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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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mehr.«
    Mr. Ridley-Smith hatte weiter geschwiegen, aber jetzt ergriff er das Wort. Seine Stimme klang seltsam sanft.
    »Ist das dein Ernst? Glaubst du das wirklich?«
    »Und ob!«, erwiderte ich prompt und mit anklagendem Unterton.
    »Dann hast du die Tatsachen leider völlig falsch interpretiert, junge Dame.«
    Ha!, dachte ich. Ich weiß, was du im Schilde führst! Junge Dame – von wegen!
    Er wollte mich einwickeln und mit falschem Respekt mein Vertrauen gewinnen.
    »Ach ja?«, fragte ich so kühl und herablassend, wie es mir in meiner Lage möglich war.
    »Ja, du irrst dich.« Sein Ton war so überzeugend, dass ich einen Augenblick versucht war, ihm zu glauben. Hatte er nicht betroffen geklungen?
    »Du irrst dich«, sagte er noch einmal. »In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall.«
    Ich biss mir demonstrativ auf die Unterlippe. Wie lange konnte ich ihn wohl noch hinhalten?
    Oh ihr gesegneten Damen vom Altardienst, flehte ich stumm, mögen euch Flügel wachsen! Kommt zu meiner Rettung geflogen!
    »Was ist denn die Wahrheit?«, hörte ich mich fragen und erinnerte mich undeutlich, dass Pontius Pilatus sich ähnlich ausgedrückt hatte, nur unter gänzlich anderen Umständen.
    »In Wahrheit haben wir verzweifelt versucht, Collicutt wiederzubeleben. Benson hat ein Stück Schlauch aus dem Turm benutzt und es mit einem der Ventile hier verbunden. Er wollte Mr. Collicutt beatmen. Aber es war schon zu spät.«
    Der Luftschlauch? Den hatte ich völlig vergessen! Das erklärte immerhin die geplatzten inneren Organe.
    »Ich glaube Ihnen nicht«, sagte ich.
    Gleichzeitig hörte ich, wie sich hinter Benson und dem Richter draußen im Kirchenschiff etwas rührte, gefolgt von dem dumpfen Knall, mit dem eine Kniebank auf die Steinfliesen gestellt wurde.
    Rettung nahte!
    »Hilfe!«, rief ich so schrill, dass einem das Blut in den Adern gefror. »Zu Hilfe!«
    Schlurfende Schritte.
    Dann tauchte hinter dem Richter ein Gesicht auf – ein Gesicht mit einer Brille, deren Gläser so dick waren wie Luzifers Herz.
    Miss Tanty!
    »Was ist denn hier los?«, fragte sie.

27
    N icht in meinen wildesten Träumen wäre ich darauf gekommen, dass ich einmal so froh sein würde, diese Frau zu sehen.
    Ich drängte mich energisch an Benson und dem Richter vorbei und suchte hinter Miss Tanty Schutz, lugte jedoch sofort hinter ihren umfangreichen Röcken hervor.
    »Was geht hier vor, Quentin?«, wiederholte sie und sah erst vorwurfsvoll von einem meiner Peiniger zum anderen und dann nach hinten zu mir. Die dicken Brillengläser bündelten ihren bohrenden Blick wie ein Doppelbrennglas.
    »Nur ein kleines Missverständnis«, erwiderte der Richter mit einem abwiegelnden und künstlichen Lächeln.
    »Missverständnis«, wiederholte Benson wie ein Echo, als setzte er zu einer eigenen Verteidigungsrede an.
    »Soso …« Miss Tanty wirkte unschlüssig. Sie schien zwischen mindestens zwei Schlussfolgerungen zu schwanken.
    Sie schaute die Männer eine ganze Weile prüfend an, und die beiden schauten zurück.
    »Komm, Kleine«, sagte sie dann unvermittelt, fuhr herum und packte mich am Arm.
    Ich zuckte vor Schmerz zusammen. Erst jetzt merkte ich, wie heftig der Arm nach Bensons Griff wehtat.
    Ohne ein weiteres Wort führte sie mich zum Mittelgang, durch den wir wie eine Albtraumbraut und ihr Bräutigam in Richtung Ausgang marschierten.
    Draußen hatte sich der Nebel gelichtet, aber es war immer noch kalt. Der Friedhof war menschenleer. Es war noch zu früh für die Damen vom Altardienst. Auch sonst ließ sich niemand blicken.
    Wir gingen zur Straße. Miss Tanty zog mich wie einen Spielzeughund an einer Schnur hinter sich her.
    Offensichtlich ging es ihr nicht schnell genug.
    »Na los, Mädel«, mahnte Miss Tanty. »Du hast einen schlimmen Schock erlitten, das sehe ich deinen Augen an. Wir müssen zusehen, dass dir warm wird. Du musst was Heißes, Süßes in den Magen kriegen.«
    Sie sprach mir aus der Seele. Als wir in Richtung Cater Street abbogen, wo sie wohnte, trugen mich meine Beine kaum noch.
    Mit einem Mal war ich so erschöpft, als hätte jemand einen Zapfhahn an meinem Knöchel aufgedreht, und jetzt sprudelte meine ganze Energie aus mir heraus.
    Der Gedanke an eine Tasse Tee und eine Handvoll Kekse war seltsam tröstlich und eigenartig vertraut zugleich. Wie ein Märchen, das man irgendwann gehört und längst vergessen hat.
    Wir gingen schneller.
    Plötzlich blieb ich stehen. »Ich hab Gladys vergessen! Mein Fahrrad. Es steht noch auf dem

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