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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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Liebe hat gestern ein bisschen herumexperimentiert. Aber, was hat das mit dir zu tun? Ich sag’s dir: gar nichts.«
    Heiko rutschte unruhig in seinem Sitz hin und her und sagte: »Also, das sind ja nun wirklich keine großen Neuigkeiten. Was erzählst du mir denn da?«
    Aber beide Männer wussten, dass Heiko es nur herunterspielte, um nicht komplett ahnungslos zu erscheinen.
    Lutz rieb sich die Handflächen, um sich zu wärmen, als sein Blick auf den Aschenbecher fiel.
    »Was is’n das fürn Ring? Is der echt?«
    Heiko erschrak. »Echt?« Dann lachte er laut los. »Spinnst du? Der war bei so Kaugummis mit dabei. Echt? Also wirklich, du bist vielleicht ein Witzbold! Der ist doch nicht echt!«
    Um wieder Boden unter den Füßen zu bekommen, irgendwie zur Ruhe zu kommen, den Kopf frei zu kriegen, oder wie auch immer man es nennen wollte, gingen die einen stundenlang laufen, die anderen lasen tonnenweise Bücher, wieder andere schliefen einfach nur tagelang oder nahmen nicht enden wollende Wohlfühlbäder, ertränkten ihren Frust und Kummer in Alkohol, gingen einkaufen, bis die Kreditkarte brannte, bauten den Kölner Dom aus Streichhölzern nach, sprangen an Gummiseilen von hohen Brücken, spielten endlos traurige Klaviersonaten, qualmten kiloweise Joints, waren unablässig auf Reisen, nur nie zu Hause, malten Blumensträuße mit Aquarellfarben, wachten jeden Morgen mit einer anderen auf, strickten kilometerlange Schals, ließen sich auspeitschen oder weigerten sich schlicht, mehr als ein Salatblatt zu essen. Nicht selten war es auch die Kombination mehrerer dieser Hilfsmanöver. Nicht selten endete es in einer Form von Sucht, und oft fingen die Probleme dann erst richtig an. Die Lösung allerdings lag fast immer woanders.
    Carlos Weg, seinem Schmerz zu begegnen, bestand entweder darin, sich mit einem Weißbier in einen Biergarten zu setzen, dies bei nur leichtem Missmut, oder aber, bei wirklichen Krisen, zu kochen.
    Aber selbst wenn er für die gesamte Belegschaft von BMW hätte kochen müssen, es hätte ihm in dieser Situation nicht viel geholfen. Im Moment gab es keine Lösung, nur einen Scherbenhaufen. Und gegen den kochte er mit all seiner verbliebenen Kraft an.
    Elli beobachtete ihn dabei und sparte sich jeden Kommentar.
    Komplett durchnässt kamen Lutz und Heiko in die Küche. Was für eine seltsame Situation. Drei gehörnte Männer, die sich gleichzeitig, bis auf Lutz, schuldig gemacht hatten. Sie waren Betrogene und Betrüger, Opfer und Täter zugleich. Elli sah den inneren Kampf, den Carlo und Heiko ausfochten. Nur Lutz war erstaunlich normal.
    »Draußen bricht die Hölle los«, sorgte er sich. »Also so was hab ich noch nicht erlebt. Der reinste Weltuntergang.«
    »Sieht nach einer Verschwörung aus«, sagte Heiko resigniert und brachte zumindest Elli damit zum Lachen. Zynismus! Siehe da! Stand Heiko gar nicht so schlecht.
    »Das ist schon ein Ding!«, verlautbarte Lutz stehend. Er war überhaupt der Einzige, der laut war. Ansonsten beherrschte eine fürchterliche Stille den Raum. Selbst Carlos therapeutisches Zwiebelhacken verlief beinahe geräuschlos. Es war geradezu gespenstisch.
    Lutz beschwerte sich: »Hört mir einer zu? Oder bin ich ein Geist?«
    »Was ist schon ein Ding?«, fragte Elli stellvertretend für die anderen. Sie hoffte, er möge nicht den letzten Abend ansprechen.
    »Dieser Saalfeld! Kreuzt hier einfach auf. Das muss man sich mal vergegenwärtigen. Wir landen alle in seinem Haus, und er weiß nichts davon. Bizarr! Und dieser Neffe, entweder ist der sträflich dumm oder äußerst gerissen. Dazwischen ist nicht viel Platz. Bleibt allerdings eine Frage: das Geld. Wem gehört es? Ihm? Dem italienischen Staat? Dem Deutschen? Dem Neffen? Der großen Unbekannten? Mafia? Berlusconi persönlich? Den Freimaurern?«
    »Sicher nicht uns«, hakte Elli ein. Unglaublich, Lutz und Heiko hatten die Rollen getauscht. Hatte gestern noch Heiko groß und breit seine Reden gehalten und Lutz wortkarg auf seiner Bank gekauert, so war es heute genau umgekehrt. Was war los mit Lutz? War er neugeboren, nur weil er sich letzte Nacht stundenlang nackt im Kreis gedreht hatte? Es schien, als hätte der Abend neue, oder lange verschüttete, Kräfte in ihm freigesetzt.
    »Da gebe ich dir recht, liebe Elli. Aber gehört es denn dem alten Mann? Oder hat er es nicht seinerseits geklaut?«
    »Ach Unsinn! Geklaut! Von wem denn?«, schaltete sich Carlo laut ein. »Kann uns doch egal sein. Was geht uns das an? Mir ist das so

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