Flammendes Eis
hatte.
»Okay. Eins nach dem anderen. Zunächst mal entschuldige ich mich für die verpatzte Verabredung. Ich wurde unverhofft aufgehalten und habe es nicht rechtzeitig geschafft. Was Kapitän Kemal anbetrifft, so haben Sie selbst einen Fehler begangen, wie Sie zugeben müssen. Sie sind nach Paris geflogen, ohne ihn sich durch einen kleinen Vorschuss zu reservieren.«
»Bitte ersparen Sie mir den Vortrag. Ich hätte nie geglaubt, dass Sie mir Kemal so einfach wegnehmen würden. Immerhin haben Sie lautstark betont, man könne nicht hierher zurückkehren, weil es zu gefährlich und außerdem russisches Staatsgebiet sei.«
»Aber ich hatte doch Recht, oder?«, sagte er und deutete auf das Helikopterwrack.
Kaela atmete langsam tief durch. »Das lässt sich kaum leugnen. Doch ich möchte wetten, Ihnen und Ihrem NUMA-Freund hat auch niemand eine Einladung zum Tee geschickt.«
»Richtig, aber das ist keine Entschuldigung.«
»Sie klingen wie meine Mutter«, sagte Kaela mit gespielter Entrüstung. »Die Sache mit dem Abendessen verzeihe ich Ihnen. Und zum Glück haben meine Produzenten genug Geld für einen Hubschrauber ausgespuckt, also hätte ich Kapitän Kemal sowieso nicht angeheuert. Trotzdem sind Sie mir noch etwas schuldig.«
Austin bemerkte das verschmitzte Funkeln der Bernsteinaugen und erkannte, dass Kaela sein schlechtes Gewissen ausgenutzt und ihn aufgezogen hatte.
»Sie führen mich gerade an der Nase herum, nicht wahr?«
Kaela warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Na ja, zumindest
versuche
ich es. Nach Ihrem falschen Haifischlächeln und der ›Wie klein die Welt doch ist‹-Nummer haben Sie es sich aber auch wirklich verdient. Was für ein aalglatter Mistkerl! Als Nächstes fragen Sie mich noch nach meinem Sternzeichen. Nun, ich bin Steinbock, falls es Sie interessiert.«
»Es sollte wirklich nicht klingen wie in einer Singlebar. Mein Sternzeichen sind übrigens die Fische.«
»Fische? Wie passend für einen Typen von der NUMA.« Sie legte ihren Notizblock beiseite. »Ich möchte Ihnen raten, lieber keine Singlebar aufzusuchen. Mit dieser abgedroschenen Masche würden Sie jedes Mal allein nach Hause gehen.«
Austin kam zu dem Schluss, dass er die Frau wirklich
mochte
.
Sie war zäh und feminin zugleich, hatte Sinn für Humor und war hochintelligent. Zudem steckten all diese erfreulichen Eigenschaften in einer wunderhübschen Verpackung.
»Okay, nachdem ich nun am Haken hänge, können Sie die Leine ruhig einholen. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt!
Was wollen Sie verschlagene kleine Krämerseele von mir?«
»Als Erstes die
Wahrheit
. Weshalb sind Sie beispielsweise hier? Und wer sind diese harten Kerle in den schwarzen Monturen? Und warum sind die Leute in dieser Gegend so verdammt unfreundlich?«
»Wollen Sie daraus eine Story machen?«
»Vielleicht. Aber vor allem möchte ich es
wissen
. Neugier ist die wichtigste Eigenschaft einer guten Reporterin.«
Austin hielt nichts von dreisten Lügen, aber er wollte Kaela und ihr Team auch nicht in etwas verwickeln, das ihnen schaden konnte. Bisher hatten sie zweimal Glück gehabt. Die dritte Begegnung mit den bösen Jungs konnte leicht ins Auge gehen.
»Sie sind nicht die Einzige, die neugierig ist. Nach meinem ersten Zusammentreffen mit diesen Reitern wollte ich ebenfalls mehr in Erfahrung bringen. Außerdem durfte die Sache mit Kemals Cousin Mehmet nicht einfach so unter den Tisch fallen.«
»Gibt es hier einen U-Boot-Stützpunkt?«
»Ja. Sogar einen ziemlich großen.«
»Ich
wusste
es. Ich will da rein.«
»Von mir aus gern, aber der Gentleman da drüben könnte Ihnen Schwierigkeiten machen.« Iwan kam soeben aus dem Unterholz zurück, wo er die Arbeit seiner Männer überprüft hatte.
»Wer ist er?«
»Sein Name lautet Iwan. Er ist der Boss.«
»Vom Militär?«
»Warum fragen Sie ihn nicht selbst?«
Kaela nahm ihren Block und sprang auf. »Gute Idee.« Sie ging auf den Russen zu und fing ihn ab. Interessiert verfolgte Austin, wie sie durch ihre Körpersprache eine verlockende Botschaft aussandte. Sie zog sämtliche Register, verlagerte ihr Gewicht von einem Bein aufs andere, streckte die Hüfte heraus, berührte Iwan leicht an der Brust und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
Iwan harrte mit verschränkten Armen wie eine Granitstatue aus und widerstand dem Frontalangriff. Als Kaela fertig war, sprach er lediglich ein paar Worte. Ihre Haltung straffte sich plötzlich, sie beugte sich vor, sah ihm wütend ins Gesicht, fuhr
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