Flashback
Augen.
Kurz nach zwei Uhr früh Los-Angeles-Zeit rief er K . T. Lincoln an. In Denver war es schon eine Stunde später. Das Einwegtelefon hatte er am Nachmittag auf einem Straßenmarkt auf einem erhöhten, verlassenen Abschnitt der I-5 gekauft. Auch viele Waffen wurden dort angeboten. Und zwar fast ausschließlich von Arabern.
»Lincoln«, meldete sich ihre schläfrige Stimme. Und wurde wütend, als sie bemerkte, dass nicht das Revier in der Leitung war und dass der Anrufer seine Nummer unterdrückt hatte. »Wer ist da, verdammt noch mal?«
»Ich bin’s, K. T., Nick. Nicht auflegen! «
Nick war klar, wenn sie – immer die unsichtbar lauernden, allmächtigen, beängstigenden sie – K. T.s Handy abhörten, dann war er wirklich und unwiderruflich erledigt. Doch wie er schon ahnte und wie ihm Berater Omura wenige Stunden später bestätigen sollte, war das süchtige Lebewesen namens Nick Bottom ohnehin schon wirklich und unwiderruflich erledigt.
»Was willst du, Nick?« Ihre Stimme wurde kalt und tödlich.
»Ich will am Leben bleiben, und um darauf überhaupt noch eine Chance zu haben, brauche ich deine Hilfe, K. T.«
»Fühlen wir uns heute Nacht ein wenig melodramatisch, Nicholas? «
In ihrer gemeinsamen Zeit bei der Polizei hatte es ihn immer amüsiert, wenn sie ihn Nicholas nannte. Aber durfte er das jetzt noch immer als gutes Zeichen werten? »Allerdings fühle ich mich heute Nacht umstellt und verfolgt, K. T., aber das spielt jetzt keine Rolle. Ich brauche deine Hilfe, wenn ich mit Val lebend aus der Sache rauskommen will.«
»Hast du Val gefunden?« Nun klang sie zumindest interessiert. Doch wie viel davon war das Interesse einer Polizistin daran, einen wichtigen Zeugen und Tatverdächtigen zu fassen, nach dem landesweit gefahndet wurde?
»Noch nicht, aber ich sehe gute Chancen.« Nick saß auf der Feuertreppe einer billigen Absteige im Zentrum von L. A., die zugleich als Flashhöhle diente. Zehntausend neue Bucks hatte er für eine Pritsche und eine Decke hingelegt, die nur so wimmelten von Läusen und Wanzen. Bis es Zeit für den Anruf war, hatte er ein wenig auf dem Boden gedöst, das zusammengeknüllte Jackett als Ersatzkissen unter dem Kopf und die Glock in der Hand. Es war ein kleiner Trost, sich die Saufbrüder, Flashsüchtigen und Penner als die Gänse vorzustellen, die eine römische Legion um ihr Feldlager verteilt hätte; wenigstens würden sie Lärm machen, wenn die muskelbepackten Kerle in schwarzem Kevlar an Kletterseilen durch die Fenster krachten, um Nick zu holen.
»Du musst bitte zwei Sachen für mich machen, sonst haben Val und ich keine Chance.« Nick atmetete tief durch.
»Jetzt sind es schon zwei Sachen«, erwiderte K. T. bissig. Aber sie ist noch dran. Angesichts des Geschworenenberichts, den sie für ihn fotokopiert hatte, grenzte es an ein Wunder, dass sie ihm überhaupt noch zuhörte.
»Erstens … «, Nick hatte es eilig, » … musst du für mich ein Treffen mit Bürgermeister Ortega vereinbaren, und zwar am Samstagmorgen, je eher, desto besser. Er soll morgen wieder zurück sein von seinem Ausflug. Keine Ahnung, wie du diesen Termin kriegen kannst, aber … «
»Nick … «
» … aber es ist ganz wichtig, dass ich schon früh am Samstag mit ihm rede. Oder damit es sicherer für ihn ist, können wir uns auch irgendwo außerhalb seines Büros verabreden. Im City Park vielleicht, beim … «
»Nick!«
»Was ist?«
»Keine Ahnung, wo du dich rumtreibst, jedenfalls hast du anscheinend ein paar Sachen nicht mitgekriegt. Mannie Ortega ist tot.«
»Tot!« Nick war froh, dass er schon saß. Mit den Fersen zwischen zwei Gitterstufen drückte sich Nick fest an das alte Stahlgeländer der Feuertreppe, bis sich die rostigen Stangen tief in seinen Rücken gruben. »Wie ist das passiert?«
»Heute …, gestern, meine ich«, antwortete K . T. »Am Donnerstag. In Washington. Ein Selbstmordattentäter in einem Restaurant in Georgetown. Ein Kellner mit einer Sprengstoffweste. Es hat noch ein paar andere Bürgermeister erwischt – von Minneapolis, von Birmingham, von … «
Nick unterbrach sie. »Schon gut. Ich hätte wissen müssen, dass sie Ortega zum Schweigen bringen, bevor ich zurückkomme. Blöd von mir, was anderes zu glauben.«
K. T. Lincoln stieß eine Art Schnauben aus. »Die haben Ortega und sechs andere Bürgermeister in die Luft gejagt, und alles nur wegen dir , Nick? Übertreibst du es nicht ein bisschen mit der Paranoia? «
»Im Gegenteil, die Frage ist, ob
Weitere Kostenlose Bücher