Flammentod
übernimmst Angelika. Fahr zu ihr nach Hause und schau nach, ob sie da ist. Wenn ja, wartest du, bis sie wegfährt und verfolgst sie. Ich werde Susanne auf der Spur bleiben.«
»Okay.«
»Übrigens - hast du eine Katharina in den Vernehmungsprotokollen gefunden?«
»Keine zu finden.«
»Hätte ja sein können.«
Als ich bei Susanne Voisbach ankam, war ich fest davon überzeugt, daß sie nicht zu Hause sein würde. Doch ich hatte Glück. Ich klingelte, und sofort ertönte der Summer an der Haustür.
»Sie?« fragte sie ungläubig, als ich die Treppe hinaufgehastet kam.
»Haben Sie jemand anderen erwartet?« fragte ich. Ich war völlig außer Atem. Auf dem Treppenabsatz wurde mir plötzlich schwarz vor Augen, und ich krallte mich am Geländer fest.
»Was ist denn mit Ihnen los? Sie sehen ziemlich ramponiert aus.«
»Nicht schlimm. Ich muß mit Ihnen sprechen.«
»Ich aber nicht mit Ihnen«, sagte sie, und ich konnte an ihrem Gesicht erkennen, wie die Verwunderung Ablehnung wich. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich der Wohnungstür zu. Ich war schneller und rammte meinen Fuß dazwischen.
»He, was soll das«, rief sie. »Wollen Sie mich etwa belästigen? Ich kann auch die Polizei holen.«
»Nichts lieber als das«, sagte ich. »Dann kann ich denen auch gleich was Interessantes erzählen.«
Sie sah mich prüfend an, gab dann aber nach. »Schreien Sie nicht so. Kommen Sie rein. Sie machen eh den Eindruck, als kämen Sie nicht mehr weit.«
Ich ignorierte die letzte Bemerkung und folgte ihr in die knallrote Wohnung. Heute wirkte Susanne Voisbach, als hätte sie mit dieser Nuttenbehausung nicht das geringste zu tun. Sie trug ausgewaschene Jeans und ein weißes Männerhemd, dazu braune Stiefel.
»Na, was wollen Sie Schönes der Polizei erzählen?«
»Zum Beispiel die Verbindungen des Mordes von Achim Diepeschrath zu dem Hexenteich.«
Sie lachte. »Was soll das denn? Steht doch heute dick in der Zeitung.« Sie griff auf eine Kommode im Flur und hielt den Gladbach-Anzeiger hoch. Die Seite mit Bruchmanns Berichterstattung war aufgeschlagen. »Wieso kommen Sie deswegen zu mir?«
»Weil ich glaube, daß Sie von diesem verrückten Hexenklub noch die Vernünftigste sind, und weil ich glaube, daß Sie der ganzen Sache ein Ende machen können. Wenn Sie nur wollen.«
Susanne Voisbach schüttelte langsam den Kopf und ließ sich auf das Bett fallen, auf dem wir schon einmal gesessen hatten. Damals war es dunkel gewesen, und die ganze Wohnung hatte in verführerischer künstlicher Beleuchtung potentielle Freier angelockt. Jetzt kam graues Licht durch das Schlafzimmerfenster, und alles wirkte nüchtern. Ich setzte mich zu ihr. Sie zündete sich eine Zigarette an.
»Sie stehlen mir nur die Zeit. Ich hab heute noch was vor.«
»Ist mir klar«, sagte ich. »Die Walpurgisnacht. Da wären wir gleich bei der ersten Frage. Wo halten Sie Ihr Hexenfest eigentlich ab?«
Sie wandte sich zur Seite und tippte nervös mit der glühenden Zigarettenspitze in einen Aschenbecher. Aber es war noch keine Asche da, die abgestreift werden mußte. Sie schwieg.
»Reden Sie schon.«
»Lassen Sie mich in Ruhe.«
»Kennen Sie eine Frau namens Katharina?«
»Nein.«
»Ich bin aber ziemlich sicher, daß Sie sie kennen. Es wäre besser, wenn Sie mir sagen würden, wer sie ist. Oder wo sie wohnt - das würde mir auch schon helfen.«
»Nein«, sagte sie nur. »Was soll denn diese Katharina getan haben? Glauben Sie, sie hat Diepeschrath umgebracht?«
Ich grinste sie an. »Das klingt ja, als wollten Sie mal vorfühlen, was ich von ihr will. Sehen Sie, ich merke, Sie wollen mitspielen. Sie erwägen es zumindest. Wenn ich noch eine Weile hierbleibe, packen Sie aus.«
»Sie sind ja bescheuert.«
»Vielleicht«, sagte ich. »Vielleicht bin ich auf dem absoluten Holzweg. Aber ich sage Ihnen jetzt etwas. Und das sage ich Ihnen nur ein einziges Mal. Da sitzt ein Unschuldiger im Gefängnis. Ein Unschuldiger, der gerade seine Existenz verliert, weil er sich nicht um sein Geschäft kümmern kann. Ganz abgesehen von seiner behinderten Frau. Der Mann, den er umgebracht haben soll, kam in der Nähe eines Teiches um, der Hexenteich heißt. In der Nähe dieses Teiches wiederum befindet sich vielleicht die Hinrichtungsstätte einer sogenannten Hexe. Sie wurde sechzehnhundert -soundsoviel hingerichtet. Das könnte natürlich Zufall sein, klar - aber mich macht doch stutzig, daß das Opfer auf genau dieselbe Weise umkam wie die angebliche Hexe
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