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Flandry 2: Höllenzirkus

Flandry 2: Höllenzirkus

Titel: Flandry 2: Höllenzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Entzückt rief er aus: »Aber du bist doch Cuwarra!«
    »Und du bist Rrinn«, weinte sie. Wie Mann und Frau fielen sie einander in die Arme.
    Während beim Volk der Eisprung nur zur rechten Jahreszeit eintrat, hielt der Geschlechtstrieb den ganzen Winter über an. Daher hatten die Kinder Väter, die während der ersten Lebensmonate halfen, sich um sie zu kümmern. Diese Beziehung wurde durch den Kleinen Tod beendet – ältere Kinder wurden von der Allgemeinheit aufgezogen –, aber die meisten Paare blieben ihr ganzes Leben lang zusammen.
    Während sie sich landeinwärts vorarbeiteten, begegneten Wirrdas Brraos und Hrroufs. So war es jedes Jahr. Die wilde Territorialität, mit der das Volk an Land sein Gebiet verteidigte, dehnte sich nicht auf das Schelf aus; die Rudel gingen lediglich an Stellen an Land, die zu ihren letztendlichen Zielen günstig gelegen waren. Die drei Rudel vermischten sich freudig. Spiele wurden abgehalten, Geschichten erzählt und Zeremonien durchgeführt, Heiraten abgesprochen und gemeinsam gejagt. Währenddessen erwachten die Gehirne zu voller Aktivität, und die Lungen erreichten das Endstadium ihrer Entwicklung, während die Kiemen vertrockneten und ihre Funktion einstellten.
    Ähnliches widerfuhr dem Schelfland. Ihre Zeit des Jahres war eine kurze Fluoreszenz, ein Abbild der wilden Fruchtbarkeit des Sommers. Pflanzen starben ab, Tiere zogen davon, die Beute wurde karg. Rrinn dachte an Wirrdas, hoch in den Vorbergen jenseits der Tundra, wo heiße Quellen kochten und ein Fluss nicht zufror. Er hob einen Stein auf und brüllte. Andere Männer seines Rudels gaben ihn weiter, und es dauerte nicht lange, bis sie alle vor ihm versammelt waren. Er sagte: »Wir kehren jetzt heim.«
    Verschiedene Jünglinge und Jungfrauen beschwerten sich, da ihre Werbung unter Brraos oder Hrroufs noch nicht abgeschlossen war. Einige hastige Hochzeiten wurden gefeiert, zahlreiche Absprachen getroffen. (In der klirrenden Kälte des Mittwinters reiste das Volk weit, sei es zu Fuß, auf Schlitten, Skiern oder Eisbooten. Während Jagdreviere bis zum Tod verteidigt wurden, hieß man friedliche Gäste willkommen. Einzelne Rudel trafen sich zu Terminen, die im Schelfland abgesprochen worden waren, zu Handelsmärkten.) Am ersten ruhigen Tag nach seiner Ankündigung führte Rrinn den Zug an.
    Die nördliche Richtung schlug er nicht sofort ein. War die geistige Leistungsfähigkeit erst einmal voll wiederhergestellt, konnten Wirrdas geeignete Werkzeuge und Waffen benutzen. Die besten wurden in Wirrdas gelagert – beim Volk existierte keine echte Unterscheidung zwischen Ortsnamen, besitzanzeigenden Fürwörtern und Eponymen –, aber einige waren im letzten Frühjahr an der angestammten Stelle zurückgelassen worden, um dem jetzigen Zug von Nutzen zu sein.
    Rrinns Marschlinie führte sein Rudel an das permanente Ufer, einen öden Landstrich aus Schneeverwehungen. Seine merseianischen Bekannten hatten ihm bewegte Bilder gezeigt, wie sie während des heißen Wetters aussahen: im Frühjahr überflutet und keimender Sumpf im Frühsommer, der später ausgetrocknet und von Rissen durchzogen dalag. Nun, da das Schelf als Nahrungsquelle erschöpft war, überquerten keine großen Fleischfresser die Sastrugi mehr, um zu schauen, was sie wohl aus dem Wasser fischen konnten. Rrinn trieb seine Leute gnadenlos voran.
    Die Kälte machte ihnen nichts aus. Das Land war sogar eigentlich noch wärmer, als es ihnen behagte. Pelz und Speck isolierten sie, wobei Letzterer auch noch als biologische Nahrungsreserve diente. Ihr Stoffwechsel war warmblütig mit hohem Umsatz und entsprechendem Energiebedarf: Das Volk musste sehr viel Nahrung zu sich nehmen. Über die Ödlande führte Rrinn sie, weil der Aufstieg an den Eismassen, welche die Barrierebucht verschlossen, langsamer und anstrengender gewesen wäre. Vorräte konnten nicht näher am Schelf zurückgelassen werden, sonst verdarb das Rudel vielleicht alles, während es kurz nach dem Anlandkommen noch geistlos war.
    Nach drei beschwerlichen Reisetagen kündigte ein Schimmern in der Luft die aufgetürmten Eisberge an. Rrinn beriet sich mit Cuwarra. Frauen galten zwar als untergeordnet, doch er wusste aus Erfahrung, dass er gut daran tat, wenn er sich auf ihren Richtungssinn verließ. Sie wies ihm mit solcher Genauigkeit den Weg, dass er am nächsten Morgen, als er einen Hügel erstieg, sogleich auf sein Ziel blickte.
    Das Gebäude stand auf einer anderen Erhebung, war aus Stein erbaut und niedrig;

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