Flammendes Eis
Das war ein ziemlich heikles Manöver. Wir hatten das Gefühl, das Schiff könnte jeden Augenblick umkippen. Dann wies man uns an, ein Loch in die Aufbauten zu schneiden.«
»Nicht in den Laderaum?«, fragte Austin überrascht. »Da würde man doch am ehesten nach Fracht suchen.«
»Sollte man meinen, aber wir befanden uns nicht in der Position, Fragen zu stellen. Wir schnitten eine Öffnung von etwa drei mal drei Metern heraus. Es ging relativ leicht – das Metall war alt und verrostet. Allerdings mussten wir vorsichtig sein, beinahe wie bei einem chirurgischen Eingriff. Ein Ausrutscher und das Schiff wäre in die Tiefe gestürzt; das war uns allen bewusst. Wir konnten die alten Kojen und Matratzen sehen.
Pulaski und sein Kumpel wurden ganz hektisch. Sie hatten Baupläne des Wracks mitgebracht und fingen an, sich aufgeregt zu unterhalten.«
»Auf Russisch?«
»Es klang so. Offenbar hatten sie sich in der Stelle geirrt. Wir mussten noch zwei weitere Anläufe unternehmen, bis sie fanden, wonach sie suchten. Es war eine geräumige Kabine voller Metallkisten, jeweils so groß wie einer dieser alten Überseekoffer, die man in Antiquitätenläden sieht.«
»Wie viele insgesamt?«
»Ungefähr ein Dutzend; sie lagen überall verstreut. Pulaski befahl uns, sie mit dem Greifarm der
NR-I
einzusammeln. Das war gar nicht so einfach. Die Dinger wogen eine Menge und brachten den Arm bis an seine Leistungsgrenze. Wir zogen die Kisten zur Öffnung, riefen das Versorgungsschiff und wiesen die Leute dort an, Leinen mit Haken zu uns herunterzulassen.
Dann befestigten wir die Leinen, wichen zurück und ließen die starke Winde an Bord des Schiffs den Rest der Arbeit übernehmen.«
Austin, der sich mit derartigen Bergungsarbeiten auskannte, nickte. »Genau so hätte ich es auch gemacht.«
»Kapitän Logans Idee.« Kreisman lächelte verlegen. »Wir waren wie die britischen Soldaten in diesem Film,
Die Brücke am Kwai
. Wir haben uns wirklich bemüht. So eine Art professioneller Stolz, schätze ich.«
»Machen Sie sich keine Vorwürfe. Falls Sie den Job nicht erledigt hätten, wären Sie jetzt vermutlich nicht mehr am Leben.«
»Das hat der Kapitän auch gesagt. Wir haben in Schichten rund um die Uhr gearbeitet. Es ging nicht ganz reibungslos, genau wie man es bei einer solch komplizierten Aufgabe erwarten würde, aber am Ende konnten wir alles Gewünschte von Bord holen.«
»Haben Sie gesehen, was diese Kisten enthielten?«
»Das war irgendwie komisch. Oben auf dem Schiff trieb man uns um die nächstbeste Ecke außer Sicht, aber wir konnten hören, wie die Kisten mit einem Stemmeisen geöffnet wurden.
Die Leute wirkten verdammt nervös. Dann herrschte Stille, und kurz darauf brüllte alles durcheinander. Es klang wie ein heftiger Streit. Danach lief Pulaski zu uns und schrie auf Russisch auf uns ein, als wäre was auch immer dort passiert ist unsere Schuld gewesen. Er sah sehr wütend aus, aber ich glaube, er hatte auch ein wenig Angst.« Kreisman sah sich im Raum um, und seine Kameraden nickte zustimmend.
»Und niemand von Ihnen hat mitbekommen, worum es bei dem Krach ging?«
Er schüttelte den Kopf. »Man brachte uns unter Deck, und als wir wieder oben antreten mussten, war es Nacht. Das riesige U-Boot war zurückgekehrt. Und ganz in der Nähe befand sich ein weiteres Schiff. Wir konnten es im Dunkeln nicht sehen, aber es hörte sich nach einem mächtig großen Kahn an. Alle außer dem Kapitän und dem Steuermann wurden auf das U-Boot übergesetzt und in derselben Luxuskabine wie zuvor eingesperrt. Es folgte eine Tauchfahrt, diesmal jedoch bedeutend kürzer. Als wir aussteigen durften, fanden wir uns in einer Halle wieder, die groß wie ein Flugzeughangar war.«
»Der U-Boot-Bunker. Was ist mit der
NR-I
geschehen?«
»Das wissen wir nicht. Als wir abfuhren, war sie noch immer längsseits des Bergungsschiffs vertäut. Ich hoffe, dem Kapitän und dem Steuermann geht es gut«, sagte er besorgt. »Weshalb hat man sie nicht zusammen mit uns abtransportiert?«
»Vielleicht braucht man die
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noch für einen weiteren Auftrag oder will einfach ein paar Geiseln in der Hinterhand behalten. Was ist dann passiert?«
»Wir wurden
schon wieder
in einen Schlafsaal eingeschlossen. Ein echtes Dreckloch. Dort waren wir ein paar Tage und haben uns zu Tode gelangweilt. Nur einmal hörten wir irgendwo unter uns einen lauten Knall, der wie eine große Explosion klang.«
»Die Einfahrt zum U-Boot-Stützpunkt wurde gesprengt.«
»Aus
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