Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
sagen konnte, wandte sich George ab und verschwand in der einsetzenden Dunkelheit. Claire schloss die Tür hinter ihm und blieb noch einen Moment wie angewurzelt stehen, ehe sie zum Tisch zurückkehrte.
Dann machte sie dort weiter, wo sie vorhin aufgehört hatte. Der einzige Unterschied war, dass sie diesmal über das gesamte Gesicht strahlte.
Das Reinigen der Waffe ging ihr leicht von de r Hand, obwohl sie es schon seit Jahren nicht mehr gemacht hatte. Sie kannte jedes Bauteil, wusste wie man es zerlegte und worauf man besonders achten musste. S ie war derart darin vertieft, dass sie alles um sich herum vergaß. Während ihre Hände mit der Bürste und dem Waffenöl beschäftigt waren, kreisten ihre Gedanken unablässig um George.
Umso mehr fuhr sie zusammen, als plötzlich ein Poltern durch den Raum halte. Ein dumpfer Laut, der sich anhörte, als hätte jemand einen Ziegelstein gegen die Außenwand der Hütte geworfen. Claire dachte zunächst an eine Windböe, die vielleicht an den Fensterläden zerrte und dadurch das Geräusch erzeugte. Als sie aus dem Fenster blickte, konnte sie jedoch sehen, dass es draußen windstill war. Die Schneeflocken rieselten beinahe sen krecht zu Boden.
Noch bevor sie dazu kam, sich zu fragen, was das zu bedeuten hatte, erklang das Geräusch erneut. Ein heftiges Poltern. Doch dieses Mal gelang es Claire , seinen Ursprung zu lokalisieren:
Es kam von der Eingangstüre.
„Ist da jem...“
Doch sie kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Die Türe wurde mit einer solchen Wucht aufgestoßen , dass sich die Angeln im Rahmen verbogen.
Gleich darauf erkannte Claire eine dunkle Gestalt, die im Tür bogen stand und sie musterte.
Trotz der Gluthitze des Kamins war ihr Herz in diesem Augenblick zu einem Eisblock erstarrt.
Unfähig sich zu regen starrte sie zur Türe, währen d die Gestalt langsam auf sie zukam. Schritt für Schritt näherte sie sich ihr.
Ihre Füße schlurften dabei über den Boden und jeder ihrer Schritte war von einem gespenstischen Rascheln begleitet.
Klirr, Klirr, Klirr...
79 .
Bishop legte ein ordentliches Tempo vor, obwohl er sich schon seit Jahren nicht mehr in einem solchen Terrain bewegt hatte. Doch das war auch nicht nötig , dacht e er. Immerhin war er in Montana aufgewachsen, in einem Kaff am Fuße der Rockys.
Seine gesamte Kindheit und Jugend hatte er damit verbracht, durch die Wälder zu streifen und auf die Berge zu klettern. I n einer ähnlichen Umgebung wie dieser hatte er die Grundzüge all dessen verinnerlicht, was ihn später in seinem Leben zu einem ausgezeichneten Soldaten gemacht hatte:
Er hatte gelernt zu jagen, zu schießen und selbststä ndige Entscheidungen zu treffen. E n tscheidungen, von denen manchmal sogar sein Leben abhing.
Alles, was er später bei den Marines g elernt hatte, war nur ein Feinschliff gewesen, mit dem sein vorhandenes Potenzial in die richt ige Richtung gelenkt worden war.
Sein Beruf war daher seine Berufung. Daran gab es für ihn überhaupt keine Zweifel. Alles was er tat, entsprang den unergründlichen Tiefen seines Bewusstseins. Er musste nicht nachdenken, alle Entscheidungen flogen ihm zu. S ein Instinkt war es gewesen , der dafür gesorgte hatte, dass er auch völlig aussichtslose Situationen gemeistert hatte, ohne Schaden zu nehmen .
Panama, Kolumbien, Afghanistan, Somalia, Bosnien und Irak – all diese Stationen seines Lebens hatte er überstanden, ohne mehr davonzutragen, als nur ein paar Kratzer . Sein Instinkt hatte ihn besch ützt und dafür gesorgt, dass er noch immer am Leben war, während viele seiner ehemaligen Kameraden in irgendwelchen Gräben verblutet waren.
Und genau in diesem Augenblick meldete sich wieder sein Instinkt zu W ort und sagte ihm, dass es ein Fehler gewesen war , Whitman nicht gleich nach dem Unfall zu erledigen. Ihm gleich eine Kugel in den Kopf zu jagen und dieses Kapitel ein für alle Mal zu schließen. Es war nur ein kurzer Impuls, der d ur ch seine Gedanken rauschte.
Doch ehe er sich darauf besinnen konnte, nahm ein anderer Sinneseindruck überhand und sorgte dafür, dass er sämtliche Zweifel fahren ließ. Nicht nur im Bezug auf Whitman, sondern im Hinblick auf die gesamte Operation.
Denn in etwa drei hundert Metern Entfernung erkannte er die Umrisse einer Hütte. Sie lag am Fuße einer kleinen Erhebung, inmitten einer Lichtung, die zur einen Seite abfiel. Das allein hätte noch nicht gereicht, um sämtliche Zweifel zu verwerfen. Doch selbst aus dieser Entfernung
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