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Fleisch ist mein Gemüse

Fleisch ist mein Gemüse

Titel: Fleisch ist mein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Minuten brachte er seine ganze Wut auf mich verkommenes Miststück zum Ausdruck. Die Performance stimmte bis ins kleinste Detail. Der kleine Mann wuchs über sich hinaus. Alle haben Tränen gelacht, dabei war es bitterernst.
    Trotzdem glaubte ich, bei
Tiffanys
eine Arbeitsplatzgarantie auf Lebenszeit zu haben, und auch die Kollegen schienen seltsamerweise nach wie vor davon überzeugt, dass ich trotz meiner vielen Mängel unersetzbar war. Es gelang mir sogar noch, eine Reihe von Privilegien herauszuhandeln. Ich wurde vom Aufbau befreit und kam jetzt immer erst direkt zum Soundcheck. Wenn ich bei einer anderen Mucke mehr verdienen konnte, spielte ich den besser dotierten Job, und
Tiffanys
arbeitete in der Viermannbesetzung. Den Veranstaltern wurde gesagt, ich wäre krank geworden. Eine elende Lügerei. Nachdem ich wieder einmal kurzfristig abgesagt hatte, kam es, wie es kommen musste: Ein Veranstalter bestand auf Saxophon. Gurki fragte den verschlagenen Marek, der wahrscheinlich schon lange in den Startlöchern gewartet hatte. Endlich war es so weit. Er hatte sich als Lehrer bei
Da Capo
hervorragend eingeführt und würde auch diese Chance nützen: Er wollte meinen Job! Der Ungar warein Routinier und fügte sich auch menschlich hervorragend ein. Schleimschleimschleim. Jaja. Die Kollegen rieben mir von da an oft unter die Nase, wie professionell Marek doch sei. Pünktlich, fleißig, zuverlässig, sauber, ordentlich und immer gut gelaunt, fast wie ein Deutscher! Außerdem war er stets einwandfrei rasiert, hatte blank geputzte Schuhe, immer ein frisches Hemd an, und er aß sehr gern Spiegeleier.

Das weiße Hemd
    Das Ehepaar Schlüter gehörte zu den wohlhabendsten Bürgern Lüneburgs und gedachte seine Silberhochzeit in entsprechend großem Stil zu feiern. Das Fest fand selbstverständlich im ersten Haus am Platze statt; alles, was in Lüneburg Rang und Namen hatte, war eingeladen. Gurki hatte immer noch keinen Rang und Namen und durfte daher lediglich zum Tanz aufspielen. Natürlich wurden von der Band absolut untadeliges Verhalten, Spielfreude und perfektes Aussehen erwartet. Ich wurde von meinen Kollegen – nicht zum ersten Mal – aufgefordert, doch zur Abwechslung mal mit einer sich in einwandfreiem Zustand befindenden Garderobe zu erscheinen. Sie meinten es diesmal offenbar wirklich ernst, und ich ließ den weißen Smoking spezialreinigen. Als ich dann am Samstag meinen Kleidersack packte, stellte ich fest, dass ich vergessen hatte, meine Hemden mit aus der Reinigung abzuholen.
Ohneinohneinohnein!
Im Kleiderschrank hing nichts, noch nicht einmal ein normales weißes Hemd ohne Vatermörderkragen. In meiner Verzweiflung durchwühlte ich die Schmutzwäsche und fand dort ein Hemd, das als solches allerdings kaum noch erkennbar war. Völlig zerknittert, der Kragen innen fettig-schwarz und außen nikotingelb. Zwei Knöpfe fehlten, doch das Schlimmste war ein riesiger Blutfleck auf der linken Manschette. Ich hielt den Putzlappen gegen das Licht und bekam einen Schweißausbruch.Eine Katastrophe. Die Kollegen würden mich wie eine Katze ersäufen. 300 geladene Gäste! Fips Asmussen als Stargast! Verzweifelt versuchte ich, wenigstens den Kragen notdürftig zu säubern, doch der Schmutz hatte sich bereits derart tief in den Stoff gefressen, dass alle Mühe vergebens war. Mir blieb schließlich nichts anderes übrig, als es auf einen Bügel zu hängen und sorgfältig hinter dem zum Glück strahlend weißen Anzug zu verstecken. Als ich ankam, rückten die Kollegen gerade die bescheuerte Paulchen-Panther-Jalousie zurecht. Das Bühnenbild sollte heute perfekt sein!
    «Moin Heinzer, wo geiht?»
    «Och, ganz gut so weit.»
    «Nun guck sich einer Heinzer an. Er hat sich tatsächlich rasiert. Noch ist Deutschland nicht verloren!»
    Nach dem Soundcheck kam der entscheidende Moment.
    «So, meine Herren, um achtzehn Uhr ist Spielbeginn, umziehen.»
    Ich hatte mir auf der Fahrt eine feine Taktik zurechtgelegt, wie ich eventuell doch noch heil davonkommen konnte. Mein Plan war, unter dem Vorwand, etwas vergessen zu haben, auf die Bühne zu gehen. Ich würde mich irgendwo verstecken und so lange warten, bis die Kollegen in voller Montur die Garderobe verließen. Dann huschhusch zurück und mich unbeobachtet umziehen. Den blutverschmierten Ärmel würde ich einfach in das Sakko stopfen, scheiß auf die Manschettenknöpfe, und in den Pausen müsste ich mich eben sofort in einen schlecht ausgeleuchteten Winkel der Bühne verziehen. Das

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