Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
nicht gleich ne Villa sein, hm?«
»Det entscheiden wa immer noch selber, danke!« Jetzt war auch Tina gereizt.
Seelenruhig schmierte Elli sich derweil noch ein Weißbrot mit Marmelade. In den Bäumen zwitscherten munter allerlei unbekannte Vögel. Alles um sie herum versprach einen wahrhaft majestätischen Sommertag. Elli schien die Einzige zu sein, die das wahrnahm.
»Wir haben schließlich hierfür bezahlt!«, protestierte Lutz. Insgeheim wäre er am liebsten sofort wieder nach Berlin gefahren. Hier war es quälend heiß, und es gab nicht einmal einen Internetanschluss. Aber Tina wollte ja unbedingt Italien erleben.
»Danke, Lutz. So weit waren wir schon«, fertigte Anna ihn trocken ab.
»Hey, ich fand’s nett gestern Abend. Wenn es so weitergeht? Wir könnten, also ich mein …«
»Sandra, Mausilein, bitte! So geht das nicht. Lass mich das regeln.«
Doch Sandra ließ sich diesmal nicht so leicht abwürgen. »Stellt euch vor, wir wären hier in einem netten Hotelchen gelandet und teilten uns halt die Küche. So einfach!«
»Von mir aus könnt ihr quatschen, so viel ihr wollt! Ick hol mir gleich mal nen schönen Sonnenbrand.« Tina strich sich über ihre olivbraune Haut, stand auf, schnappte sich das geflochtene Tablett und fing an, es zu beladen. In ihrer unverschämt engen Jeans wackelte sie Richtung Küche. Hatte Carlo ihr gerade auf den Hintern gesehen?
»Eine Zumutung ist das! Sich hier gegenseitig den Urlaub zu versauen«, beschwerte sich Anna. »Ich erwarte spätestens heute Nachmittag konkrete Vorschläge!«
»Ick hab nen Vorschlag. Mach doch einfach det Beste draus!«, rief Tina ihr über die Schultern zu.
»Heute Nachmittag! Es bleibt dabei. Ansonsten könnt ihr mich mal kennenlernen. Bis jetzt war ich noch nett!«
Anna war in Fahrt gekommen, das sah Elli ihr an. Auf den hohen Wangenknochen entwickelten sich einzelne rote Punkte zu großen Flecken. Doch das hier war kein Verhandlungstisch, hier ging es nicht um Bilanzen und Verträge. Hier war vor allem Menschenkenntnis gefragt.
Carlo hatte vielleicht ganz recht, wenn er auf Zeit spielte. Unter Druck setzen ließen sich die Berliner bestimmt nicht, vor allem nicht Tina. Lutz hatte in dem Zusammenhang wenig zu melden. Der traute sich maximal, Heiko zu provozieren. Andererseits hatte gerade er auch etwas Unheimliches. In der Uni hatte Elli mal so einen bei sich in der Entwurfsgruppe gehabt. Monatelang hatte der still und heimlich vor sich hin gekritzelt und dann eines schönes Tages die Häusermodelle der anderen zertrümmert und geschrien: »Das Ende ist nah! Das Ende ist nah!«
Und Heiko? Während des ganzen Frühstücks hatte er nicht aufgehört, ständig mit dem rechten Bein zu wippen. Elli hatte selten jemanden erlebt, der eine derart nervöse Energie versprühte. Auch jetzt, auf der Terrasse stehend, zuckelte er mit seinem weißen unbehaarten Bein weiter. Die helle kurze Hose und die schwarzen langen Socken machten das Bild noch komischer. Direkt rührend, wie er dennoch versuchte, den souveränen Leitwolf zu spielen.
»Komm, Mausilein, wir gehen. Mir reicht’s! Ich such uns ein Hotel.« Anscheinend musste Heiko immer stehen, um etwas zu verkünden. Elli malte sich aus, wie er wichtigtuerisch eine Rede hielt und ihm keiner zuhörte.
Seine Sandra dagegen war umso entspannter. »Ne, ganz ehrlich, Mausilein wartet so lange lieber hier in der Sonne.«
Heiko schnappte kurz überrascht nach Luft. Das kam wohl nicht so oft vor, dass Sandra ihrem Götterfreund widersprach. Elli schmunzelte.
»Ähm, ja. Hast ja recht. Sonne.« Er zog sein braunes Hemd straff. »Keine Sorge. Ich, ich organisier das alles für uns.«
Um Haltung bemüht, sah er auf seine angeberische, dicke Breitling. Braunes Hemd, beige Hose und schwarze Socken in brauen Lederschuhen. Elli bezweifelte, dass Heiko allzu viel Erfolg bei der Zimmersuche haben würde.
Sie sah zu Carlo, der ihr zuzwinkerte, als wolle er sagen: Den sind wir als Erstes los. Dann versuchte er, offensichtlich um die immer noch aufgebrachte Anna zu beruhigen, seinen Arm um sie zu legen. Doch die drehte sich erbost weg und ging wortlos ins Haus. Carlo sah ihr hinterher, kratzte sich an der Schläfe und verabschiedete sich in den Garten.
Derweil hatte sich Lutz in die hinterste, finsterste Ecke des Wohnzimmers verzogen, natürlich ohne auch nur irgendetwas vom Tisch wegzuräumen.
Sandra hingegen schnappte sich ein paar leere Teller und räumte den Tisch weiter ab. Die beiden Frauen, das blonde
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