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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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deutscher Gewürzbotaniker. Als Bordkapelle auf dem Kreuzfahrtschiff
Peter Pan
würden
Tiffanys
zum Tanztee aufspielen oder auf wirklich wichtigen Galaveranstaltungen gebucht werden, um dort den (damals noch quietschfidelen) Harald Juhnke zu begleiten oder gar mit David Hasselhoff internationalen Standards zu genügen. In den großen Ballsaal des
Hotel Atlantic
oderin das Hamburger Kongresszentrum sollte es gehen. Mit Wirtschaftskapitänen, Spitzenpolitikern und T V-Stars würden wir anschließend noch in den Puff gehen und bei einer erotischen Massage über unsere bäuerliche Herkunft scherzen.
Tiffanys
, der edle Name würde endlich Programm werden, Grandezza, Platinum Class, High End, Ladys’ First, James Last, großes Showbizz eben.
    Die Kollegen hielten so eine Entwicklung offenbar wirklich für möglich. Ich nicht. Schuster bleib bei deinen Leisten! Und überhaupt, was würde das schon wieder kosten?!
Tiffanys
war eine drittklassige Rumpelband, weißer Smoking hin, eierfarbener Smoking her. Ich hätte auch im Häschenkostüm gespielt, denn lächerliche Gestalten waren wir allemal. Die Vorstellung, auf einem morastigen Zeltfest in der niedersächsischen Provinz hoffnungslos overdressed
Danz op de Deel
zu spielen, quälte mich geradezu. Zum Gespött der Leute würden wir uns machen, Schießbudenfiguren, die man mit Speiseresten beschmeißt. Ich behielt meine Meinung jedoch aus taktischen Gründen lieber für mich. Eines schönen Nachmittags fuhren wir also zum legendären Künstlerausstatter
Uniformen Heinemann
. Sämtliche Tanzmucker von Hamburg und Umgebung, aber auch alle möglichen Kleinkünstler wie Zauberer, Clowns und Feuerschlucker bis hin zu den T V-Berühmtheiten Fips Asmussen und Günter Willumeit ließen sich hier ihre Bühnengarderobe auf den meistens unförmigen Leib schneidern. Herr Heinemann, ein drahtiger Mittfünfziger mit schwitzigem Händedruck, hatte quasi ein Monopol. Das schöne Geld für die Smokings hätten wir, wenn’s nach mir gegangen wäre, lieber zu Schorschi getragen, eine Vielzahl von Souvlakisonntagen wäre gesichert gewesen. Doch jetzt war die Falle zugeschnappt, und wir ließen uns vom geschäftstüchtigen Herrn Heinemann persönlich vermessen. Ich wartete lustlos auf das Ende der Prozedur, als mein Blick auf einen dicken Katalog fiel, der hier offenbarzur freien Ansicht auslag und in den fein säuberlich Fotos Hunderter Kleinkünstler, Alleinunterhalter und Tanzbands eingeklebt waren. Da Bands, nachdem sie sich eine Garderobe zugelegt hatten, in der Regel auch neue Visitenkarten, Kataloge und Fotos machen ließen, wurde man gebeten, als Referenz doch bitte auch ein Exemplar an Herrn Heinemann persönlich zu schicken. Oft war noch eine kleine Widmung beigefügt.
Für W.   Heinemann. Vielen Dank für die kompetente Beratung: die Rusties Show Band; super Stoff, super Qualität. Danke sagt Entertainer Willy Lübcke
oder einfach nur
Herzlichst, G.   Willumeit
. Ich blätterte den Katalog durch und war entsetzt. Es schien sich um die Belegschaft eines Pflegeheims zu handeln, die gerade für den Karneval kostümiert worden war. Pferdegesichtige Affenmenschen, hagere Kobolde, aufgedunsene Kumpeltypen und dehydrierte Starkstromalkoholiker bildeten hier ein Panoptikum des Schreckens. Körperteile, die einfach nicht zueinander passen wollten, viel zu kleine Köpfe, die auf dicke Leiber aufgeschraubt waren oder umgekehrt, Sechziger-Jahre-Koteletten, Pisspottschnitte, Minipli und andere längst aus der Mode gekommene Sturm- und Pilzfrisuren, Hakennasen, rekordverdächtige Rhabarberohren und Sängerinnen, die längst das Rentenalter erreicht hatten, gaben sich hier ein finsteres Stelldichein. Vielleicht war Herr Heinemann ja ein Untoter, der mit Hilfe dieser Lemurenarmee die Weltherrschaft zu übernehmen trachtete? So machte ich mich über meinen Berufsstand lustig, dabei sah ich keinen Deut besser aus.

Willen und Knochen, beides wird gebrochen
    Dem Musikhaus
Da Capo
war eine Musikschule angeschlossen, die von Gurkis Partner Tobias Strick, genannt
der schöne Tobias
, geleitet wurde. Tobias war tatsächlich der einzige gut aussehende Mann weit und breit. In privaten Musikschulen werden meistGitarre, Blockflöte und Orgel/​Keyboards unterrichtet, aber bei
Da Capo
hatten sich seit einiger Zeit die Anfragen für Saxophon und Querflötenunterricht gehäuft. Da Gurki sonst niemanden kannte, der diese königlichen Instrumente beherrschte, kam er schließlich auf mich. Mit einem Tag in der

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