Flederzeit - Riss in der Gegenwart (Historischer Roman): 2 (German Edition)
hin und her, auf der Suche nach einer einigermaßen bequemen Stelle. Dann schaltete er die Taschenlampe aus, deren Licht nur noch leise glomm, und schloss die Augen.
„Sie sagt, in der Zukunft können die Menschen sich sehr schnell fortbewegen und sogar fliegen“, hörte er plötzlich Johanns Stimme.
Er hatte nicht 'Mila' gesagt, aber es war klar, dass er sie gemeint hatte. Matthias' Herz begann schneller zu schlagen, die bleierne Müdigkeit, die ihn fast schon in den Schlaf gebracht hatte, wurde vom rasch ansteigenden Adrenalin vertrieben. Er war wieder hellwach. Und verärgert deswegen. Stundenlang hatte Johann geschwiegen ...
„Sie hat das schon richtig gesagt“, knurrte er deshalb nur.
„Aber bis zum Mond?“ Höchstes Staunen lag in Johanns Stimme. Außerdem Ungläubigkeit und die unausgesprochene Bitte, Mila nicht recht zu geben.
Pech für dich , dachte Matthias und bestätigte: „Bis zum Mond, allerdings.“
„Und was macht ihr da oben?“ Jetzt gesellte sich Sarkasmus ins immer noch vorhandene Erstaunen. „Mit dem Mann im Mond tanzen?“
„Forschen“, knurrte Matthias.
Schweigen. Endlich. Matthias drehte sich um. Schlafen, nichts anderes wollte er. Sein Puls beruhigte sich, die Schläfrigkeit kehrte wieder. Er nickte ein.
„Sie ist durchaus energisch“, riss ihn jedoch wieder hoch. Johann. Der noch nachsetzte. „Und kraftvoll. Sehr kraftvoll. Aber auch sanft. Bei mir.“ Mit diesen Worten drehte er sich um, seufzte einmal und begann im Nu, ruhig zu atmen. Er war eingeschlafen.
Matthias jedoch hatte nun eine kraftvolle Mila vor Augen. Die energisch und sanft war. Mit Johann.
An Schlaf war gar nicht mehr zu denken.
Doppelfalle
B esonders ausgeschlafen fühlte Mila sich nicht. Auch wenn sie es in der Tat weich und warm gehabt hatte – und ein schlechtes Gewissen, denn Heinrich hatte sich nicht davon abhalten lassen, ihr die einzige Satteldecke zu überlassen. Im Gegensatz zu ihr wirkte er jedoch ganz wach. Geduldig auf das Pferd einredend, dessen Laune ebenfalls nicht besonders gut zu sein schien, führte er es zurück auf den Weg, wo Mila ihn bereits mit Sattel, Decke und Zaumzeug erwartete.
„Mila?“
Wer rief da nach ihr? Sie blickte herum.
„Mila, bist du es?“
Da war sie, die Ruferin. Oben auf der Burgstraße. Welche sie jetzt verließ, um auf direktem Weg zu Mila zu eilen. Hektisch stolperte sie den steilen Hang herunter, dabei immer schneller werdend, ein Bündel auf ihrem Rücken hüpfte wie wild auf und ab.
„Oh, wie gut, dass ich dich treffe.“ Gleich darauf stand sie vor Mila. Atemlos. Verweint sah sie aus, was in seltsamem Kontrast zu den lustigen Grübchen in ihren gesund geröteten Wangen stand.
„Du bist doch Mila, oder?“ Ihre Stimme klang nasal vom vielen Weinen, und sie holte von Neuem tief Luft, als ob es ihr schwerfiele, durch ihren Kummer hindurch zu atmen.
„Äh ...“
Dieses Mädchen erweckte nicht den Eindruck, Mila feindlich gesonnen zu sein. Dennoch war ihr nie wohl dabei, von fremden Leuten erkannt zu werden.
„Du weißt bestimmt nicht mehr, wer ich bin“, beeilte diese Fremde sich zu erklären. „Ich heiße Adelinda, bin die Tochter Wilmars, des Oberkochs von Ernberg. Zu deiner Zeit auf der Burg war ich noch recht klein, daher ...“
„Oh, ja, ich erinnere mich schon.“ Was nicht wirklich der Wahrheit entsprach. Aber Mila konnte sich diese Adelinda wunderbar vorstellen bei dem, was Mattis mit ihr erlebt hatte. „Was tust du hier?“
„Hast du Gangolf gesehen? Ist er dir vielleicht begegnet? Oder hast du etwas von ihm gehört? Deine Tante vielleicht, die besucht doch viele Leute, in Ruthi oder sogar weiter weg, vielleicht weiß jemand von denen etwas? Er ist nämlich verschwunden, schon seit vorgestern, seit ...“ Hier brach sie vollkommen abrupt ab, als hätte man ihr das Wort abgeschnitten.
Den Impuls unterdrückend, dort nachzuhaken, tat Mila ihr zunächst den Gefallen zu antworten. „Es tut mir leid, ich habe ihn nicht getroffen. Allerdings weiß ich nichts von Tante Käthe, ich bin auch schon seit zwei Tagen unterwegs. Was ist denn passiert?“
„Wo genau warst du?“ Wiederum ließ Adelinda ihr keine Gelegenheit, ihre eigene Neugierde zu befriedigen. „Und welche Wege hast du genommen, welche Leute getroffen, ich muss alles wissen, bitte.“
Also gut. Mila berichtete in allen Einzelheiten, wo sie sich wie lange aufgehalten hatte. Mittlerweile war Heinrich neben ihr, zwar stumm, doch offensichtlich bereit zum
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