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Flammentod

Flammentod

Titel: Flammentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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checken. Vielleicht erwarten die drei Damen ja doch noch Gäste.«
    »Gästinnen«, sagte Jutta.
    Bruchmann hatte es nicht verstanden. »Was?«
    »Geben Sie mir die Lampe. Ich habe keine Lust, mich hier im Dickicht zu verirren.«
    »Machen Sie keinen Quatsch. Bleiben Sie hier!«
    »Ich bin gekommen, um diese Katharina zu finden, und das werde ich auch versuchen.«
    »Soll ich mitkommen?« fragte Jutta.
    »Besser, du beobachtest von hier aus weiter.«
    Bruchmann rutschte zur Seite, wo er seinen Rucksack abgelegt hatte, und öffnete ihn. »Das Ding war doch hier irgendwo … Ah, hier ist sie.« Er reichte mir eine große Stablampe.
    »Bin gleich wieder da.«
    Ich wollte das Grundstück von einer anderen Perspektive einsehen. Ich kroch zurück bis hinter die Tannen und suchte dann einen Weg seitlich in den Wald. Zum Glück standen die Bäume recht weit auseinander; so kam ich gut voran. Von unserem Beobachtungsposten aus hatte ich gesehen, daß sie sich um das Grundstück herumschmiegten und auf der rechten Seite bis hinunter an die Häuser reichten. Es mußte also möglich sein, auch von weiter unten im Schutz der Schonung eine Stelle zu finden, von der man das Geschehen auf der Wiese überblicken konnte.
    Ich schlich so leise wie möglich durch die Dunkelheit und lief plötzlich gegen einen Holzzaun. Anscheinend verlief eines der Grundstücke von der Siedlung da unten parallel zu Morganas Wiese, ging bis in den Wald und wurde hier abgegrenzt. Kurz entschlossen kletterte ich über den Zaun.
    Ich versuchte, mich an dem Getrommel zu orientieren, doch das war schwerer, als ich gedacht hatte. Der dumpfe Rhythmus schien die ganze Gegend gleichmäßig auszufüllen und von allen Seiten zu kommen. Der Tannenwald zu meiner Linken wurde so dicht, daß auch von dem Feuer nichts mehr zu sehen war, und so tastete ich mich meterweise blind vorwärts. Irgendwann kroch in mir die Furcht hoch, den Rückweg nicht mehr zu finden.
    Während ich mich noch weitertastete, hörte ich ein schrilles Schreien von jenseits der Bäume.
    Offenbar war das Ritual in eine neue Phase übergegangen. Die Schreie paßten sich dem Rhythmus der Tamburine an. Sie wurden immer ausgelassener und lauter; dann war ganz plötzlich Stille. In diesem Moment krachte unmittelbar vor mir ein Ast, und irgendwas sagte mir, daß ich nicht allein hier im Wald herumschlich.
    Ohne über Bruchmanns Warnung nachzudenken, schaltete ich die Taschenlampe ein und leuchtete in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Der Lichtkegel streifte zwei dicke Baumstämme und verlor sich im Dunkel. Aber nur für eine Sekunde. Dann tauchte eine Gestalt auf, sah mich an und verschwand wieder.
    »He«, zischte ich und versuchte, die Verfolgung aufzunehmen. Irgendwo ertönten Schritte. Sie entfernten sich schnell.
    »Verdammt«, fluchte ich. Das durfte nicht wahr sein.
    In der nächsten Sekunde waren die Geräusche hinter mir. Ich drehte mich, lief so schnell ich konnte, den Weg zurück. Holz knirschte, dann gab es ein dumpfes Geräusch, als würde jemand springen. Der Zaun, dachte ich und rannte weiter.
    Der Weg dorthin kam mir endlos vor. Dann tauchte der Zaun im Kegel der Lampe auf; dahinter erkannte ich wieder eine Bewegung. Ich kletterte über den Zaun und erreichte den Pfad, den wir gekommen waren. Es gelang mir nicht, im Laufen die Lampe stillzuhalten, und so fiel der Lichtkegel mal auf kleine Büsche, mal auf den Waldboden und mal auf Baumstämme. Der ganze Wald schien in Bewegung zu sein. Alles wirkte im hellen Schein unnatürlich weiß, wie mit Asche überzogen, während dahinter geisterhafte Schatten tanzten.
    Irgendwann erreichte ich den Waldweg, von dem Bruchmann abgebogen war. Ich leuchtete bergab der flüchtenden Person hinterher.
    »Halt«, rief ich und achtete nicht darauf, ob mich die drei Hexen vielleicht hören konnten.
    Plötzlich war die Figur mitten im Lichtkegel - sehr weit weg; der Schein der Taschenlampe war dort bereits sehr schwach. Sie blieb tatsächlich stehen und drehte sich einen Moment um. Was ich sah, konnte einfach nicht sein.
    Die Frau, die ich verfolgte, sah aus wie Angelika Diepeschrath. Sie blickte mich mit starren, dunklen Augen an, die gespenstisch groß wirkten. Sie atmete schwer. In diesem Moment ging das Geschrei auf der Wiese wieder los, und die Trommeln setzten ein. Sie riß sich aus der Erstarrung und rannte weiter.
    Als ich die Verfolgung wieder aufnahm, hatte ich das Gefühl, als bestünde die Welt nur aus dem harten Schotter des Weges

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