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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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zucker-
und
herzkrank. Nun musste er sich regelmäßig Insulin spritzen, und außerdem wurden ihm mehrere Bypässe gelegt. Das war der Anfang vom Ende. Günter war gebrochen. Er rief nicht mehr an, und ich habe auch sonst nie wieder von ihm gehört. Meine immer bestens informierten
Tiffanys-
Kollegen wussten auch nichts. Mysteriös. Ein Mensch war plötzlich verschwunden.
    Eine andere Formation, in der ich häufiger mitspielte, war
C’est la vie
. Das Duo bestand aus Hartmut am Schlagzeug und Bernie an den Keyboards. Hartmut war mit seinen fünfzig Jahren immer noch ein Schrank von einem Mann. Der ehemalige Zeitsoldat war Hobbybodybuilder, rauchte und trank nicht und strotzte vor Gesundheit. «Mein einziges Laster sind die Frauen», sagte er mal. Bernie stellte das genaue Gegenteil dar. Ein Wrack, spindeldürr. Er rauchte wie ein Schlot, schüttete bei jeder Mucke erstaunliche Mengen braunen Schnaps (Weinbrand, Rum, Whiskey) in sich hinein und sah aus, als ob eine schwere Krankheitan ihm zehren würde. Ein Rätsel, wie er bei seiner Verfassung die anstrengenden Veranstaltungen überhaupt durchhielt. Hartmut und ich haben uns mal auf einer Hochzeit über seine Zukunftspläne unterhalten. Er erwartete schon ungeduldig den Auszahlungstermin zweier Lebensversicherungen. Dann könne er endlich mit der Tanzmusik aufhören. Hartmut deutete auf seinen etwas abseits stehenden Kompagnon: «Hoffentlich hält er noch so lange durch.»

Wachablösung
    Die Situation bei
Da Capo
spitzte sich immer mehr zu. Ich hatte mich bereits im zweiten Jahr in Folge geweigert, am Elternabend teilzunehmen. Dort wäre nämlich alles aufgeflogen; ich hätte meine Schüler ja schlecht chromatische Quarten oder halb verminderte Dreiklänge vorspielen lassen können. Aber auch so hatten sich meine rigiden Unterrichtsmethoden wohl herumgesprochen, die Fluktuation war atemberaubend. Kaum jemand hielt es länger als ein Jahr in meiner Folterkabine aus, manche strichen bereits nach ein paar Wochen wieder die Segel. Mein Schülerstamm war bedenklich geschrumpft, und leider hatte sich auch die sexy Maike offenbar anderen Dingen (
Typen
) zugewandt. Der kleine Michael war ohne Angabe von Gründen einfach nicht mehr gekommen. Lediglich ein neuer Altsaxophonist war nachgerückt. Er hieß Bernd
Pust
. Bernd
Pust
, Dr.
Vogel
, würden mich solche Namen mein ganzes Leben lang begleiten?
    Meine Wachablösung rückte immer näher. Der schöne Tobias gab sich keine Mühe mehr, seine Aversion gegen mich zu verbergen. Ich war schließlich dabei, sein Lebenswerk zu zerstören. Auch die anderen Lehrer begegneten mir zunehmend feindselig. Wahrscheinlich hatte Tobias sie aufgehetzt. Ein Schlachtfest kündigte sich an. Hätte ich nicht in Gurkis Gurkentruppe mitgespielt, wäre ich ohnehin schon längst gefeuert worden.
    Mein einziger Lichtblick blieb Busenmaike, die Montag für Montag treu und brav mit ihrem Altsaxophon anrückte, das meistens unausgepackt bis zum Ende der Unterrichtseinheit in der Ecke stand. Sie meinte es gut mit mir. Ihr Busen war riesig. Ich rätselte, ob er trotz ihrer jetzt bereits achtzehn Jahre auf geheimnisvolle Weise immer noch wuchs. Die erotische Stimmung verdichtete sich zusehends, irgendwann würden sexuelle Handlungen unausweichlich sein. Ich sah schon die Schlagzeile im Lüneburger Käseblatt:
Starsaxophonist der
Tiffanys
verführt im Unterricht minderjähriges Busenmodell
. Busenmodell. Herrlich. Zum Glück war Busenmaike die letzte Schülerin des Nachmittags. Manchmal schloss ich, wenn sie gegangen war, den Raum von innen ab und vergnügte mich noch mit einer Packung Taschentücher. Busen, Busen, Busen!
    Frau Kleinschmidt wurde mir ein immer größeres Rätsel. Was ich auch tat, es gelang mir einfach nicht, sie in die Flucht zu schlagen. Manchmal hatte ich den Verdacht, dass sie nur noch kam, um mich zu quälen. Ball paradox. Vielleicht war sie ja auch von Tobias engagiert worden, um mich zum Aufgeben zu bewegen. Jeden Montag erschien sie auf die Sekunde pünktlich zum Unterricht. Warum, warum nur? Es konnte ihr doch gar keinen Spaß machen. Nicht nur, dass ich der vermutlich schlechteste Lehrer der Welt war. Es hatte einfach keinen Sinn! Selbst wenn ein hervorragender Musikpädagoge ihr jeden Tag beim Üben assistiert hätte, mit Frau Kleinschmidt war einfach noch weniger als nichts los. Ich überlegte in diesen letzten Monaten nur noch, wie ich sie zum Aufgeben bewegen könnte, und da kam ich auf die Sache mit dem Metronom.
Tack tack

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