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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Oberschenkeln. Ihre drallen Kartoffelstampfer machten mich fast noch rasender als das Dekolleté. Außerdem hatte sie abstehende Ohren. Abstehende Ohren bei Frauen waren für mich das Größte. Ich schmolz dahin! Zuerst musste sie auf den heißen Stuhl.
    «Fahren Sie jetzt bitte geradeaus und die Nächste gleich wieder links.» Ute löste die ihr gestellten Aufgaben souverän. Außerdem roch sie unglaublich gut und glich mögliche intellektuelleDefizite durch Ausstrahlung aus. Ihre strammen Beine drückten abwechselnd Gas und Bremspedal, während ihre kleine Hand fest den Schaltknüppel umklammerte. Eine Glocke des Begehrens hing über dem Ford Escort. Der Prüfer, mein Fahrlehrer und ich, wir alle hätten sie wahrscheinlich auf der Stelle geheiratet. Ute, Ute, Ute! Fahren konnte sie auch noch. Eine Göttin! Das Ding schien sie im Kasten zu haben. Abends würde sie sich wahrscheinlich zur Belohnung von ihrem Freund die gut durchbluteten Beine massieren lassen. Ute, bitte steig nicht aus, ich liebe dich doch!
    Nach einer halben Stunde war ich dran. «So, wir wechseln dann mal.» Ich zitterte derart, dass ich fürchtete, beim Umsteigen auf den Fahrersitz zusammenzubrechen. Mein Gott, wieso roch denn niemand meine Fahne? Was für ein verwahrlostes Stück ich doch war. Angst ergriff mich. Selbst für Utes Segelohren hatte ich keine Augen mehr. Was, wenn ich jetzt einfach laut losgebrüllt hätte? Wahrscheinlich wäre ich lebenslang für ungeeignet erklärt worden, am Straßenverkehr teilzunehmen, und der Spuk hätte endlich ein Ende gehabt.
    «An der nächsten Kreuzung bitte rechts und gleich wieder rechts.» Jaja. Egal. Mir war nun auch noch speiübel, und ich machte einen Fehler nach dem anderen. Nach zwanzig Minuten endlich forderte mich der Prüfer auf, an einer Parkbucht zu halten. Schade um das schöne Geld. Er wandte sich als Erstes an Ute.
    «Das mit dem Einparken muss sicherer werden. Üben Sie das bitte noch einmal separat.»
    Dann gab er ihr den Führerschein. Ich wartete darauf, dass sie sich küssten.
    «Und nun zu Ihnen.»
    Ich zuckte zusammen. Er zählte eine ganze Latte von Fehlern auf. Halt endlich dein blödes Maul, du Fickspecht, dachte ich, ich will pennen. Doch dann händigte er auch mir den Lappenaus. Gibt’s doch nicht! Der Mann war offenbar betrunken, haha.
    Im Zwergenhaus machte ich erst einmal ein Bierchen auf. Das hatte ich mir ja wohl verdient! Im Fernsehen lief eine Tennisübertragung, Steffi Graf gegen das lange Elend Claudia Kohde-Kilsch mit ihren einschläfernden Zeitlupenbewegungen. In diesen ersten Begegnungen hatte Claudia manchmal noch die Nase vorn, aber das sollte sich bald ändern, denn die Zukunft gehörte der jungen Brühlerin. Claudia Kohde-Kilsch sah aus wie Frau Fischer in flott. Sie verhielt sich zu Steffi wie Gundolf zu Torsten, fiel mir außerdem auf. Nach dem vierten Bier schlief ich auf dem Wohnzimmersofa ein.
     
    Mein erstes Auto war ein ockerfarbener Kadett B , Baujahr 72, den mir ein Freund meines Cousins andrehte. Ich hatte keine Ahnung von Autos und war froh, dass mir von einem Mann des Fachs für nur zweitausend Mark ein fahrbarer Untersatz auf dem Silbertablett serviert wurde.
    «Der ist vom Werk aus noch dreimal lackiert, das gibt’s heute gar nicht mehr, der hält ewig, weißt, wie ich mein. Mit dem Wagen ist
nix
, den kannst du fahren, bis du in Rente gehst, weißt, wie ich mein.» Er beendete jeden Satz grundsätzlich mit «weißt, wie ich mein». Gegen den vor Selbstbewusstsein strotzenden Schraubertypen hatte ich keine Chance. Am Ende des Verkaufsgespräches war ich nur noch dankbar. Wahrscheinlich hätte er ihn auch für 1500   Mark verkauft, aber mit mir konnte man es ja machen. Recht so! Die Limousine hatte 50   PS und einen ungefähr zwei Meter langen Schaltknüppel. Heutzutage ist so ein Opel Kadett B ja cool, damals galt er allerdings als üble Seniorenschleuder. Mein Umfeld versicherte mir jedoch, der Wagen passe sehr gut zu mir. Witziger Typ, witziges Auto oder so ähnlich. Beunruhigend. Na ja, egal, endlich brauchten mich die Kollegen nicht mehr abzuholen, und ich gab, wie versprochen,einen aus. In den kommenden Jahren war ich genau wie
Holunder-
Hans auf jeder Rückfahrt besoffen, und ich hatte enormes Glück, dass die Polizei mich nie kontrollierte.

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