Flandry 1: Im Dienst der Erde
geblieben ist«, sagte Abrams. »Er ist ein charmanter Schurke, wenn er will. Aber, Mylord, unsere Verfahrensweise, jeden Angriff auf unsere Gesandtschaft zu vergelten, ist autorisiert und bekannt.« Sein Ton wurde bissig. »Wir sind eine friedliche, beratende Gesandtschaft auf einem Planeten, der von keinem der beiden Imperien beansprucht wird. Deshalb haben wir ein Anrecht auf Schutz – was wiederum bedeutet, dass den Gegner Überfälle auf unser Personal teuer zu stehen kommen müssen.«
»Und wenn Runei einen Vergeltungsangriff anordnet?«, forderte Hauksberg ihn heraus.
»Das hat er aber nicht, Mylord.«
»Noch nicht. Ein kleiner Hinweis auf die versöhnliche Haltung Merseias, hm? Oder könnte meine Anwesenheit Runei in seinen Entscheidungen beeinflusst haben? Jedenfalls wird, wenn diese Scharmützel weitergehen, eines Tages eine echte Eskalation einsetzen. Dann hat jeder mordsmäßig zu tun, um wenigstens das Ausmaß der Eskalation einzudämmen. Das könnte auch schiefgehen. Gestern war es höchste Zeit, damit aufzuhören.«
»Mir kommt es so vor, als hätte Merseia sehr stark zu einer Eskalation beigetragen, indem es so nahe an unserer Hauptbasis operativ tätig wird.«
»Das Seevolk wird operativ tätig. Sicher hatte es merseianische Hilfe, aber der Krieg ist eine Sache zwischen ihm und dem Landvolk. Er geht niemand anderen etwas an.«
Abrams biss auf seine kalte Zigarre. »Mylord«, knurrte er, »Seevolk und Landvolk sind beide in Tausende von Gemeinden zersplittert, in Dutzende von Zivilisationen. Viele haben noch nie voneinander gehört. Die Bewohner des Zletowar waren für die Kursowiker bisher nur eine Plage. Wer hat die Seetrolle auf die Idee gebracht, konzertierte Angriffe zu beginnen? Wer macht allmählich aus einer ehemals stabilen Situation einen planetenumspannenden Krieg zwischen den Spezies? Merseia!«
»Sie gehen zu weit, Commander«, sagte Captain Abdes-Salem widerstrebend. Die Adjutanten des Viscounts wirkten entsetzt.
»Nein, nein.« Hauksberg lächelte in das ärgerliche braune Gesicht vor ihm. »Ich schätze Offenheit. Auf Terra gibt es mehr Speichellecker als nötig; wir brauchen sie nicht auch noch zu importieren. Wie soll ich Tatsachen erfahren – was meine Aufgabe ist –, wenn ich nicht zuhöre? Kellner – schenken Sie Commander Abrams nach.«
»Was sucht der … äh, der Gegner denn in den hiesigen Gewässern?«, erkundigte sich ein Zivilist.
Abrams zuckte mit den Schultern. »Das wissen wir nicht. Die kursowikischen Schiffe meiden das Gebiet mittlerweile natürlich. Wir könnten es mit Tauchern versuchen, aber noch zögern wir. Sehen Sie, Ensign Flandry hat mehr als nur ein Abenteuer erlebt. Sogar mehr, als sich einen Grad an Respekt und Wohlwollen der Tigerys zu erwerben, die sich für uns als sehr nützlich erweisen werden. Er hat Informationen über sie erlangt, die wir zuvor nicht hatten, Einzelheiten, die den Xenologen entgangen sind, und mir Daten übergeben, die so dicht organisiert sind wie ein Limerick. Vor allem aber hat er einen Seetroll lebendig gefangengenommen.«
Hauksberg zündete sich einen Stumpen an. »Ich nehme an, das ist ungewöhnlich, hm?«
»Jawohl, Sir, sowohl aus Gründen der Umwelt, die auf der Hand liegen, als auch wegen des Umstands, dass die Tigerys normalerweise jeden Seetroll, der ihnen in die Hände fällt, auf den Grill legen.«
Persis d’Io verzog das Gesicht. »Sagten Sie nicht, Sie mögen sie?«, wandte sie sich tadelnd an Flandry.
»Für ’nen zivilisierten Menschen ist das vielleicht schwer zu verstehen, Donna«, sagte Abrams schleppend. »Wir bevorzugen schließlich Kernwaffen, die gleich den ganzen Planeten grillen. Ich will aber auf etwas ganz anderes hinaus: Unser junger Mann hier hat sich Geräte ausgedacht, die den Seetroll am Leben erhielten, Dinge, die ein Schmied und ein Zimmermann an Bord eines Schiffes herstellen konnten. Ich möchte nicht zu sehr in die Einzelheiten gehen, aber ich setze bestimmte Hoffnungen in das Verhör.«
»Warum erzählen Sie uns nicht davon?«, fragte Hauksberg. »Sie glauben doch wohl nicht, dass unter uns ein verkleideter Merseianer ist, oder?«
»Wahrscheinlich nicht«, entgegnete Abrams. »Dennoch werden Sie früher oder später zur Heimatwelt des Feindes reisen. Ob in diplomatischem Auftrag oder nicht, ich kann Ihnen unmöglich das Risiko auferlegen, im Besitz von Wissen zu sein, das die Merseianer vielleicht in die Hände bekommen möchten.«
Hauksberg lachte. »Man hat mich noch nie
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