Flammenherz (German Edition)
einer solchen Selbstverständlichkeit auf dem schmalen Untergrund, dass ich vor Bewunderung, einige Male die Luft anhielt.
Etwas weiter entfernt machte sich der Feuerspucker daran, seinen Auftritt zu üben und unter einem lauten "Wusch", stob ein mächtiger Feuerschwall aus seinem Mund.
Dann schweifte mein Blick zu Sarin, der aufgeregt zu mir herübersah und mich zu sich winkte. Neben ihm stand ein kräftiger Mann, dessen Schnurrbart nach außen gezwirbelt war, und lächelte mir freundlich zu.
Er trug ein schwarzes Hemd, eine schwarze Hose und um seinen Bauch leuchtete eine feuerrote Schärpe. Sarin stellte mir Vargan vor, den Meister der Klingen und der Mann, der ihn das Messerwerfen lehrte.
Vargan grinste, als er meine Hand schüttelte, und offenbarte dabei die einzigen vier Zähne, die er noch sein Eigen nannte.
Bei dem Anblick fragte ich mich unweigerlich, was man in diesem Jahrhundert bei Zahnschmerzen unternahm. Ich hoffte inständig, dass ich niemals in die Situation kommen würde, dies herauszufinden.
Sarin hatte unterdessen ein ca. zwei Meter hohes Brett an eine alte Eiche gelehnt. Es war nicht zu übersehen, dass darin schon mehrfach ein Messer gelandet war, denn es wies überall tiefe Einkerbungen auf.
Mit Kohle waren einige Zahlen und Kreuze auf das Brett gezeichnet, die anscheinend als Zielpunkte dienten. Sarin forderte mich auf, ihm eine Zahl zu nennen und ich tat es.
»Die Nummer Fünf bitte«, sagte ich. Er nahm das Messer, kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich, dann warf er es nach vorne.
Das Messer drehte sich im Flug wie ein Propeller, bis es genau mittig im Kreis Nummer Fünf stecken blieb.
Ich bewunderte seine Geschicklichkeit und applaudierte anerkennend. Sarin war furchtbar stolz und demonstrierte mir noch mehrfach, dass der erste Treffer kein Zufall war. Er verbeugte sich nach jedem Wurf und ich klatschte Beifall, bis meine Handflächen so rot waren, wie ein Pavianhintern. Dann reichte er mir eines der Messer mit dem Schaft voran.
»Jetzt bist du dran«, forderte er mich auf. Zögernd nahm ich das Messer entgegen und betrachtete es von allen Seiten. Sarin nickte mir aufmunternd zu und deutete mit dem Finger auf das Brett. Ich holte tief Luft, versuchte zu zielen und schleuderte es nach vorn. Es landete etwa vier Meter neben dem Brett, direkt vor den Füßen des Feuerspuckers, der mir einen vorwurfsvollen Blick zuwarf. Hinter uns hörte ich ein lautes Prusten, und als ich mich umdrehte, sah ich, dass die Männer am Lagerfeuer sich vor Lachen die Bäuche hielten.
»Verzeihung«, rief ich kleinlaut in die Richtung des Feuerspuckers und drehte mich wieder zu Sarin. Nur mit Mühe verkniff er sich ein Lachen.
»Ich werde dir zeigen, wie du es machen musst«, sagte er und erklärte mir, wie ich das Messer halten sollte und worauf ich besonders zu achten hatte. Mein nächster Versuch landete oberhalb des Brettes in der Eiche und Sarin nickte anerkennend.
»Schon besser«, lobte er mich. Wir hatten so viel Spaß, dass ich völlig die Zeit vergaß und als Mutter Elena zum Mittagessen rief, war ich erstaunt, wie schnell die Stunden verflogen waren.
Mittlerweile konnte ich wirklich gut mit dem Messer umgehen und die meisten meiner Würfe landeten dort, wo ich sie haben wollte.
Selbst Vargan bestätigte mir ein überdurchschnittliches Talent und nickte anerkennend, wenn einer meiner Würfe sein Ziel traf. Mir war jedoch nicht wichtig, dass ich meine Treffsicherheit verbesserte, sondern der Spaß, den ich mit Sarin hatte. Ich fühlte mich seit Langem wieder einmal richtig unbeschwert und es lenkte mich von meinen Gedanken an Caleb ab.
Caleb saß auf Janets Bett und hielt ihr dunkelrotes Samtkleid in den Händen, das er neben dem Kamin am Boden gefunden hatte. Er verbarg sein Gesicht in dem feinen Stoff und sog ihren Duft ein. Warum nur war sie gegangen? Er verstand die Welt nicht mehr und konnte sich nicht erklären, was sie dazu bewogen hatte. Er bereute, dass er sie allein gelassen hatte, nach dem Vorfall mit Adelise.
Seamus stand in der Tür und warf seinem Bruder einen besorgten Blick zu. Dann trat er ein, setzte sich neben Caleb und legte schweigend eine Hand auf dessen Schulter. Als Caleb seinen Kopf hob und ihn ansah, waren seine Wangen mit Tränen benetzt.
»Ich habe eben erfahren, dass Janet gegangen ist«, sagte Seamus mitfühlend. »Was ist vorgefallen?«, wollte er wissen. Caleb schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Ich weiß es nicht und genau
Weitere Kostenlose Bücher