Flammentod
kommen Sie darauf?«
»Ich habe mit Schmitz gesprochen. Er kennt Sie nicht mal.«
Wieder ertönte der Ruf nach dem Kellner. Diepeschrath drehte sich kurz um, riß sich dann los und ging in die andere Ecke des Gastraumes.
Ich aß seelenruhig weiter, und kurz darauf war er wieder da.
»Haben Sie noch einen Wunsch?« sagte er sehr laut. Leiser fügte er hinzu: »Lassen Sie mich mit Ihrem Quatsch in Ruhe. Was wollen Sie überhaupt?«
»Ich will so manches«, sagte ich kauend. »Zum Beispiel will ich wissen, wer am Abend, als Ihr Vater starb, in der Wohnung war.«
»In welcher Wohnung?«
»Was glauben Sie, welche Wohnung? In der Sie und Ihre Mutter wohnen.«
»Niemand. Meine Mutter war in Köln, ich war mit meinem Onkel bei diesem Schmitz.«
»Waren Sie nicht vielleicht im Wald? Dort an der Autobahnauffahrt?«
Diepeschrath sah mich böse an. »Was soll das eigentlich? Soll ich jetzt in der Wohnung gewesen sein oder im Wald oder was?«
Diepeschrath ging. Er hatte etwas zu servieren. Ich aß gemütlich auf und wartete, daß er sich wieder blicken ließ. Ich wollte noch einen Nachtisch - und ein paar Informationen.
»Hauen Sie gefälligst ab. Lassen Sie mich in Ruhe«, giftete er, als er wieder an den Tisch kam.
»Aber, aber. Ich bin doch Gast hier. Und der Gast ist bekanntlich König. Was haben Sie denn so an Nachspeisen?«
»Vanilleeis mit heißen Himbeeren, Schokoladeneis, Ananassorbet.«
»Einmal das Vanilleeis, bitte. Und noch etwas.«
»Ja?«
»Ich bin sicher, daß Sie noch nicht mal wissen, wie dieser Josef Schmitz aussieht. So ist es ihm jedenfalls mit Ihnen ergangen. Aber ich will jetzt mal glauben, daß Sie wirklich nichts mit der Sache zu tun haben. Wissen Sie was? Sagen Sie mir doch einfach, mit wem Ihr Vater so zu tun hatte. Wissen Sie, ich bin fremd hier, und vielleicht hilft mir das ein bißchen auf die Sprünge.«
Er rang sich zitternd durch, seiner Stimme Gewicht zu verleihen. »Machen Sie, was Sie wollen. Aber ohne mich.« Damit ging er.
»Das Eis nicht vergessen«, rief ich hinterher.
In der Zwischenzeit beobachtete ich, wie Gerd Diepeschrath an einem der Tische abkassierte. Schließlich kam der Eisbecher, aus dem die Himbeersoße dampfte.
»Ich glaube, Sie verkennen den Ernst der Lage«, sagte ich. »Ich könnte jetzt zur Polizei gehen, die würde Sie auseinandernehmen, daß Ihnen Hören und Sehen vergeht. Ich will Ihnen«, ich probierte das Eis, es war köstlich, »ich will Ihnen wirklich nur einen Gefallen tun. Es wäre doch dumm, wenn ich jeden Tag hier herumsitzen müßte, oder?« Ich versuchte, ihn herausfordernd anzulächeln.
»Was wollen Sie wissen?« fragte er nervös und sah sich um. Wahrscheinlich hatte er schon einen Anschiß erhalten, daß er sich dauernd mit einem Gast unterhielt.
»Haben Sie was an den Ohren? Sagte ich doch schon. Kontakte Ihres Vaters. Wo hat er sich rumgetrieben?«
Diepeschraths Stirn war schweißnaß. »Sie begreifen es nicht, oder? Mein Vater war ein Schwein. Das werden Ihnen alle bestätigen.«
»Alle? Interessant. Wer denn so?« Ich zückte mein Notizbuch und legte es aufgeschlagen neben den leergegessenen Eisbecher.
»Niemand.«
»Also wer jetzt? Alle oder niemand?«
»Niemand.«
»Das habe ich mir gedacht. Ihr Vater war ein netter Mensch, hab ich recht? Ein netter Mensch, den man bestialisch ermordet hat. Wußten Sie eigentlich, daß er noch lebte, als er verbrannte?«
»Hören Sie auf.«
»Wie eine lebende Fackel verbrannte er. Schade um einen so netten Menschen.«
Diepeschrath wollte gehen, doch ich packte ihn am Arm.
»Lassen Sie mich los«, jammerte er. Ich spürte durch sein Hemd, wie er schwitzte. Von den anderen Tischen sahen Gäste her. Ich lächelte ihnen freundlich zu.
»Kein Problem«, sagte ich leise. »Nennen Sie mir einen Namen. Nur einen.«
Er riß sich los, blieb aber stehen.
»Also los«, sagte ich, den Kuli in der Hand.
Diepeschrath seufzte. »Susanne«, sagte er.
»Und weiter?«
»Susanne Voisbach. Fahner Weg.« Er nannte die Hausnummer dazu. »Im dritten Stock.«
Er wollte gehen, ich packte wieder zu.
»Gibt’s auch eine Telefonnummer?«
Gerd Diepeschrath diktierte sie mir. Ich steckte mein Büchlein weg und kramte dreißig Mark hervor.
»Ich wußte doch, mit Ihnen kann man Zusammenarbeiten«, sagte ich und klopfte ihm auf die schmale Schulter. »Hier. Der Rest ist für Sie.«
Eine Viertelstunde später parkte ich vor dem Haus, zu dem mich Gerd Diepeschrath geschickt hatte. Im dritten Stock brannte
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