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Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Flandry 4: Ehrenwerte Feinde

Titel: Flandry 4: Ehrenwerte Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Sir«, erwiderte der Sergeant. »Er wäre tot, ehe wir dort ankommen. Und wir haben kein Wiederbelebungsgerät vor Ort, oder was wir sonst brauchen, um ihn zu stabilisieren, bis sie ihm einen neuen Bauch wachsen lassen können.«
    Flandry nickte und hockte sich neben den Jungen. »Kann ich dir helfen, Sohn?«, fragte er so sanft er konnte.
    Die breiten Lippen zogen sich von glänzenden Zähnen zurück. »Ah, ah, ah«, keuchte der Sterbende. »Der in Uhunhu wusst’ es.« Die Augen wälzten sich in den Höhlen. »Ai! Melde dich nicht, sagten sie alle. Versag den Anwerbern, dich aufzuschreiben … verdammtes Imperium … melde dich nicht einmal, um das Kämpfen zu lernen … wie soll von Sklavenherren Freiheit kommen?, fragte er in Uhunhu. Und er wollte uns lehren, was wir zu wissen bedürfen, versteht Ihr?« Der Junge schloss die freie Hand fest um Flandrys Rechte. »Versteht Ihr?«
    »Ja«, antwortete Flandry. »Es ist alles gut. Schlaf jetzt, mein Junge.«
    »Ai, ai, seht sie Euch an, wie sie da grinst …« Unwillkürlich blickte Flandry hoch. Er kauerte neben einem Springbrunnen, der im Moment nur Eiszapfen enthielt. Aus der Mitte erhob sich eine schlanke Säule mit der Statue eines nackten Mädchens an der Spitze. Es war kein Menschenmädchen, denn die Beine waren zu lang, und es hatte einen Schweif, einen Beutel und ein geschmeidiges Fell, doch Flandry hatte noch nicht oft solch tänzelnde Schönheit in Metall festgehalten gesehen; das Mädchen verhieß Frühling und einen ersten unsicheren Kuss unter windgeschüttelten Pappeln. Der sterbende Marine schrie auf.
    »Lass mich in Ruh, lass mich in Ruh, du droben, lass mich in Ruh! Hör auf zu grinsen. Ich hab mich gemeldet, auf dass ich lerne, wie ich Nyanza befreie, hörst du droben, leck mein Blut nicht so schnell auf. Ich habe nicht Schuld, wenn ich noch mehr Leute versklavte. Ich wollte auch frei sein! Hinfort mit den Zähnen, Mädchen … Mutter, Mutter, friss mich nicht, Mutter …« Und der Junge starb.
    Captain Sir Dominic Flandry vom Nachrichtenkorps der Imperialen Navy Terras blieb unter dem Springbrunnen neben dem Toten hocken, während die Marines noch ein paar Häuser sprengten, um gar nicht erst den Verdacht aufkommen zu lassen, sie gingen nachlässig vor. Eine Staffel von Infanteristen in schweren Panzeranzügen überflog das Gefechtsfeld wie eine Kette gesichtsloser Puppen. Aus einem Fenster am anderen Ende des Platzes erklang ein Saiteninstrument: Flandry kannte die braenische Tonleiter nicht, und bei der Musik konnte es sich um ein Klagelied handeln, einen trotzigen Marsch, eine Ballade oder ein Geheimsignal.
    Schließlich fragte er: »Weiß jemand, woher der Junge kam?«
    Seine Begleitmannschaft blickte ihn leer an. »Dem Akzent nach ein Kolonialer, Sir«, wagte sich ein Private vor. »Wir werben viele davon an, wissen Sie.«
    »Sagen Sie mir etwas, das ich nicht weiß!«, fuhr Flandry ihn an. Er brütete eine Weile. »Er wird natürlich eine Akte haben.«
    Seine Prioritäten hatten sich plötzlich geändert. Er müsste seine Aufgaben seinem Stellvertreter übertragen und die Heimatwelt des toten Jungen selbst unter die Lupe nehmen, so knapp war er an Personal. Das fiebrige Gestammel konnte alles und nichts bedeuten. Wahrscheinlich hatte es wirklich nichts zu heißen, aber die Zivilisation in diesen Marken war dünn gesät, wo das Imperium ins Barbarengebiet versiegte, hinter dem das Roidhunat von Merseia lag und jenseits davon die große, niemals vermessene galaktische Nacht.
    Noch dachte Flandry nicht an das Ungeheuer; er wusste nur, dass er sich unter seinen Miteroberern einsam fühlte und gern wieder auf einen Ein-Mann-Einsatz gegangen wäre. Eine Welt, auf der Afrikaner lebten, wäre vielleicht sogar anständig warm.
    Flandry schauderte, erhob sich und verließ den Platz. Seine Begleitmannschaft trottete hinter ihm her. Ihre umgehängten Gewehre zeigten in einen dünnen blauen Himmel. Das Mädchen auf dem Springbrunnen lächelte ihnen nach.

 
II
     
    Der Planet lag fünf Parsec von Brae entfernt. Er war die dritte Welt eines ansonsten uninteressanten F5-Zwerges, hieß Nyanza und war etwa fünfhundert Jahre zuvor, während das Commonwealth zerfiel, kolonisiert worden. Vor etwa einem Jahrhundert hatte man Nyanza in den Status eines imperialen Klienten erhoben; einige fruchtlose Revolten waren niedergeschlagen worden, und heute gab es nur einen Residenten auf der Welt – ein unproblematischer, aber unwichtiger und wenig besuchter Planet

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