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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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Mund auf. »Es ist, als ob …«
    Auf einmal war es, als sei ich gar nicht da. Doggers Stimme klang wie Blättergeraschel oder wie das Seufzen des Windes in einer längst dahingegangenen Weide.
    Ich hielt den Atem an.
    »Da ist ein Teich …« Er sprach langsam und reihte die Worte wie Perlen an einer langen Kette auf. »Der Teich liegt mitten im Dschungel … manchmal ist das Wasser klar, und man kann es trinken … dann ist es wieder trüb. Wenn man den Arm eintaucht, verschwindet er.«
    Dogger streckte die Hand aus, als wollte er nach etwas greifen. Seine Hand zitterte.
    »Er ist weg … oder ist er immer noch da und nur unsichtbar? Man fischt im Trüben, hilflos, in der Hoffnung, etwas … irgendetwas … zu finden …«
    »Ist schon gut, Dogger«, sagte ich wie jedes Mal und fasste ihn sanft an der Schulter. »Es ist nicht wichtig. Es spielt keine Rolle.«
    »Oh doch, Miss Flavia, und es ist wichtig!« Sein plötzlich hellwacher, eindringlicher Ton erschreckte mich. »Womöglich wichtiger denn je.«
    »Ja«, wiederholte ich, ohne nachzudenken. »Womöglich wichtiger denn je.«
    Mir war nicht mehr klar, wovon wir eigentlich redeten, aber mir war klar, dass wir auf jeden Fall weiterreden mussten.
    Ohne eigentlich das Thema zu wechseln, fuhr ich so beiläufig fort, als wäre nichts geschehen: »Ich verrate dir wohl kein Geheimnis, wenn ich dir sage, dass es sich bei dem Betreffenden um Mr. Ridley-Smith handelt.« Schließlich hätte Dogger den Richter mit eigenen Augen sehen können, wenn er in die Krypta mitgekommen wäre.
    »Ich habe von ihm gehört, mehr nicht«, erwiderte Dogger.
    »Und der andere, nach dem ich dich letztens gefragt habe, ist sein Sohn Jocelyn.«
    »Ich entsinne mich. Bleivergiftung.«
    »Richtig. Du hattest aus meiner Frage geschlossen, dass ich auf Bogmore Hall war.«
    »Auch von dem Sohn habe ich schon gehört. Das Personal redet. Man schnappt auf dem Markt etwas auf.«
    »Aber über den Vater wird nicht geredet, oder?«
    »Nein. Über den nicht. Jedenfalls nicht über sein Äußeres.«
    »Armer Jocelyn!«, sagte ich. »Wenn deine Diagnose stimmt, litt seine Mutter an Bleivergiftung und sein Vater an Lepra.«
    Dogger nickte bekümmert. »So was kann vorkommen, auch wenn wir gern so tun, als gäbe es solche Kranken nicht.«
    »Können sie ihre Krankheiten denn überleben?«
    Ich hatte mich Stück für Stück an die allerwichtigste Frage herangearbeitet.
    »Der Sohn vielleicht. Der Vater nicht.«
    »Schon seltsam, oder? Ich meine, dass ihn die Lepra umbringt, jetzt, da sie wieder erwacht ist.«
    »Lepra an sich ist selten tödlich. Die Opfer sterben meistens an Nieren- oder Leberversagen. Aber wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, Miss …«
    »Selbstverständlich, Dogger. Tut mir leid, dass ich dich aufgehalten habe. Ich weiß, dass du viel zu tun hast.«
    Es war knapp gewesen. Dogger war kurz davor gewesen, in einen seiner »Vorfälle« abzugleiten. Ich wusste, dass er sich jetzt dringend in sein Zimmer zurückziehen wollte, wo er in aller Stille zusammenbrechen konnte.
    Das Schlimmste war jedoch überstanden, zumindest vorerst. Hauptsache, er durfte jetzt allein sein.
    »Was gibt’s Neues, Daff?«, rief ich, als ich in die Bibliothek stürmte, als wäre es ein ganz normaler, fröhlicher Tag auf Buckshaw. Meiner Schwester entging nichts, auch wenn sie immer so geistesabwesend tat. Falls Vater tatsächlich einen niederschmetternden Anruf bekommen hatte, hätte Daffy inzwischen über sämtliche Einzelheiten Bescheid gewusst.
    In diesem Punkt waren wir uns ausgesprochen ähnlich.
    »Nix«, antwortete sie knapp, ohne von ihren Bücherstapeln aufzublicken. Anscheinend war die Zuneigung, die sich bei unserem schwesterlichen Waffenstillstand eingestellt hatte, schon wieder zerronnen wie der Sand in einem Stundenglas.
    Aber so leicht ließ ich mich nicht abwimmeln. »Wer hat denn angerufen? Hat nicht vorhin das Telefon geklingelt?«
    Ein klingelndes Telefon war auf Buckshaw eine derartige Seltenheit, dass man sich jederzeit danach erkundigen konnte, ohne Verdacht zu erregen.
    Daffy zuckte nur die Achseln und schlug Die Herrin von Wildfell Hall auf.
    Was Vater auch so aufgeregt haben mochte, er hatte es für sich behalten.
    Was irgendwie auch wieder tröstlich war. Meine Schwestern tauschten sich über alles aus. Was Daffy wusste, wusste Feely auch. Was Feely wusste, wusste auch Daffy.
    Was Flavia wusste, war verglichen damit ein Fliegenschiss. Niemand scherte sich ein laues Lüftchen aus dem

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