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Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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eingeschlafen.
    Als Angel wieder erwachte, war es bereits Nachmittag. Klares gelbes Licht erfüllte den Raum und verwandelte kleine Staubpartikelchen in funkelnde Diamanten. Sie streckte sich und zuckte zusammen, als sie die Wunde neben ihrem rechten Schulterblatt fühlte.
    Der stechende Schmerz rief ihr mit einemmal wieder die Ereignisse des vergangenen Abends in Erinnerung. Es war, als ob ihr jemand mit einem Glasschneider durchs Herz fahren würde. Einen Augenblick lang lag sie vollkommen reglos da und ließ die Erinnerungen über sich hereinbrechen. Es nützte nichts, dagegen anzukämpfen. Sie wußte aus Erfahrung, daß sie gleich nach dem Aufwachen am verwundbarsten war, egal, ob mitten in der Nacht oder am Nachmittag.
    In den Minuten zwischen Schlafen und Wachen wurde sie voll und ganz von ihren Gefühlen beherrscht. Dagegen anzukämpfen hieß, alles nur noch schlimmer zu machen.
    Glücklicherweise ging auch dieser Moment vorüber und ließ Angel zwar angeschlagen, aber immerhin wach zurück, so daß sie ihre Gedanken und Gefühle wieder unter Kontrolle bringen konnte. Sie schob die dünne Wolldecke beiseite. Dann hielt sie mitten in der Bewegung inne - die Decke war nicht dagewesen, als sie eingeschlafen war. Es war nicht mal ihre Decke. Sie stammte aus einem der Gästezimmer.
    Der Gedanke, daß Derry die Decke mühsam auf Krücken hierhergeschleppt hatte, um sie zuzudecken, tröstete sie sehr. Derry war seit dem Unfall so rücksichtsvoll und aufmerksam. Ganz gleich, was sie auch sagte oder tat, er hielt zu ihr.
    Derrys liebevolle Geste ließ ein wenig Frieden in Angels gequälte Seele einkehren, eine Art Stille, die sich langsam in ihr ausbreitete und ihr neue Kraft gab. Sie duschte lange, und das Gefühl der Ruhe und des Friedens verstärkte sich noch.
    Sie zog einen zartrosa Kaftan an, der ihr in weichen Falten bis zu den Fußgelenken fiel. Das Mieder war mit winzigen Silberglöckchen bestickt. Dazu passend trug sie eine Doppelkette aus kleinen Silberglöckchen an ihrem rechten Fußgelenk sowie an ihrem linken Handgelenk. Die Glöckchen bimmelten leise bei jeder Bewegung. Schließlich befestigte sie noch ein paar Ohrringe mit Silberglöckchen unter der Masse ihres goldenen Haares.
    Angel hatte das Kleid und den Schmuck vor zwei Jahren gekauft, als sie die Stille in ihrem Haus in Seattle nicht mehr ertragen konnte. Während sie ihr Haar kämmte, bimmelten die Glöckchen zart und leise, ein Geräusch, das sich mit dem Wispern ihres seidigen, sonnendurchfluteten Haares mischte.
    Angel zögerte einen Augenblick lang und betrachtete ihr Bild im Badezimmerspiegel. Sie war versucht, ein wenig Make-up aufzutragen, um die Blässe ihrer Haut und die violetten Schatten unter ihren Augen zu verdecken. Doch dann zuckte sie mit den Schultern und wandte sich vom Spiegel ab. Was machte das schon - Derry kannte sie viel zu gut, um sich durch Schminke täuschen zu lassen.
    Und was Hawk betraf ... Hawk war, was er war - ein Mann, der Frauen haßte.
    Und Angel war das, was sie war, eine Frau, die sich in den falschen Mann verliebt hatte.
    Immer einen Augenblick nach dem anderen. Immer nur einen zur Zeit.
    Leise ging Angel den Gang entlang. Ihre nackten Füße machten kein Geräusch, nur die Silberglöckchen bimmelten so zart, daß nur sie sie hören konnte. Aus dem Gästeflügel ertönte die tiefe Stimme von Hawk, der wie immer am Telefon war. Angel warf automatisch einen Blick auf die Uhr.
    Schon drei. Wir werden die Flut verpassen, wenn er sich nicht beeilt.
    Aber das ist ja nichts Neues. Wir haben schon oft die Flut verpaßt. Jede Flut. Alles.
    Derry saß draußen auf dem Balkon und las in einem Buch, in dem mehr Formeln als Wörter standen, ein Buch, das so dick war wie sein Gips. Ein sanfter Wind hatte sein blondes Haar verstrubbelt und ließ ihn aussehen wie einen Siebzehnjährigen. Mit gerunzelter Stirn markierte er mit einem gelben Leuchtstift eine bestimmte Stelle auf der Seite.
    Angel machte sich leise in der Küche zu schaffen. Sie wollte Derry nicht stören. Sie machte sich Toast und Rührei und schenkte sich dann eine Tasse von dem höllischen schwarzen Gebräu ein, das Derry Kaffee nannte und das sein ständiger Begleiter beim Lernen war. Sie aß stehend an der Küchentheke und mehr aus Gewohnheit als aus Appetit. Sie wußte, daß sie die Kraft brauchte, die das Essen ihr gab.
    Diesmal überraschte sie Hawks lautloses Auftauchen nicht. Obwohl sie mit dem Rücken zur Tür stand, konnte sie seine Gegenwart so

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