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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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bremste. Jan fluchte und verlangsamte das Tempo. Kati drückte wieder auf den Fensterhebel, und als die Scheibe sich einen Spalt geöffnet hatte, rief sie um Hilfe. Er sagte nichts. Er schlug zu. Er schlug fest zu. Mit der Faust in ihr Gesicht. Sie sackte auf die Rückbank. Der Schmerz raubte ihr den Atem.
    „Hast du’s jetzt kapiert“, sagte er.
    Der Wagen setzte sich in Gang. Als sie wieder Luft bekam, blieb sie auf dem Rücken liegen und tastete mit den Fingerspitzen das Gesicht ab. Die Fingerspitzen färbten sich rot. Ihr wurde schlecht. Reiß dich zusammen, beschwor sie sich. Wenn du auf den Sitz kotzt, schlägt er dich tot. Das ist nur ein bisschen Blut! Sie zählte die Atemzüge und wartete darauf, dass der Würgereiz nachließ. Mit der Zunge fuhr sie über die Zahnreihen. Oben. Unten. Vorn. Hinten. Schien alles in Ordnung zu sein. Noch mal die Nase befühlen. Das Blut begann zu trocknen, und die Nase brannte und pochte, aber der Schmerz fühlte sich nicht so an, als ob das Nasenbein gebrochen wäre. Sie hob vorsichtig den Kopf. Er hatte den Rückspiegel auf sie eingestellt.
    „Bleib liegen!“, befahl er. „Sau mir ja nicht das Polster ein.“
    Er will die Kartons, überlegte sie. Er wird mich nicht töten, bevor er nicht die Kartons hat. Und hinterher wird er mich laufen lassen. Dann hat er doch, was er will.
    Der Wagen rauschte vorwärts. Sie schloss die Augen. Das ist alles nicht wahr, dachte sie. Sie mochten zehn Minuten oder eine Viertelstunde gefahren sein, als der Jeep wieder hielt.
    Jan stellte den Motor aus. „Setz dich hin!“
    Kati erhob sich langsam. Aus der Nase fielen dicke rote Tropfen auf den Reißverschluss der Jacke. Sie befanden sich mitten im Wald. Sie erkannte den Weg sofort. Die hohen Buchen rechts und links, und dort vor der Kreuzung die hutzlige Eiche mit den zwei Stämmen. Das war ein Teil ihrer Laufstrecke. Ein Waldweg im Schweineberg. Ihr fiel ein, wie sie sich über den Namen lustig gemacht hatte, als sie ihn zum ersten Mal hörte. In diesem Waldstück weit weg von den Märzenbechern hatte sie auf keiner ihrer Runden auch nur einen Menschen getroffen, weder einen Jogger, noch einen Spaziergänger. Es war der einsamste Ort im Hamelner Wald.
    Jan hatte sich ihr zugewandt. Sein rechter Arm ruhte auf der Lehne. Auf seinen Knöcheln erkannte sie Spritzer von Blut. Ihr Blut.
    „Warum hast du Swantje nicht gesagt, dass du die Ware gefunden hast?“, fragte er. Er klang ruhig, beinahe freundlich.
    Sie war auf der Hut. „Wegen Fadista. Ich wollte ihr sagen, wo die Kartons sind, wenn sie mir dafür Fadista gibt.“
    „Wieso hängt ihr Mädels euch nur so an einen Gaul?“ Er griff unter die Lederjacke und zog ein Handy hervor. „Wo war die Ware versteckt?“
    „Im rechten Schuppen.“
    Sein Arm zuckte.
    „Doch, das stimmt“, sagte sie schnell. „Darin ist ein Gewölbekeller. Der Eingang war von Gerümpel verdeckt.“
    „Und darauf bist du alleine gekommen?“
    Sie entschied sich für die Wahrheit. „Nein, das waren Hella und ihr Freund. Ich habe die Kartons anschließend raus geholt.“
    „So, so“, sagte er nachdenklich. „Wo sind die Kartons jetzt?“
    „In Hellas Pferdeanhänger. Er steht schräg gegenüber vom Schuppen. Vor der Scheune.“
    Er klappte das Telefon auf, eines dieser teuren silberfarbenen Minihandys, und hielt es dicht ans Ohr. „Swantje, bist du auf dem Hof? Und Hella? Noch nicht zurück? Gut. Geh zu den Pferdeanhängern. Die Kartons sind in einem der Hänger.“ Er sah Kati an. „Welcher?“
    „Ein alter aus Holz. So gelblich gestrichen.“
    Er gab Swantje die Anweisung, sich umgehend zu melden, und legte das Telefon auf die Ablage.
    Sie warteten. Jan hatte sich wieder nach vorn gedreht. Er starrte in die Bäume und trommelte mit den Fingerspitzen auf das Lenkrad. Kati versuchte, ein Niesen zu unterdrücken. Sie wollte Jan nicht reizen, und außerdem würde es vermutlich fürchterlich wehtun. Um sich abzulenken, versuchte sie an Fadista zu denken. Nun musste sie doch niesen. Es war erheblich schlimmer, als sie befürchtet hatte.
    Jan verlor die Geduld und griff wieder zum Handy. „Swantje, hast du das Zeug? Was? Alles leer? Und in den anderen Pferdeanhängern? Nichts?“
    Kati presste sich mit dem Rücken gegen die Tür, als er das Handy zur Seite legte, sich umwandte und nach hinten langte. Er packte mit der Faust in ihre Haare. Sie schrie, sie wüsste nicht, wo die Kartons sein könnten. Er riss und zog, und sie zwängte sich in Panik in die

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