Flashback
Malaysiern auf Fahrrädern gezogen wurde.
Die Strecke war fünf Kilometer lang, und Nick versuchte sich zu entspannen, während die Rikscha über Table Mesa Road, Broadway und Baseline Road zum Chautauqua Park holperte.
Dieser Park bestand sei 1898. Ausgehend von der ursprünglichen Chautauquabewegung im Bundesstaat New York, die mit ihren Veranstaltungen auf Erwachsenenbildung zielte, war er von Texanern begründet worden, die sich einen Ort mit einem Auditorium, einem Speisesaal und weiteren Gebäuden zur Veranstaltung von Vorträgen und Konzerten wünschten, wo sie der texanischen Sommerhitze entfliehen konnten. Viele Sommerchautauquas waren bloße Zeltstädte, nur einige wenige wie das in Boulder verfügten über permanente Gebäude für ihre wissenschaftlichen, religiösen und kulturellen Vorträge und Kurse.
Die Anlage thronte auf einer grasigen Ebene über Boulder, die an eine Grünzone mit einem Netz von Wanderwegen grenzte. Als Kind war Nick mit seinen Eltern häufig in der Gegend herumgestreift. Auch heute noch war sie bei den Bewohnern von Boulder als Ausflugsziel beliebt, allerdings hatten gelegentliche Anschläge von Heckenschützen und das Anwachsen der Berglöwenpopulation die Zahl der Wanderer ein wenig reduziert.
Viel weiter rechts, jenseits der Canyon Road am Rand eines Wohnviertels, ragte das Minarett der Masjid-Ahl-al-Hadid-Moschee auf. Das kommunale Bauverbot für Häuser über vier Stockwerke bestand seit über sechzig Jahren, doch für die Masjid Ahl al-Hadid hatte der Stadtrat eine Ausnahme gemacht, und ihr Minarett war dreimal so hoch wie der Rest der Stadt. Mit großzügigen
Spenden und der Forderung, alle innerhalb der Grenzen Boulders lebenden Juden aus dem Stadtgebiet zu vertreiben, signalisierten die Muslime vor Ort und das Neue Kalifat ihre Zufriedenheit. Momentan diskutierte der Stadtrat den Vorschlag noch (in den täglich erscheinenden Blogartikeln von Boulder hatte Nick das Argument aufgeschnappt, dass man kaum etwas zu verlieren hatte, wenn man der Bitte der Muslime nachkam, da ohnehin nur wenige Juden in der Stadt wohnten). Bereits beschlossen war, dass alle in Boulder lebenden Muslime – deren Anteil an der Gesamtbevölkerung fünfzehn Prozent ausmachte und durch ausdrücklich geförderte Zuwanderung stark wuchs – im Fall einer Anklage wegen einer Straftat nicht nach den Gesetzen von Colorado zu behandeln waren, sondern nach der Scharia.
Sato unterbrach Nicks Grübelei. »Gut, dass wir dank unseres Diplomatenstatus die Waffen behalten dürfen.«
Nick knurrte unbestimmt.
»Sie haben wohl kein zweites Magazin dabei, Bottom-san?«
»Wenn die ersten fünfzehn nicht reichen, das hat mir mein Dad beigebracht, dann helfen die nächsten fünfzehn oder dreißig auch nicht mehr«, erwiderte Nick.
Sato nickte. »Einleuchtend. Aber diese Geldings von Government Motors sind wirklich kaum totzukriegen. Na ja, hier in Boulder werden Sie Ihre Pistole kaum brauchen. Es ist die friedlichste Stadt von ganz Colorado, nicht wahr?«
»Eine von mehreren.« Bis auf die starke Zunahme von Ehrenmorden und Attacken auf Schwule und Lesben.
Abgesehen von gelegentlichen Rikschas waren die Straßen überfüllt mit elastangekleideten und behelmten Menschen auf federleichten Fahrrädern, die mindestens eine Million neue Dollar kosteten. Außerdem gab es Hunderte und Tausende von Läufern, viele davon in verschwitzter Kunstfaserkluft, doch manche auch fast oder sogar völlig nackt.
»Anscheinend ist die Volksrepublik ein sehr gesunder Ort«, bemerkte Sato leise. »Nicht gerade sittsam, aber gesund.«
Links und rechts zogen Jogger mit pumpenden Unterarmen an der Rikscha vorbei, den Blick fixiert auf das ferne, aber erreichbare Ziel physischer Unsterblichkeit.
Als sie die Ausläufer der Flagstaff Mountains erreichten, bog die Rikscha links in das grasige und belaubte Chautauquagelände ein. Ein Stück weiter oben am Berg ragte das große Auditorium über der Dining Hall und anderen Gebäuden auf.
Nachdem Sato die zwei Fahrer bezahlt hatte, fragte Nick: »Was wissen Sie über den Ort hier? Nicht über das Chautauqua, sondern das Naropa Institute, das hier fast das ganze Jahr als Mieter einquartiert ist?«
Der Sicherheitschef zuckte die Achseln. »Nur was ich im Telefon nachgeschlagen habe. Die Universität wurde 1974 von dem Exiltulku Chögyam Trungpa Rinpoche gegründet. Der Name Naropa stammt von einem buddhistischen Weisen des elften Jahrhunderts aus Indien. Die Universität wurde Ende der
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