hat sich dieser ... dieser Kerl« - sie wies mit dem Kopf zur Tanzfläche, wo Lord Berkley in diesem Augenblick zweifellos alle charmierte und irgendeine arglose Unschuld mit seinem unwiderstehlichen Lachen betörte -»in mein
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