Flammentod
irgendeinen Vertrieb. Mehr weiß ich leider auch nicht.«
»Wissen Sie etwas darüber, daß Diepeschraths Firma praktisch pleite war? Ich frage mich, wo er das Geld für Beckers Grundstück hergenommen hätte.«
»Finden Sie es raus.«
»Was ist eigentlich mit Diepeschraths Haus in der Parkstraße? Ist das von der Polizei versiegelt, oder darf man da rein?«
»Die Polizei hat die Spuren gesichert, und nun darf derjenige rein, dem es gehört.«
»Angelika Diepeschrath«, sagte ich.
»Genau. Wenn Sie sie nett bitten, haben Sie vielleicht Glück.«
Keine Sorge, dachte ich. Ich bin ja schon unterwegs.
Angelika Diepeschrath wohnte in Moitzfeld. Ich mußte durch Bensberg durch und dann auf einer Straße noch weiter Richtung Nordosten. Links erhob sich ein bewaldeter Hügel, und nach einer Weile kam ich an einem Schild vorbei, auf dem eine gewisse »Erdenburg« ausgeschildert war. Ein kulturhistorisches Denkmal. Es war offensichtlich geschichtsträchtiges Gelände, auf dem ich mich bewegte. Schade, daß ich keine Zeit für Besichtigungen hatte.
Moitzfeld war eines der vielen Dörfchen, aus denen Bergisch Gladbach insgesamt bestand. Der Rotdornweg befand sich gleich neben einer Kirche im Zentrum. Als ich an dem mächtigen Kirchenschiff vorbei war, kam ich an eine Freifläche. Ein holzgeschnitztes Schild wies darauf hin, daß das der »Dorfplatz« sei. Hier wurden wahrscheinlich regelmäßig Volksfeste gefeiert. Im Moment war jedoch alles zugeparkt. Ich fand noch eine Lücke für den Golf.
Die Wohngegend war heimelig. Es gab ordentliche kleine Vorgärten. Ich passierte eine sauber gefegte Einfahrt und überprüfte die Klingelschilder. Von Diepeschrath war nichts zu lesen.
Noch ehe ich lange darüber nachdenken konnte, wo ich am besten klingelte, öffnete sich neben der Haustür ein Parterrefenster, und ein kahlköpfiger Mann in Unterhemd und mit grauen Hosenträgern über den Schultern sah heraus.
»Na wo wollen wir denn hin?« fragte er im Feldwebelton.
»Wo Sie hinwollen, weiß ich nicht. Ich hätte jedenfalls gern Angelika Diepeschrath gesprochen. Könnten Sie mir freundlicherweise sagen, ob sie hier wohnt?«
»Oben«, sagte der Mann. »Auf der Klingel steht Hommerich. Was wollen Sie denn von ihr?«
»Geht Sie gar nichts an«, sagte ich und klingelte.
Die Tür ging summend auf, und ich erklomm eine Treppe mit gefliestem Boden. Jemand stand im Rahmen einer Wohnungstür und beobachtete mich, während ich noch die letzten Stufen schnaufend hinter mich brachte. Es war ein junger Mann von etwa Mitte zwanzig mit blonden, kurzen Haaren und rötlicher Gesichtsfarbe. Er trug eine schwarze Hose und darüber ein geöffnetes weißes Hemd, unter dem ein nackter, sehr schmaler Brustkorb mit hervorstehenden Rippen sichtbar war.
Als ich oben ankam, stellte ich fest, daß der Mann deutlich kleiner war als ich. Der kugelrunde Kopf wirkte jedoch im Verhältnis zum Körper ziemlich groß. Seine Haut war glatt wie die eines Babys. Ich fragte mich, wie andere Männer es schafften, sich zu rasieren, ohne daß man den geringsten Schatten eines Bartes sah. Mir gelang das mit dem elektrischen Rasierer nie. Wenn ich es dann mit einer Naßrasur versuchte, schnitt ich mich, und es gab eine mordsmäßige Sauerei im Waschbecken.
»Sie sind sicher Herr Diepeschrath«, sagte ich und ging auf den Mann zu. Er wich zurück und verzog den Mund. Er wirkte ängstlich.
»Gerd Diepeschrath, ja. Was wollen Sie? Sind Sie von der Presse?«
Diese Tarnung hatte ich eigentlich benutzen wollen. Dabei hätte mir klar sein müssen, daß die Familie des Toten schon intensiv von den Medienvertretern bearbeitet worden war. Ich beschloß, bei der Wahrheit zu bleiben.
»Ist Frau Diepeschrath zu Hause? Ihre Mutter?«
Er schüttelte den Kopf. »Die arbeitet. Außerdem heißt sie Hommerich. Sie ist nicht mehr verheiratet.«
»Da habe ich aber andere Informationen.«
»Wenn für Sie die Ehe nur aus einem Blatt Papier und einer Unterschrift besteht…«
»Wann kann ich sie sprechen? Wann hat sie Dienstschluß?«
»Der Laden macht um sechs zu. Und so lange bleibt sie auch da. Vor halb sieben ist sie nicht hier.«
»Vielleicht können Sie mir auch helfen. Ich arbeite für einen Bensberger Rechtsanwalt. Wir ermitteln im Todesfall Ihres Vaters. Dürfte ich Ihnen ein paar Fragen stellen? Es ist doch sicher auch in Ihrem Interesse …«
Gerd Diepeschrath blickte ängstlich die Treppe hinunter. Offensichtlich wollte er nachprüfen, ob ich auch wirklich allein
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