Flammentod
gearbeitet.«
»Und Gerd Diepeschrath hatte frei.«
»Sie müssen’s ja wissen.«
»Wie stehen Sie zu ihm?«
»Was soll das denn heißen?«
»Ich meine - wie gut kennen Sie ihn?«
»Geht Sie das was an?«
»Ich sagte doch schon - ich muß einen Unschuldigen entlasten.«
»Und Gerd alles in die Schuhe schieben, oder was?«
»Gibt es denn was, das ich ihm in die Schuhe schieben könnte?«
Sie sagte nichts, guckte böse und inhalierte heftig.
»Immerhin hat er mir Ihre Adresse gegeben«, sagte ich. »Sagen Sie, was Sie wissen, und ich verschwinde wieder.«
»Ich weiß nichts.«
»Wie gut kennen Sie Gerd?«
»Wie man seinen Freund eben so kennt.«
»Freund?«
Sie richtete sich auf und hob die Augenbrauen. »Nennen Sie es, wie Sie wollen.«
»Soll das heißen, daß Sie mit Gerd Diepeschrath liiert sind?«
Ich suchte ebenfalls nach einer Zigarette, fand aber keine. Susanne Voisbach hielt mir eine hin. Ich nahm sie.
»Und wenn?«
Ich winkte ab. »Nichts, nichts - es erstaunt mich nur etwas. Entschuldigen Sie, darf ich mich auch setzen?«
»Wenn’s sein muß.«
Sie schlug die Beine übereinander. Ich ließ mich neben ihr nieder und sah uns beide in einem weiteren Spiegel, den ich noch gar nicht bemerkt hatte, weil er hinter mir gewesen war. Ich sah für meine noch nicht mal vierzig Jahre ziemlich alt aus. Mein Gesicht war käsig, die Geheimratsecken in den schwarzen Haaren hatten sich - so kam es mir zumindest vor - in den letzten Tagen dramatisch vergrößert. Meine Jacke war ausgebeult. Die junge Frau neben mir machte dagegen einen vitalen Eindruck. Dafür sorgte aber vielleicht auch nur die Schminke.
»Was ist mit Gerd Diepeschrath eigentlich los?« fragte ich. »Heute morgen habe ich jemanden getroffen, der behauptete, er sei schwul.« Ich musterte sie übertrieben deutlich. »Wie ein Mann sehen Sie nicht gerade aus.«
»Verdammt, was soll das?« fuhr sie auf.
»Irgendwas stimmt doch mit dem Jungen nicht. Als ich mit ihm sprach, hatte ich das Gefühl, er hätte Drogen genommen oder umgekehrt - als sei er gerade auf Entzug.«
Susanne Voisbach schüttelte den Kopf. »Er hat es nicht leicht, das ist alles.«
»Warum? Ist er krank?«
»Krank, krank - Quatsch. Sie hätten mal den Vater erleben sollen. Das war ein proletenhafter Kotzbrocken. Bei dem wäre jeder Sohn zum Neurotiker geworden. Nach außen hin heile Familie. In Wirklichkeit…«
»Ja?«
»… in Wirklichkeit suchte er sich fast jede Woche eine Frau - egal wie. Können Sie sich vorstellen, was für ein Familienleben Gerd erlebt hat? Und seine Mutter?«
»Warum sind die beiden nicht einfach auf und davon?«
»So einfach ist das nicht. Achim hat Gerd in die Lehre geschickt. Er sollte Maurer werden und dann vielleicht noch irgendwas studieren, was für die Firma nützlich wäre - Bauingenieur oder so. Das war dieselbe Karriere, die auch Gerds Vater gemacht hat. Aber Gerd hat schon die Lehre nicht durchgehalten. Er hat sie geschmissen. Das war alles nichts für ihn. Der ist ziemlich intelligent. Der hätte was Richtiges studieren sollen. Philosophie oder so was. Irgendwann ist er dann zu Hause abgehauen, und ich habe ihm den Job in der Salzmühle besorgt.«
»Sie nehmen ihn in Schutz«, stellte ich fest.
»Er hat ja sonst keinen, der sich um ihn kümmert.«
»Wie gut kennen Sie eigentlich Angelika Diepeschrath?«
»Sie nennt sich jetzt wieder Hommerich. Ich treffe sie immer im Hexenladen. Sie hat es endlich geschafft, ihren Mann zu verlassen. Es hat ziemlich lange gedauert. Morgana hat ihr dabei geholfen.«
»Sie meinen Marianne Müller.«
»Sie heißt Morgana.«
»Ist das nicht lächerlich? Sich so zu nennen?«
Sie funkelte mich an. »Behalten Sie Ihre Meinung für sich, ja? Ist mir doch egal, was Sie lächerlich finden.«
Ich holte tief Luft. »Ganz ruhig«, sagte ich und machte mit den Händen eine beschwichtigende Geste. »Ich habe nicht vor, mich um Ihre Spielchen zu kümmern.«
»Spielchen?« fuhr sie auf, und ich spürte, daß ich so etwas wie einen Nerv getroffen hatte. »Sie sind ein typischer Macho. Sie sehen nur das, was Ihnen geradezu ins Auge springt.«
»Ach. Was sehen Sie denn? Was Ihnen auf den Kopf fällt?«
Sie ging nicht darauf ein. »Sie könnten viel von Morgana lernen.«
»Wie man auf Besen reitet? Oder wie es auf dem Blocksberg aussieht?«
»Sie brauchen das gar nicht in den Dreck zu ziehen. Heidnische Bräuche haben gerade heute wieder eine wichtige Bedeutung. Und die alten Plätze, an denen diese
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