Flammende Versuchung
Deirdre zu diesem schwänzelnden Idioten so freundlich sein konnte. Der Kerl hatte Glück, dass sie selbst Männern gegenüber so schüchtern war, denn sie hatte einen Großteil seines elend langen Gedichtes damit zugebracht, detaillierte Szenarien zu entwerfen, in denen sie ihn entweder mit ihrem Retikül erwürgte oder mit einer sehr stumpfen Rosenschere kastrierte.
Graham war ihr auf den Fersen, während sie sich auf den Weg zu einer der Brookhaven’schen Kutschen machten, die Sophie nach Hause bringen würde. »Nehmt Ihr mich bitte mit? Es ist ein weiter Weg bis zu mir«, beschwatzte er sie. »Ich will möglichst weit von diesem schwärmerischen Pimpf weg.« Er warf einen Blick über die Schulter zurück und sah Baskin die Treppe hinuntergehen. »Ich kann den Kerl nicht leiden. Er ist irgendwie … komisch.«
Trotz ihrer eigenen Abneigung gegen Baskin fing Sophie plötzlich an, ihn zu verteidigen. »Ich nehme an, es ist nicht leicht, wenn man jemanden liebt, der diese Liebe nicht erwidert.«
Graham schnaubte. »Liebe? Ich hätte Euch nie für so sentimental gehalten. Ihr steht doch über derart mädchenhaftem Unsinn, nicht wahr?«
Sie wandte den Blick ab, während ihr die Röte in die Wangen stieg. Graham lachte. »Oweiowei. Bitte sagt mir, wen Ihr liebt, Sophie Blake. Nennt mir seinen Namen, damit ich ihn entführen und für Euch vor den Altar zwingen kann.«
Da stürzte sie sich auf ihn, und ihre grauen Augen waren
voller Wut. »Vielen Dank, aber wenn das nötig sein sollte, damit mich jemand heiratet, dann will ich mich lieber nicht an ein derart unwilliges Opfer binden. Und was das Mitnehmen angeht – ich glaube, der Spaziergang würde Euch guttun! Wenn Ihr nicht jeden Penny verspielen würdet, den Ihr besitzt, dann könntet Ihr Euch eine Droschke leisten!«
Mit diesen Worten sprang sie geschmeidig in die Kutsche und verließ die Auffahrt in Richtung Straße. Graham blieb ob ihres plötzlichen Ausbruchs erstaunt blinzelnd zurück.
»Verdammter Mist!«, murmelte er. »Man könnte meinen, ich hätte etwas Falsches gesagt!« Achselzuckend schob er die Hände in die Hosentaschen und schlenderte davon.
Er bemerkte nicht, dass Baskin noch immer vor der Eingangstreppe herumlungerte und sehnsüchtig die Tür von Brook House betrachtete.
Dreißigstes Kapitel
N achdem alle gegangen waren, war Deirdre wieder einmal allein. Als die Haustür sich schloss und Stille sich über das Haus senkte, schloss Deirdre die Augen, damit die Ruhe die Spannung aus ihren Schultern sog.
Es funktionierte nicht.
Calder. Sie schlug die Augen auf. Natürlich, die eigentliche Quelle ihres Unbehagens war noch immer da, mied ihre Anwesenheit, versteckte sich hinter den Wänden seines Studierzimmers, dabei hatten sie so viel miteinander zu klären. Feigling.
Und du bist keiner, dabei sitzt du hier und flirtest erst mit diesem Hündchen und wirst ihn dann auf miese Art los, damit du ihm nur nicht sagen musst, dass dir seine Gedichte nicht gefallen?
Sie hielt die Seiten noch immer in der Hand. Innige Worte von jemandem, für den sie nichts empfand, kaltes Schweigen von dem Mann, den sie liebte. Plötzliche Wut ergriff sie, Wut auf sich selbst, auf Calder, auf Baskin. Sie zerknüllte die Blätter und warf sie in den kalten Kamin.
Sie wollte keine Gedichte und keine schönen Worte. Sie wollte ihren Ehemann, verdammt noch mal!
Unentschlossen stand Baskin auf der Treppe von Brook House. Er hatte nicht wirklich vorgehabt, Miss – äh, Lady Brookhaven das Gedicht zu überreichen. Oder zumindest
nicht, bevor er nicht für sich selbst eine Abschrift angefertigt hätte. Es war schließlich eines seiner besseren Werke, wenn er so sagen durfte.
So bald wieder an die Tür zu klopfen mochte ein wenig verzweifelt erscheinen, und dann war da noch die Aussicht, seiner wunderschönen Deirdre sagen zu müssen, dass er das Gedicht zurückhaben wollte …
Vielleicht … wenn er einfach nur schnell hineinginge, um nachzusehen, ob sie die Seiten zufälligerweise im Salon liegen gelassen hatte? Es würde ihm nicht gerade unerhebliche Peinlichkeiten ersparen, und morgen könnte er ihr eine schöne Abschrift des Gedichts schenken.
Sich in Erinnerung rufend, dass er ein willkommener Gast war, der gemeinsam mit Familienangehörigen empfangen wurde, öffnete er die Tür und trat ein. Rasch schritt er die Eingangshalle hinunter zur Tür des Salons.
Stimmen in der Nähe ließen ihn stehen bleiben. Hinter dem Salon, wo der Flur eine Biegung
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