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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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auftürmten.
    Die nächsten Minuten verbrachte sie damit, sich ihren Ausguck gemütlich einzurichten. Sie riss die Schnüre von einem Ballen und verteilte das weiche Heu auf der Strohmatratze. Danach schleppte sie sechs Strohbunde heran und errichtete eine Mauer um ihr Versteck. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand dort hinauf steigen würde, wollte jedoch für alles gerüstet sein.
    Als sie mit ihrer Arbeit zufrieden war und erwartungsvoll ihren Beobachtungsposten einnahm, hatte Fadista sich in die Mitte des Paddocks begeben. Mit hohem Hals fixierte er den Weg und sah Hella entgegen, die ihre Mittagspause beendet hatte. Neugierig sah Kati zu, wie Hella einen vollen Wassereimer im Paddock abstellte und durch den Zaun stieg. Fadista wich misstrauisch zurück, blieb nach wenigen Schritten stehen und senkte den Kopf. Er schnaubte. Mit gespitzten Ohren tastete er sich zwei, drei zaudernde Schritte voran, als traute er dem Bild nicht, das er vor sich sah. Auch Kati schaute verwundert hinunter. Hella hatte sich auf den Boden gesetzt! Furchtlos den Eimer auf den Knien balancierend, saß sie mitten im Paddock, nur wenige Schritte von den Hufen des Hengstes entfernt. Ganz zu schweigen von seinen kräftigen Zähnen. Vor Überraschung flüsterte Kati ihren portugiesischen Lieblingsfluch.
    Es dauerte seine Zeit, bis Fadista sich von der Harmlosigkeit seiner Besucherin überzeugen ließ. Still und geduldig saß Hella im Sand. Schließlich siegte der Durst, und Fadista trat so dicht an sie heran, dass sich seine Vorderhufe eine Handbreit vor ihren Zehen befanden. Langsam senkte er den schweren Schädel in den Eimer herab. Im Schneckentempo wanderte Hellas rechte Hand nach vorn und bestrich seinen Nasenrücken mit der weißen Salbe. Kati ballte die Fäuste zusammen und nagte an ihren Knöcheln, bis sie schmerzten. Hella war ihm so nah und ließ ihn für ihre Zwecke dursten. Wie sie diese Frau hasste!
    Sie öffnete die blutenden Hände und griff in das weiche Heu unter sich. So weich und so trocken fühlte sich das an. Zundertrocken. Hastig fasste sie nach dem Lederriemen um ihren Hals. Sie würde es tun, jetzt und auf der Stelle. Aber da war kein Lederband, kein Feuerzeug. Sie hatte es noch in der Nacht auf dem Schrank in ihrem Zimmer versteckt. Ein tapferer Versuch, das launenhafte Verlangen in seine Schranken zu weisen. Nun verfluchte sie sich dafür, und der Drang, ins Zimmer zu hetzen und das Feuerzeug zu holen, wurde übermächtig. Sie sprang auf, wetzte zur Leiter und hatte bereits das rechte Bein herüber geschwungen, als sie hörte, wie die Tür im Scheunentor aufgestoßen wurde. Das Knarren brachte sie zur Vernunft. Das Feuer musste warten! Sie sank auf die Knie und robbte an die Kante des Heubodens heran. Zwei Leute betraten die Scheune, ein Mann und eine junge Frau, die blonde Studentin, die Fadista gekauft hatte. Den Mann hatte sie noch nie gesehen. Er schien sich bevorzugt im Solarium aufzuhalten und hatte die strohblonden Haare kunstvoll ins Gesicht gekämmt. Es dauerte einen Augenblick, bis sie begriff, dass er sie an einen Popstar aus den Siebzigern erinnerte. Was wollten die beiden in der Scheune? Und warum, zum Teufel, steuerten sie die Leiter an? Dies sollte ihr geheimer Platz sein, der niemanden etwas anging. So schnell sie konnte, kroch sie auf allen Vieren hinter die Mauer aus Strohballen und sah mit steigendem Ärger zu, wie die beiden Eindringlinge ihren Zufluchtsort eroberten.
    Swantje packte den Mann am Jackenärmel und zog ihn kichernd mit sich.
    „Ist das nicht romantisch hier?“, gurrte sie und warf sich vor ihm ins Heu.
    Er blieb auf den Knie hocken. „Warum wolltest du mich ausgerechnet hier treffen? Der Einbruch ins Haus war riskant genug, und als ich mich auf dem Hof umsehen wollte, hat mich diese Rothaarige bemerkt.“
    „Jette“, sagte Swantje und kicherte wieder. „Sie hat mir von einem verdächtigen Fremden erzählt.“
    Sie rollte sich wie eine Katze auf die Seite und setzte sich auf. „Niemand wird dich sehen, wenn du von der Straßenseite kommst und ein bisschen aufpasst. Du musst den Jeep ja nicht vor der Hofeinfahrt parken.“
    „Wir sollten uns das nächste Mal in der Stadt treffen“, sagte er ärgerlich. „Wozu habe ich dir in Hameln ein Zimmer besorgt?“
    Sie zupfte mit den Fingerspitzen Heuhalme von ihrer hellen Jacke. „Das Zimmer kannst du kündigen. Ich kriege Hella bestimmt dazu, dass sie mich bei ihr wohnen lässt.“
    „Das geht mir alles zu leicht“,

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