Flandry 2: Höllenzirkus
sein Grasdach trug eine weiße Schneekappe. Jenseits davon, in gezackten Umrissen und phantastischen Regenbögen, erstreckte sich die Bucht. Nördlich davon schlängelte sich der Goldene Fluss, gefroren und von Schnee bedeckt, der wiederum gefroren war, bis er nur noch ein Tal aus blauen Schatten zwischen den Klippen war. Unter dem azurnen Himmel war die Luft klar wie Diamanten.
»Los!«, rief Rrinn überschwänglich. Nicht nur Ausrüstung, sondern auch Räucherfleisch erwartete sie. Er warf sich auf den Bauch und rodelte den Hang hinunter. Das Rudel tat es ihm jubelnd nach. Am Fuß des Hangs rappelten sie sich auf und begannen zu rennen. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, ohne dass er nachgab.
Doch als sie sich dem Gebäude näherten, öffnete sich seine Tür. Rrinn blieb stehen. Bestürzt fauchend winkte Rrinn seinen Gefolgsleuten, sie mögen zurückbleiben. Der Pelz stand ihm zu Berge. Ein Tier …
Nein, ein Merseianer. Was suchte ein Merseianer im Vorratshaus? Sie waren umhergeführt worden; man hatte ihnen erklärt, dass die Vorräte dort niemals angerührt werden durften, und sie hatten zugestimmt und …
Das war kein Merseianer! Zu aufrechte Haltung, kein Schwanz. Gesicht gelblich braun, wo es nicht von Haar bedeckt war …
Fauchend vor Wut über die Gebietsverletzung spannte sich Rrinn und stürmte an der Spitze seiner Krieger vor.
Nach Einbruch der Dunkelheit schimmerten die Sterne majestätisch am Himmel, doch es war, als gefriere ihr Licht auf dem Weg nach unten und zerspringe auf dem nur schwach sichtbaren Eis Talwins. Eine gewaltige Stille lag über der Welt; der Schall selbst schien an der Kälte gestorben zu sein. In Flandrys Nase fühlte sich der Atem flüssig an.
Und der Winter begann erst!
Die Ruadrath hatten sich in einem Halbkreis vor ihm aufgestellt, der zehn oder zwölf Mann tief war. Er sah sie als eine schattenhafte Masse, in der es gelegentlich glitzerte, wenn sich das Licht, das aus der Tür hinter ihm fiel, in einem Auge spiegelte. Rrinn, der ihm direkt gegenüberstand, war deutlicher zu erkennen.
Allzu unbehaglich fühlte sich Flandry nicht. Durch die hohe Lufttrockenheit war die Kälte tatsächlich weniger schwer zu ertragen als die wärmeren Temperaturen des nebligen Herbstes. Aus dem Bus hatte er zusätzlich zu etlichen anderen Dingen geeignete Kleidung mitgenommen und sich dick darin eingehüllt. Da er auch einen Wärmofen besaß, war es in dem Bauwerk, in dem er Unterschlupf gefunden hatte, ganz behaglich gewesen. Die Wärme strahlte ihm auf den Rücken.
(Allerdings waren die Energiezellen des Glühers nach den drei Wochen, die er gewartet hatte, schon arg geleert. Ebenso zusammengeschmolzen waren seine Vorräte. Da er es nicht wagte, die Vorräte der Eingeborenen anzurühren, war er auf die Jagd gegangen. Im Bus hatte an Waffen und Munition kein Mangel geherrscht, doch da er das hiesige Wild nicht kannte, hatte er nicht viel erlegt. Was er geschossen hatte, erforderte zudem eine Nährstoffergänzung aus seinem schwindenden Vorrat an Kapseln. Feuerholz konnte er ebenfalls nicht finden. Wenn du dieses sanftmütige Wesen nicht auf deine Seite ziehen kannst, sagte er sich, ist es aus mit dir.)
Rrinn sagte in einen Vokalisator aus dem Vorratshaus: »Wie vorhersahst du, neuer Himmelsschwimmer, dass unter uns jemand Eriau verstehe?« Der Transponder wandelte seine geschnurrten und geträllerten Worte in merseianische Laute um; doch da er nie eine Grammatik und Syntax gemeistert hatte, die auf einer Weltsicht basierten, welche sich grundlegend von der seinen unterschied, klangen die Sätze ein wenig absonderlich.
Flandry war an diese Art Lage gewöhnt. »Bevor ich die merseianische Basis verließ«, antwortete er, »habe ich mich mit allem vertraut gemacht, was sie über dieses Gebiet herausgefunden haben. Über euch Ruadrath haben sie viel Material, darunter auch über Wirrdas. Euer Depot wurde erwähnt und war auf einer Karte verzeichnet. Ich wusste, dass ihr bald eintreffen würdet.« Außerdem wusste ich, wie unwahrscheinlich es war, dass die Krokoschwänze hier nach mir suchen würden, so nahe an ihrem Lager. »Ihr habt mit ihnen in Kontakt gestanden, seit sie hier eingetroffen sind – mehr als die Domrath, und zwar, weil ihr erstens wacher seid und zweitens, weil sie von euch mehr halten. Euer Interesse an ihrem Tun ist oft … dargestellt worden.« (Ihm war eingefallen, dass das Wintervolk kein Alphabet benutzte, sondern nur mnemotechnische Zeichnungen und
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