Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
Terrassen mit geraden Linien und riesige Fensterfronten, die hinter heruntergelassenen Aluminiumjalousien verborgen sind.
Sie fahren in eine Garage mit Platz für fünf Autos, in der bereits ein kleiner blauer Mazda steht. Daniel hilft Elin, das Gepäck ins Haus zu tragen, in dem bereits einige Lampen brennen, Elin drückt auf einen Knopf. Es surrt, und die Jalousien vor allen Fenstern knarren, als die Lamellen auseinanderklappen. Auf einmal sickert durch hunderte kleiner Schlitze das Licht vom Parkplatz herein, und die Metalljalousie fährt raschelnd hoch.
»Es ist wie ein Tresor«, sagt Elin.
Kurze Zeit später ist es wieder still, und durch die riesigen Fensterfronten lassen sich die Konturen einer mächtigen Bergwelterahnen. Kleine flackernde Lichter von anderen Häusern tauchen wie schwebende Lichtpunkte in der Dunkelheit auf.
»Wow«, sagt Vicky, als sie hinausschaut.
»Erinnerst du dich noch an Jack, mit dem ich damals verheiratet war?«, fragt Elin und stellt sich neben sie. »Er hat das Berghaus gebaut. Na ja, gebaut … er hat es nicht selbst gebaut, aber … jedenfalls meinte er, er wolle einen Bunker mit Aussicht haben.«
Eine ältere Frau mit grüner Schürze kommt aus der oberen Etage herunter.
»Hallo Bella, es tut mir leid, dass es so spät geworden ist«, sagt Elin und umarmt sie.
»Besser spät als nie«, erwidert die Frau lächelnd und erklärt, dass sie in allen Zimmern die Betten bezogen hat.
»Danke.«
»Ich wusste nicht, ob Sie unterwegs einkaufen würden, deshalb habe ich das eine oder andere besorgt. Damit sollten sie jedenfalls ein paar Tage auskommen.«
Bella facht in dem großen offenen Kamin ein Feuer an, und danach begleitet Elin sie in die Garage und wünscht ihr eine gute Nacht. Als sich das Tor hinter dem blauen Wagen geschlossen hat, kehrt sie ins Haus zurück. Daniel kocht, und Vicky sitzt weinend auf der Couch. Elin läuft zu ihr und hockt sich vor sie.
»Vicky, was ist los? Warum bist du traurig?«
Das Mädchen steht wortlos auf und schließt sich in eines der Badezimmer ein. Elin rennt zu Daniel zurück.
»Vicky hat sich im Badezimmer eingeschlossen«, sagt sie.
»Möchtest du, dass ich mit ihr rede?«
»Beeil dich!«
Daniel begleitet sie zur Badezimmertür, klopft an und bittet Vicky aufzumachen.
»Keine abgeschlossenen Türen«, sagt er. »Daran erinnerst du dich doch noch, nicht wahr?«
Es dauert ein paar Sekunden, bis Vicky mit feuchten Augenherauskommt und zur Couch zurückgeht. Daniel wechselt einen Blick mit Elin, geht zu Vicky und setzt sich neben sie.
»Als du ins Haus Birgitta kamst, warst du auch traurig«, sagt er nach einer Weile.
»Ich weiß … obwohl ich eigentlich froh sein sollte«, entgegnet sie, ohne ihn anzusehen.
»An einen Ort zu kommen … das ist auch der erste Schritt, ihn zu verlassen«, sagt er.
Vicky schluckt hart, neue Tränen treten in ihre Augen, und sie senkt die Stimme, damit Elin sie nicht hört, als sie sagt:
»Ich bin eine Mörderin.«
»Ich möchte nicht, dass du so etwas sagst, wenn du dir nicht absolut sicher bist, dass es wahr ist«, sagt er ruhig. »Und ich höre deiner Stimme an, dass du das nicht bist.«
156
FLORA GIEßT KOCHEND HEIßES WASSER in den Putzeimer, und obwohl sie den Gummigeruch der Putzhandschuhe hasst, zieht sie welche an. Die Schmierseife trübt das klare Wasser und löst sich in einer grüngrauen Wolke auf. In der kleinen Wohnung verbreitet sich der Geruch von Sauberkeit. Durch die offenen Fenster strömt kühle Luft herein, die Sonne scheint, und die Vögel zwitschern.
Nachdem der Kommissar sie vor dem Antiquitätengeschäft stehen gelassen hatte, war Flora einfach dort stehen geblieben. Sie hätte sich auf die Séance vorbreiten sollen, traute sich alleine aber nicht hinunter und wartete stattdessen auf die ersten Teilnehmer. Dina und Asker Sibelius kamen wie üblich eine Viertelstunde zu früh. Flora tat so, als hätte sie selbst sich ein bisschen verspätet, und die beiden begleiteten sie in die Souterrainräume und halfen ihr, die Stühle aufzustellen. Um fünf nach sieben waren insgesamt neunzehn Teilnehmer gekommen.
Flora machte länger als üblich, ließ ihnen Zeit, gab vor, liebe alte Geister, fröhliche Kinder und verzeihende Eltern zu sehen.
Behutsam hatte sie Dina und Asker den Grund für ihre regelmäßigen Besuche bei den Séancen entlockt. Ein erwachsener Sohn lag nach einem schweren Autounfall im Koma, und man hatte sie bedrängt, dem Rat der Ärzte nachzugeben, alle
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