Flehende Leidenschaft
einiger Zeit war er mit ihr liiert.«
»Nach Einbruch der Dunkelheit rudern wir zur Trondheim und holen ein paar bewaffnete Männer an Land«, erklärte Robbie. »Einer soll dich zur Gräfin begleiten und sich informieren – falls du interessante Nachrichten für uns hast. Vielleicht könnte er deinen Lakaien mimen.«
Dann fügte er grinsend hinzu: »Um diesen Abend beneide ich dich wirklich nicht. Wahrscheinlich wird Lady Pamure ihre allerneuesten Liebesgedichte vortragen …«
»Und du bist nicht romantisch veranlagt?« neckte ihn Roxane.
»Einer in der Familie genügt«, erwiderte der junge Master von Garden ironisch. »Obwohl Johnnie Carre vor einem Jahr noch nicht einmal wußte, was das Wort ›Liebe‹ bedeutet.«
Seit ihrer Ankunft in Edinburgh hatten Redmonds Männer Harold Godfreys Haus überwacht. Alle zwei Stunden lösten sie einander ab, um kein Aufsehen zu erregen. Sie hofften, der Earl von Brusisson würde sie zu Elizabeth führen. Aber seif der Bote eingetroffen war, hatte er das Gebäude nicht verlassen.
Am späten Abend hielt eine elegante Kutsche vor dem Eingang, und Harold Godfrey stieg ein, in blauem Samt und schwarzer Spitze. Während der Wagen davonfuhr, huschte eine Gestalt über das Kopfsteinpflaster der Straße und verschwand in einer dunklen Einfahrt. »Er fährt zur Gräfin Pamure. Diese Adresse hat er dem Kutscher genannt.«
Redmond nickte. »Gut, ich schicke einen Mann hierher und gehe zur Gräfin. Mal sehen, was ich herausfinden kann.«
Als Roxanes Wagen vor dem Stadthaus der Gräfin Pamure hielt, stand Redmond mit einigen Fahrern am Straßenrand. Die rothaarige Schönheit kannte er nicht – aber den Lakaien, der ihr aus der blaulackierten Kutsche half. Während sie ihren Reifrock raffte und die Eingangstreppe hinaufstieg, trat er aus dem Schatten, und der Lakai sah ihn im Fackelschein. »Warten Sie hier!« flüsterte der Carre-Clansmann, ehe er Roxane in die Halle folgte.
Wenig später kam er wieder hinaus und führte Redmond die Straße hinab. In sicherer Entfernung von den schwatzenden Kutschern und Lakaien tauschten sie Informationen aus, und Redmond arrangierte ein Treffen mit Robbie in Roxanes Haus, noch in derselben Nacht. Nach wenigen Minuten trennten sich die beiden Männer, und Elizabeths Hauptmann kehrte auf seinen Beobachtungsposten zurück.
25
Roxane war dem Earl von Brusisson noch nie begegnet, aber sie kannte Queensberry. Auf den Mann an der Seite des Herzogs paßte Robbies Beschreibung. Sie wandte sich wieder zu dem jungen Kavalier, der ihr schönes Kleid rühmte und in ihr Dekollete starrte. »Oh, welch ein reizendes Kompliment, lieber Buchan! Würden Sie mir ein Glas Rotwein holen? Hier drin ist es furchtbar heiß.« Spielerisch klopfte sie mit ihrem Fächer aus Elfenbein und Spitzen auf seine Wange. »Ich wäre Ihnen so dankbar …«
Nachdem er davongeeilt war, um ihren Wunsch zu erfüllen, blickte sie in einen Spiegel, zupfte die Rüschen an ihrer Abendrobe zurecht und übte ein gewinnendes Lächeln. Zufrieden mit ihren schauspielerischen Fähigkeiten, schlenderte sie zu dem Mann hinüber, der Johnnie Carres Leben ein Ende setzen wollte.
Queensberry entdeckte sie zuerst, nickte ihr erfreut zu und unterbrach sein Gespräch mit dem größeren Earl, der neben ihm stand. Anmutig klappte sie ihren Fächer auseinander und knickste, um beiden Gentlemen einen etwas tieferen Einblick in ihren Ausschnitt zu gewähren. Dann schaute sie mit verführerischen dunklen Augen auf. »O James, wie schön, Sie endlich wieder in der Stadt zu sehen! In Ihrer Abwesenheit verblaßt der Glanz von Edinburgh.«
»Angesichts Ihrer unwandelbaren Schönheit wünschte ich natürlich, ich wäre schon früher zurückgekehrt«, erwiderte der Herzog galant.
»Ihre aalglatte Zunge haben Sie offenbar noch nicht verloren.« Kokett zwinkerte sie ihm zu, und Harold Goldfrey räusperte sich.
»Oh …« Queensberry schaute ihn kurz an. »Darf ich Ihnen den Earl von Brusisson vorstellen, Roxane? Er ist nach Schottland gekommen, um irgendwelche Ländereien zu besichtigen. Brusisson – die Gräfin Kilmarnock.«
Als sie Godfreys wohlgefälligen Blicke bemerkte, wußte sie, daß ihre Mission erfolgreich verlaufen würde. Sie schenkte ihm ein aufreizendes Lächeln. »Bleiben Sie lange hier, Brusisson?« »Das habe ich noch nicht entschieden. Wohnen Sie in der Stadt?«
»Fast immer …« In seinen Augen lag ein brutaler Ausdruck, der ihr einen Schauer über den Rücken jagte. »Meine Kinder
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