Flammendes Begehren
habe ich auf diesen Kampf gewartet!«
»Ich könnte es aber nicht ertragen, wenn Ihr den Tod fändet.« Ein Seufzen entfleuchte Elizabeth, ehe sie die Hand vor den Mund schlagen konnte.
Geoffrey ließ den Kopf hängen und fluchte. Eine halbe Ewigkeit schien zu verstreichen, ehe er die Entfernung zwischen ihnen schloss und sie in seine Arme nahm. Er herzte sie so kräftig, fast schon besitzergreifend, dass ihr gar nichts anderes übrigblieb, als das Gesicht in seine Tunika zu schmiegen. »Ich hätte nie gedacht, dass ich diese Worte aus Eurem Mund höre«, murmelte er in ihr Haar.
»So geht es mir auch.«
Mit unbeschreiblicher Zärtlichkeit strich er ihr das verschwitzte Haar aus dem Gesicht, schob ihr Kinn in die Höhe und bedachte sie mit einem sinnlichen Lächeln. »Sobald die Belagerung beendet ist, sprechen wir uns wieder«, hauchte er dicht bei ihren Lippen.
»Versprochen?« Elizabeth verflocht ihre Finger mit den seinen. Obschon sie aus seinem festen Händedruck neuen Mut schöpfte, schnürte entsetzliche Angst ihr die Kehle zu. Trotz seiner tapferen Worte konnte es sein, dass er den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erlebte.
»Ich gelobe es«, sagte er, »so wahr ich hier stehe und atme!«
Elizabeth rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Besiegelt Euren Schwur mit einem Kuss, Mylord, dann glaube ich Euch.«
Halb glucksend, halb stöhnend senkte Geoffrey den Kopf und küsste sie so innig, bis ihr Puls hämmerte und ihre Knie zitterten. Als er den Kuss löste, strich er mit der Fingerkuppe ihre Tränen fort. »Weint nicht, holde Maid!«
Als er sie aus seiner Umarmung entließ, schniefte Elizabeth und klammerte sich an das Laken. »Was soll denn nun aus mir werden?«
Er las das Wams, das Kettenhemd und das Schwert auf und schritt zur Tür. »Hier oben seid Ihr in Sicherheit. Am besten, Ihr bleibt hier in meinem Gemach«, antwortete Geoffrey über seine Schulter. »Ich möchte nicht, dass Euch etwas zustößt.«
Elizabeth atmete scharf aus. »Ihr könnt unmöglich erwarten, dass ich däumchendrehend hier herumsitze und der Dinge harre, die da kommen mögen. Ich möchte nicht, dass Ihr sterbt, aber ich werde auf keinen Fall zulassen, dass Ihr meinen Vater tötet!«
»Verlasst die Festung nicht!«, wiederholte er mit strenger Stimme, ehe er den Raum verließ und die Tür hinter sich zuwarf.
Mit hastigem Schritt eilte Elizabeth zum Fenster. Der Strom der Ritter und Soldaten war vorbeigezogen. Sie hatten nichts außer einer Staubwolke hinterlassen. Aus der Ferne drangen Rufe und ein wildes Durcheinander an Geräuschen an ihr Ohr.
Es kam überhaupt nicht in Frage, dass sie sich dem Müßiggang hingab, wenn Geoffrey und ihr Vater sich bekriegten.
Um keinen Preis würde sie allein in seinem Gemach bleiben und darauf warten, wie die Belagerung ausging!
Nicht wenn das Leben von Geoffrey und das ihres Vaters auf dem Spiel standen.
Nicht wenn sie das Blutvergießen verhindern konnte.
Nachdem sie ihr Unterkleid gefunden und es sich übergestreift hatte – es war ihr einerlei, ob es zugeknotet war oder nicht –, schlüpfte sie mit zitternden Händen in das rosafarbene Übergewand und eilte zur Tür. Sie war nicht verschlossen.
Die drei Wachen, die sie erblickten, waren jedoch viel zu sehr damit beschäftigt, einem Kollegen ein ledernes Schutzwams umzuschnallen und zuzuschnüren.
Sie schlüpfte hinaus in den Korridor und eilte von dannen.
*
»Das ist der letzte Langbogen, Mylord«, sagte Dominic. »Auch die Armbrüste sind bereits verteilt.« Der Ritter warf einer sehr jungen Wache einen mit Pfeilen gefüllten Köcher zu, während Geoffrey die verbleibenden Lanzen und Schwerter an die übernächtigten Dienstboten und Soldaten ausgab, die sich im Innenhof eingefunden hatten.
Geoffrey blinzelte hinauf zum Wehrgang. Eine Handvoll ausgebildeter Bogenschützen hatte ihren Platz eingenommen und wartete darauf, Eindringlinge zu erschießen, die versuchten, den Burggraben zu überqueren. Selbst Gott wusste, dass die wenigen Kämpfer gegen die herannahende Armee des Feindes kaum eine Chance hatten. Mit dröhnender Stimme orderte Geoffrey zusätzliche Wachen auf dem Wehrgang an.
Eine Brise trug das Schnauben der Rösser, die spürten, dass ein Kampf unmittelbar bevorstand, das Klirren der Pferdegeschirre und das Trampeln und Rufen der Soldaten zu ihm herüber. Vor den Mauern von Branton Castle hatte Brackendale – mit Hilfe von Sedgewick, daran bestand kein Zweifel – eine beachtliche Armee postiert.
Zum
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