Flammentod
war.
»Keine Presse?« fragte er.
»Nein.«
Er zögerte noch einen Moment und sah mich hilflos an. »Na gut, kommen Sie rein.«
Der Flur war eng, die Wohnung schien winzig. Er führte mich in ein schmales, miefiges Zimmer, wo er sich auf ein ungemachtes Bett setzte und mir einen kleinen Schreibtischstuhl anbot. Es war fast ein Kinderzimmerambiente. Aber irgend etwas paßte nicht. Ich kam zuerst nicht drauf, was es war. Dann fielen mir die sauber gerahmten Bilder auf, die an der Wand über dem Bett hingen. Es waren Fotos in Postkartengröße. Auf manchen war nichts als Wald auf hügeligem Gelände zu sehen. Auf anderen ein paar Fachwerkhäuser am Rand ausgedehnter Weiden. Ich fragte mich, was daran so interessant sein mochte.
Im Regal über dem Kopfende des Bettes drängten sich Bücher mit bunten Rücken. Auch auf dem Schreibtisch waren ein paar Bände abgelegt. Ich sah Titel wie »Die Päpstin«, »Der Assyrer« und »Der Medicus«. Dazwischen Blätter mit handschriftlichen Notizen.
»Sie lieben historische Romane?« fragte ich. Er ging nicht darauf ein, ließ aber plötzlich unsicher seinen Blick hin- und herwandern. Offensichtlich bereute er es, mich in sein Allerheiligstes gelassen zu haben.
»Was wollen Sie? Ich habe nicht viel Zeit.«
»Können Sie mir ein paar Geschäftspartner Ihres Vaters nennen?«
»Nein«, sagte er, und es klang genervt und nervös.
»Gab es da einen, dem er so richtig im Weg war - vielleicht nicht jetzt, sondern früher?«
»Weiß ich nicht.« Er stützte sich mit den Händen ab und schlug die Beine übereinander.
»Aber Sie haben doch mal bei ihm gearbeitet.«
Er blickte mich erstaunt an. »Ich habe schon jahrelang keinen Kontakt mehr zu meinem Vater.«
»Und davor?«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich glaube, es ging ihm geschäftlich nicht so gut.«
»Und trotzdem hat er sich am Abend seines Todes mit jemandem getroffen, der ihm ein Grundstück verkaufen wollte. Können Sie sich vorstellen, wo er das Geld dafür herhatte?«
Gerd Diepeschrath schüttelte den Kopf.
»Hat er mal was mit einer Firma in Leverkusen zu tun gehabt?«
»Vielleicht. Ich weiß es nicht.«
»Kennen Sie eine Theresa Heilig?«
Er verzog den Mund zu einem Grinsen. »Sie nehmen mich auf den Arm.«
»Ganz und gar nicht.«
»Nie gehört, den Namen.«
Er stierte vor sich hin, und ich sah, wie die Schlagader an seinem Hals vibrierte. Sein Blick wirkte verschleiert. Auf seiner Stirn stand Schweiß. Er verlagerte sein Gewicht nach vorne und legte die Hände auf die Knie. Es gelang ihm nicht, die Finger ruhig zu halten.
»Geht’s Ihnen nicht gut?« fragte ich.
Er winkte ab und setzte sich gerade. »Kein Problem. Hoher Blutdruck, das ist alles.«
»In Ihrem Alter?«
»Das geht Sie ja wohl nichts an.«
»Geht es nicht. Stimmt. Kommen wir wieder zur Sache.«
Er wurde wütend. »Mann, Sie machen es sich aber einfach. Geschäftspartner meines Vaters! Was soll das überhaupt? Wenn Sie von einem Anwalt kommen, dürfen Sie mich doch so was gar nicht fragen. Das ist doch Sache der Staatsanwaltschaft.« Er wischte sich über die Stirn. Seine Hand zitterte.
Ich versuchte, ruhig zu sprechen und ihn nicht noch weiter aufzuregen. »Wenn Sie möchten, kann ich gleich wieder gehen. Aber ich denke, es muß doch auch in Ihrem Interesse sein, daß man sich darum bemüht herauszufinden, wie Ihr Vater ums Leben gekommen ist.«
Gerd Diepeschrath ließ den Oberkörper auf das Bett sinken, als sei er zu schwach, sich weiter aufrecht zu halten. Er starrte teilnahmslos an die Decke. Dabei mahlte er mit seinen Kieferknochen, hatte aber den Mund geschlossen. Seine Lippen wirkten eigenartig wulstig, als seien sie entzündet.
»Vielleicht hilft es ja, wenn Sie mir einfach ein paar Bekannte Ihres Vaters nennen. Dann gehe ich wieder.«
»Tun Sie das.« Er schwieg, formte aber mit den Lippen Worte, die ich nicht verstand. Dabei starrte er immer noch nach oben.
»Auch wenn Sie Ihren Vater offensichtlich nicht gemocht haben -«
»Er war ein Mistkerl.« Gerd Diepeschrath setzte sich auf und sah mich mürrisch an. Ich bemerkte, daß er trotz seiner blonden Haare braune Augen hatte.
»Wissen Sie, wozu er das Grundstück von Volker Becker kaufen wollte?«
»Keine Ahnung. Wer ist Volker Becker?«
»Das Grundstück befindet sich in Lückerath. Ihr Vater hat da noch mehr Grund gekauft in der letzten Zeit.«
Er schüttelte den Kopf.
»Oder kennen Sie vielleicht Ruth Becker, seine Frau?«
»Nein. Ich habe doch gesagt, Sie
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