Flammenpferd
brennt wie Zunder, und wir brauchen die Scheune als Versteck. Los komm, sieht dir endlich den Hengst an!“
Sie erhob sich und stolzierte zur Wand, um eines der Löcher als Ausguck zu nutzen. Blitzschnell duckte Kati sich hinter die Strohmauer und wagte kaum zu atmen. Swantje schwatzte drauf los und redete über Fadista.
„Halt den Mund“, sagte der Blonde.
Eine halbe Stunde musste Kati noch ausharren, während keine drei Schritte von ihr entfernt auf der anderen Seite der Strohwand zwei Menschen Liebesschwüre ausstießen und die Gunst der Stunde nutzten. Als sie endlich gegangen waren, wartete Kati die letzte Minute ihrer Mittagspause ab. Dieser Jan machte ihr Angst. So viel hatte sie verstanden. Fadista diente als Lockvogel in einem üblen Spiel. Der heftige Drang zum Zündeln war vergangen. Ein sonderbares Gefühl, auf dem Hof nicht die Einzige mit einem Geheimnis zu sein. Mit diesem Wissen war sie Jan und Swantje um einen bedeutenden Schritt voraus.
18
„Hast du etwas über diese Brandstiftung erfahren?“, fragte Jette. „Wollte sich tatsächlich ein Mädchen gemeinsam mit dem Hengst verbrennen? Das ist unvorstellbar.“
Sie lehnte neben Hella mit den Ellenbogen auf der oberen Zaunstange, und beide betrachteten Fadista, der wie immer, wenn er sich beobachtet fühlte, wachsam in der Mitte des Paddocks verharrte. Sie hätte mit Uschi telefoniert, erklärte Hella, und fasste das lange Gespräch in wenigen Sätzen zusammen. Uschi war sehr beunruhigt wegen des Vorfalls. Man verdächtigte das Mädchen, das sich so oft auf dem Hof herum getrieben hatte. Seit dem Brand war sie spurlos verschwunden.
„Stell dir vor“, fügte Hella ihrem Bericht an. „Diese Kati ist eine bekannte Zündlerin. Sie hat nicht zum ersten Mal ein Feuer gelegt.“
Jette schüttelte sich. „Eine grauenhafte Vorstellung, dass jemand einen Pferdestall ansteckt! Zum Glück ist Fadista jetzt in Sicherheit. Kannst du mir sagen, was ausgerechnet Swantje mit dem Hengst will? Sie ist mit ihm völlig überfordert.“
Hella fand keine andere Erklärung für Swantjes Beweggründe als eine naive Liebe zum Pferd, die ein gefährlicher Ratgeber im Umgang mit einem so misstrauischen Hengst war. Hella selbst hatte bisher nur mit vertrauensvollen und menschenfreundlichen deutschen Warmbluthengsten zu tun gehabt. Bei Fadista war Intuition gefragt, und eine gehörige Portion Mut. Oder sollte man es besser Wagemut nennen, überlegte sie selbstkritisch.
„Mir blieb fast das Herz stehen, als ich dich mitten im Paddock sitzen sah“, sagte Jette und blickte Hella vorwurfsvoll von der Seite an. „Wie lange wirst du brauchen, um auf die Beine zu kommen, wenn er dich angreift? Kein vernünftiger Mensch käme auf eine so verrückte Idee!“
„Eben! Das hat noch keiner ausprobiert.“
„Aha, du setzt auf den Überrumplungseffekt“, stellte Jette sarkastisch fest. „Was tust du, wenn er dich überraschen will?“
„Mal ernsthaft, Jette. Was soll ich machen? Ihn weiterhin mit Gewalt in Schach halten, so wie es andere vor mir getan haben, damit er aus Angst gehorcht? Das ist nicht der Weg, den ich gehen möchte.“
„Ist dir klar, was du dabei aufs Spiel setzt? Fadista ist sein Leben lang drangsaliert worden. Vielleicht wartet er nur auf die Chance, es den Menschen heimzuzahlen.“
„Bitte übertreibe nicht, Jette. Gedanken wie Rache sind einem Tier fremd.“
Jette betrachtete sie missbilligend. „Woher willst du das wissen? Bist du ein Pferd?“
Sie schwiegen sich an und richteten die Blicke auf den Hengst, der wiederum sie beäugte. Vor einer Woche war er auf dem Reinckehof angekommen und hatte sich inzwischen von der anstrengenden Reise erholt. Die Flanken waren wohl gerundet, und das rotbraune Fell schimmerte seidig und war vom Regen glänzend gewaschen. Die Wunden, die die Serreta gerissen hatte, heilen gut.
Jette machte einen erneuten Versuch. „Hella, warum tust du das für Swantje? Sie nutzt dich gnadenlos aus.“
Hella schüttelte den Kopf. „Ich mache das allein für Fadista.“
„Du musst einen sehr guten Grund dafür haben.“
Hella zögerte mit der Antwort. „Ich weiß nicht, ob es ein guter Grund ist. Fadista fasziniert mich. Dieses Gefühl zu spüren, wie er mir immer stärker vertraut ...“
Jette stöhnte auf. „Hella! Komm auf den Teppich! Du hast einen Betrieb zu führen. Du willst eine Klinik eröffnen. Und nun lässt du dich auf romantische Flausen ein wie eine Sechzehnjährige? Ich glaube es
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