Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
mir, mein Junge. Deine Mutter ... deine Mutter ...“ Meinhards Worte gingen in haltloses Schluchzen über.
„Vater. Vater, ich bin ja da. Beruhigt Euch, Vater ...“ Johann eilte auf ihn zu, unentwegt auf ihn einredend. In einer ihr vollkommen unvertrauten Tonlage, tief und ruhig.
„Mila?“
Helene? Neben ihr. Hatte sie am Arm gefasst.
Mila mochte nicht aufhören, Mattis anzusehen.
„Mila, wer ist dieser Mann?“
Er war es, der seinen Blick aus ihrem löste, um Helenes Ruf zu folgen.
Mila ließ ihn nicht aus den Augen – und erkannte erleichtert, dass er zwar Helene anschaute, aber auf sie, Mila, zukam. Um sich an ihre Seite zu stellen. Sie spürte, dass er seine Hand zwischen ihnen ein Stückchen anhob – aber wieder sinken ließ. So, als hätte er sie umarmen wollen. Was hier und jetzt ja wirklich ausgeschlossen war.
Ersatzweise lehnte sie sich ein Stück in seine Richtung. Sie räusperte sich, um Helene zu antworten, die sie noch immer entgeistert ansah. „Er ist ...“ Ja, was? „Der Mann, auf den ich gewartet habe.“
„Ich komme, Mila zu holen.“ Offenbar hatte Mattis ihr zu Hilfe kommen wollen, jedenfalls hatte er in ihre Worte hinein gesprochen. Mit einer Stimme, die erstaunlicherweise ganz genauso klang, wie Mila sie im Gedächtnis gehabt hatte. Die Bestimmtheit darin ließ ihre Augen schon wieder warm werden.
Die von Helene huschten zwischen ihnen beiden hin und her.
„Lasst die beiden gehen, Junkfrau, ich bitte Euch“, tauchte plötzlich Heinrich neben ihr auf. „Mila und Mattis gehören zusammen.“
Mila und Mattis gehören zusammen. Mila und Mattis. Mila schluckte.
Helene wandte sich zur Seite, Heinrich zu.
Als hätte man sie wie Fackeln entzündet, erleuchteten seine Ohren. Während seine Wangen fleckenlos blieben. Ob das an dem Lächeln lag, das gar keinen Platz für irgendetwas anderes in seinem Gesicht ließ?
Es war nur ein klitzekleiner Moment, in dem Helene und er sich mit ineinander verschränkten Blicken gegenüberstanden.
Dann ruckte sie zurück, in Mattis' und Milas Richtung. „Ihr beide ...“
„Wir beide werden jetzt gehen“, hörte Mila Mattis' ruhige, absolut überzeugte Stimme neben sich. Nicht der Hauch einer Angst oder auch nur einer Sorge lag darin.
Unwillkürlich warf Mila einen Blick über ihre Schulter zu Johann.
Der stand mit dem Rücken zu ihnen vor der Leiche seiner Mutter, den mittlerweile nur noch leise wimmernden Vater im Arm. Und, als wäre das nicht bizarr genug, tätschelte er auch noch dessen Rücken. Wie einem Pferd, das besänftigt werden musste. Doch schon im nächsten Moment erkannte Mila die Notwendigkeit hinter Johanns Tun, denn Meinhard machte einen Satz nach vorn, bemüht, Senta in seine Arme zu reißen.
„Vater, lasst das, ich bitte Euch. Vater, bitte!“, flüsterte Johann, packte Meinhard energisch, aber sanft an den Schultern und zog ihn wieder zurück. „Wir werden jetzt gemeinsam ein Gebet für Mutter sprechen. Hört Ihr, Vater? Faltet die Hände, sprecht mir nach. 'Vater unser, du bist im Himmel ...'“
Meinhard, vor Gram gebeugt, tat, wie ihm geheißen, sprach mit tief erschütterter Stimme.
Da bewegte Mattis sich neben ihr. Plötzlich hielt er etwas in der Hand. Eine Waffe? Mila wagte nicht, direkt dorthin zu schauen, erst als er den Arm hob und das Ding nach vorn streckte, sah sie es. Schwarzmetallen, länglich. Ohne Klinge oder so. Die Art und Weise, wie er es auf die drei Wachen im Türrahmen richtete, zeugte jedoch davon, dass er von dessen Wirkung überzeugt war.
Leider zeigten die Wachen sich nicht sonderlich beeindruckt.
Dennoch machte Mattis einen Schritt vor, fasste nach ihrer Hand. Hatte er wirklich vor, einfach hier herauszuspazieren? Vorbei an den Männern? Während ihnen schon im nächsten Augenblick ganz Ernberg auf den Fersen sein würde?
„Was habt Ihr da, Fremder?“
Heinrichs lauter Ausruf ließ Mila erschrocken zusammenfahren. Er wollte sie doch nicht etwa aufhalten? Nein, sie konnte ihm nicht schon wieder misstrauen.
Sah ihn Helene auffordernd zunicken.
Deren Augen huschten unschlüssig zwischen Johann, Meinhard und ihnen hin und her.
„Helft mir, mein Versprechen zu halten, edle Junkfrau.“ Dass er trotz des fast zärtlichen Flüsterns die förmliche Anrede benutzte, war seltsam. Und auch, wie abrupt er dann die Stimme über Meinhards neuerlichen Weinanfall erhob: „Fremder, was habt Ihr da? Das da in Euren Händen muss eine schreckliche Waffe sein. Ihr tragt eine schreckliche Waffe,
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