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Flavia de Luce   Halunken  Tod und Teufel

Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel

Titel: Flavia de Luce Halunken Tod und Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bradley Alan
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Gerüche auf- und abtreten wie Schauspieler?
     
    (3) Miss Mountjoy roch nach Fisch – beziehungsweise nach Lebertran, wenn ich an ihren Vorrat denke.
     
    (4) Brookie wurde (meine Vermutung) mit einer Hummergabel ermordet, die ihm jemand durch die Nase ins Hirn gestoßen hat. Die Hummergabel stammte aus Buckshaw. (Anmerkung: Hummer sind zwar keine Fische, sondern
Krustentiere – trotzdem!) Seine Leiche wurde an ein Standbild des Meeresgotts Poseidon gehängt.
     
    (5) Als wir Brookie fanden, war sein Gesicht weiß wie ein Fischbauch – was aber auch bedeuten kann, dass er schon länger dort baumelte, womöglich die ganze Nacht. Jedenfalls hat ihn der Täter im Dunkeln dort hochgehievt, um nicht erwischt zu werden.
    So mancher hätte nun der Versuchung nicht widerstehen können, die Liste mit der schönen Redensart zu beenden: »Der Fisch stinkt immer vom Kopf her.«
    Nicht so ich.
    Wie jeder Chemiker weiß, der sein Kalziumchlorid wert ist, stinken nicht nur Fische nach Fisch. Ich könnte aus dem Stegreif etliche Substanzen nennen, die nach toter Makrele miefen, darunter Propylamin.
    Propylamin (das von dem großen französischen Chemiker Jean-Baptiste Dumas entdeckt wurde) ist ein primäres Amin und ein Derivat eines Alkohols – was sich für sich genommen vielleicht ziemlich langweilig anhört, bis man Folgendes erfährt: Erhitzt man ein Molekül Alkohol zusammen mit Ammoniak, findet eine bemerkenswerte Umwandlung statt. Es ist so ähnlich wie bei dem Spiel »Die Reise nach Jerusalem«, nur dass hier der Wasserstoff, der ein Teil des Ammoniaks ist, einen oder mehrere seiner Stühle (in diesem Falle: Atome) von einem Alkoholat besetzen lässt. Je nachdem, wann die Musik aufhört, kann sich eine gewisse Anzahl neuer Produkte, sogenannte Amine, bilden.
    Mit Geduld und einem Bunsenbrenner kann man im Labor die schauderhaftesten Gerüche erzeugen. So musste beispielsweise im Jahr 1889 die gesamte deutsche Stadt Freiburg evakuiert werden, weil Chemiker ein wenig Propanthion hatten entweichen lassen. Angeblich wurde es den Leuten noch im
Umkreis von etlichen Meilen kotzübel, und Pferde fielen in Ohnmacht.
    Das hätte ich zu gern miterlebt!
    Während man andere Substanzen, beispielsweise die niederen Fettsäuren, leicht manipulieren kann, um jegliche Geruchsabstufung zwischen ranziger Butter und Pferdeschweiß, zwischen verstopftem Abfluss und Käsefüßen zu erzielen, so sind es die niederen Amine – die Sprösslinge des Ammoniaks – die über eine spannende, einzigartige Eigenschaft verfügen: Sie riechen nach Fisch.
    Propylamin und Trimethylamin haben wahrhaft den Titel »Großmeister des Gestanks« verdient.
    Da uns Mutter Natur so viele Möglichkeiten gewährt, diesen prächtigen Mief künstlich herzustellen, schätzt sie einen zünftigen Gestank sicherlich ebenso wie ich. Ach, wie schön es doch gewesen war, als ich zuletzt Trimethylamin extrahiert hatte (es ging wieder mal um einen harmlosen Pfadfinderinnenstreich), indem ich es mit Backpulver aus einem Picknickkorb voller Stinkendem Gänsefuß ( Chenopodium olidum ) destillierte, einem übelriechenden Unkraut, das in Hülle und Fülle auf dem Trafalgar-Rasen spross.
    Womit wir wieder bei Brookie Harewood wären.
    Eines stand für mich inzwischen so gut wie fest: Das Rätsel um Brookies Tod war nicht durch Fotoapparate, Notizen und die Vermessung des Poseidonbrunnens zu lösen, sondern im Chemielabor.
    Und ich würde diejenige welche sein.
    Grübelnd rutschte ich das Geländer zur Eingangshalle hinunter.
    Auch zu meiner Kindheit hatten Reime und Scherzfragen gehört.
    Wer hat viele Zähne, aber keinen Mund?

    »Die Säge!«, hatte ich gekräht, denn Daffy hatte geschummelt und mir die Antwort ins Ohr geflüstert.
    Damals hatten mich meine Schwestern noch gemocht.
    Später wurde es schwieriger:
    Eine bringt Glück,
zwei bringen Leid,
drei bringen der Braut das weiße Kleid,
bei vieren ist der Tod nicht weit.
    Die Antwort lautete »Elstern«. Vier dieser Vögel waren auf dem Dach gelandet, als wir ein Picknick auf dem Rasen veranstaltet hatten, und meine Schwestern hatten mich gezwungen, die Zeilen auswendig zu lernen, ehe ich über die eingezuckerten Erdbeeren herfallen durfte.
    Damals hatte ich noch keine Erfahrung mit dem Tod gehabt, aber die Reime meiner Schwestern bescherten mir Albträume. Trotzdem hatten sie zur Folge, dass ich im Rätsellösen ziemlich gut wurde. Im Grunde sind solche Scherzfragen Kriminalfälle in Kurzform. Man kennt die

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