Flashback
einer Sirene auf der fernen Colfax Avenue.
»Dritte Möglichkeit«, antwortet Nick. »Du kommst raus und setzt dich auf meinen Schoß, und ich zeig dir ein paar Konstellationen. «
»Ich bin doch viel zu dick, um auf deinem Schoß zu sitzen.« Trotzdem tritt Dara durch die quietschende Fliegentür.
Sie ist tatsächlich dick – für ihre Verhältnisse. Im neunten Monat schwanger und das sieht man ihr an. Sie hat eine Dose Coors dabei, reicht sie aber Nick. Während ihrer Schwangerschaft ist sie sehr zurückhaltend mit Alkohol gewesen.
Nick klopft sich auffordernd auf den Oberschenkel, aber sie küsst ihn nur auf die Stirn und setzte sich auf den alten Metallgartenstuhl neben ihm. Sie hebt den Blick. »Viele Sterne sehe ich nicht und Konstellationen schon gar nicht.«
»Du musst erst warten, bis sich deine Augen an die Dunkelheit gewöhnen, Kiddo.«
»Ist aber gar nicht so dunkel mit den ganzen Stadtlichtern. Würdest du nicht gern auf dem Land leben, irgendwo in den Bergen, wo die Sterne richtig leuchten, und dir das astronomische Teleskop aus deinem Katalog kaufen, das du immer so sehnsüchtig anschaust? «
»Wirwürden durchdrehen auf dem Land.« Nick öffnet das kalte Bier und legt den Verschluss neben sich auf den Stuhl, statt ihn einfach auf den Boden zu werfen. Er ist stolz darauf, wie ordentlich ihre kleine Veranda ist. »Außerdem müssen Stadtcops in der Stadt wohnen. Vorschrift.« Er genehmigt sich einen Schluck. »Aber natürlich würde ich gern mit einem Teleskop in einem Hochtal sitzen, zum Beispiel im Estes Park, und zum Himmel hinaufschauen. Da ist zwar immer so ein Schimmer von der Front Range, aber den würden wahrscheinlich die Gipfel und die hohen Ausläufer in der Umgebung verdecken.«
»Vielleicht denkt der Weihnachtsmann daran, dass du ein Teleskop möchtest.« Noch immer hängt Daras Blick am Himmel.
Nick schüttelt entschlossen den Kopf. »Nein, zu teuer. Mit dem Geld können wir einen Haufen Sachen kaufen, die viel wichtiger sind …, wenn ich im Herbst überhaupt so viele Überstunden mache. «
»Das machst du bestimmt.« Daras Stimme klingt traurig. Sie mag es nicht, dass er an den Abenden und an den Wochenenden arbeitet, obwohl sie ohne den Überstundenlohn kaum über die Runden kämen. Aber dieses Wochenende – es ist Freitagabend – hat Nick frei, und er wird es mit ihr verbringen.
Während Nick sich wünschte, sein früheres Selbst würde sich endlich von den gottverdammten Sternen abwenden und Dara im sanften Schein der Küchenfenster betrachten – obwohl er genau wusste, wann der frühere Nick das tun würde –, wurde ihm klar, warum er sich so oft dafür entschied, dieses Wochenende mit der hochschwangeren Dara wiederzuerleben. Es würde Sex geben
(süß und beglückend in einer fast vorehelichen Keuschheit), aber das war nicht der Grund. Es lag einfach an der unangestrengten Schlichtheit ihres Zusammenseins an diesem Wochenende wenige Wochen vor Vals Geburt und an der Tatsache, dass Nick jede Sommernacht dieser nacherlebten Zeit mit dem Kopf auf Daras Busen einschlief.
»Als Astronom wärst du glücklicher geworden, Nicholas.« Daras Stimme klingt schläfrig und entspannt. Sie erregt Nick wie immer.
»Du meinst, du wärst glücklicher, wenn ich kein Cop wäre, sondern Astronom.« Er schlürft von seinem Bier und hält Ausschau nach dem Aldebaran. Eine leichte Brise weht durch die Blätter der Ulmen und durch die größeren Blätter der Linden nebenan. Ihr noch nicht welker Klang ist Teil der Sommernacht.
»Na ja, wenn du Astronom wärst, würden wir irgendwo ganz oben auf einem Berg leben, in Hawaii vielleicht, weit weg von hier.«
Nick wendet sich um.
Genau wie in Nicks Erinnerung.
Er sieht seine Frau an und legt die Hand auf ihren großen Bauch. »Ich glaube nicht, dass du in ein paar Wochen am Gipfel eines Vulkans in Hawaii wohnen möchtest, wenn das nächste Krankenhaus und die nächste Hebamme drei Kilometer tiefer und eine Insel entfernt sind.«
Nick bedauert seine Worte, kaum dass er sie ausgesprochen hat. Nach ihrer Fehlgeburt wird Daras Sorge wegen der Schwangerschaft höchstens noch von seiner eigenen Furcht überboten.
Schon gut, dachte Nick, der sowohl in als auch über dem Moment schwebte. Ganz schwach glaubte er wahrzunehmen, dass seine früheren Flashbackidentitäten in diesem Augenblick ganz das Gleiche dachten, obwohl der Flashbackbetrachter seine Präsenz bei früheren Besuchen normalerweise nicht registrierte. Auf jeden Fall konnte er nicht
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