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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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hinteren Ende eines Hundes darum.
    Um die Atmosphäre etwas zu entspannen, sagte ich: »Ich suche ein gutes Buch. Kannst du mir eins empfehlen?«
    »Ja. Die Bibel.«
    Damit knallte Daffy Wildfell Hall zu und marschierte aus dem Zimmer.
    So viel zum Thema Familienbande.

25
    D as Abendessen war die reinste Farce.
    Vater erschien gar nicht erst.
    Feely, Daffy und ich stocherten in unserem Essen herum, gaben uns schrecklich gesittet und reichten einander mit übertriebenen Bittesehrs und Dankeschöns Salz, Pfeffer und kalt gewordene Erbsen.
    Es war grässlich.
    Keine von uns wusste mit Bestimmtheit, was mit Buckshaw oder mit Vater los war, keine wollte als Erste danach fragen. Keine wollte diejenige sein, die das letzte Steinchen warf: das Steinchen, das unser zerbrechliches Glashaus ein für alle Mal in Scherben legen würde.
    Als hätten bloße Worte unseren endgültigen Untergang auslösen können.
    »Darf ich mich entschuldigen?«, fragte Daffy.
    »Aber natürlich«, antworteten Feely und ich wie aus einem Mund und aus der Pistole geschossen.
    Am liebsten hätte ich geheult.
    Fast noch lieber wäre ich in mein Labor gegangen, hätte eine tüchtige Portion Stickstofftriiodid zusammengemischt und in einer spektakulären Pilzwolke aus violettem Dampf die ganze Welt und alle ihre Bewohner in die Luft gesprengt.
    Die Leute hätten geglaubt, die Apokalypse sei angebrochen.
    Das gläserne Meer, gleich dem Kristall … der Stern mit Namen Wermut, die sieben Fackeln mit Feuer, der Regenbogen um den Thron, und der zweite Engel, der seine Schale ins Meer gießt, worauf es zu Blut wie von einem Toten wird.
    Ich würde es ihnen schon zeigen!
    Daran würden sie ordentlich zu knabbern haben!
    Blut wie von einem Toten …
    Hatte nicht alles mit Blut angefangen?
    Derlei Überlegungen tröpfelten mir durch die Gedanken, als ich die Treppe hochstieg.
    Zu Anfang war es um das Blut des platt gefahrenen Froschs und das Blut meiner eigenen Familie gegangen, rot schimmernd unter dem Mikroskop. Dann um das Glasfensterblut von Johannes dem Täufer und um das Blut, das von der Stirn des hölzernen St. Tankred getropft war. Mir fiel ein, dass ich immer noch nicht dazu gekommen war, dem Vikar das Ergebnis meiner Analyse mitzuteilen.
    Dann war da der rote Fleck auf dem Boden des Orgelgehäuses gewesen, dort, wo Mr. Collicutt ermordet worden war, aber dabei hatte es sich natürlich nicht um Blut gehandelt, sondern um rot gefärbten Alkohol aus dem zerbrochenen Manometer.
    Von Mr. Collicutts Blut war nichts zu sehen gewesen.
    Na klar – das war’s!
    Kein einziger Tropfen.
    Nicht im Orgelgehäuse, wo er ermordet worden war, nicht in der Grabkammer, in die die Mörder ihn verfrachtet hatten, und meines Wissens auch nirgendwo dazwischen.
    In Mr. Collicutts Fall ging es also weniger um das Vorhandensein von Blut als um dessen Nichtvorhandensein.
    Das konnte nur bedeuten, dass er weder erstochen noch erschossen worden war, und eine Vergiftung kam, zu meinem leisen Bedauern, auch nicht in Frage.
    Trotz allem, was Wilfred Sowerby, der Bestatter, seinem Cousin Adam über geplatzte Organe erzählt hatte, lag es nahe, dass diese Verletzungen Mr. Collicutt erst nach seinem Tod zugefügt worden waren.
    Kein Blut.
    QED.
    Man musste kein Professor Einstein sein, um darauf zu kommen, dass Mr. Collicutt höchstwahrscheinlich erstickt war. Das hätte mir eigentlich gleich auffallen müssen, als ich ihn gefunden hatte.
    Allein die Gasmaske war ein deutlicher Hinweis.
    Und während ich gerade darüber nachdachte, stand mir auch wieder die weiße Spitzenkrause vor Augen. Wie bei dem Straßenräuber aus dem Gedicht.
    Ein Taschentuch. Unter die Maske gestopft.
    Aber wozu?
    Die Antwort traf mich wie ein Schlag in die Magengrube.
    Äther! Diäthyläther!
    Das gute alte (C 2 H 5 ) 2 O.
    Diese Substanz war entweder schon im achten Jahrhundert von dem persischen Alchemisten Abu Abdallah Dschabir ibn Hayyam Abdallah al-Kufi, auch »Geber« genannt, entdeckt worden oder im dreizehnten Jahrhundert von Raimundus Lullus, dem man auch den Namen »Doktor Illuminatus« verliehen hatte. Man konnte sie zu Hause ganz einfach herstellen, indem man Weinstein mit Schwefelsäure erhitzte. Oder man ließ das Zeug aus einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis mitgehen.
    Ich konnte mir Mr. Collicutts letzte Sekunden nur allzu gut ausmalen: das getränkte Taschentuch vor der Nase, erst kalt, dann ein heftiges Brennen, gefolgt von Taubheitsgefühl. Der brennende süßliche Geschmack im Mund,

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