Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
sie sich daran , die Rucksäcke zu leeren und deren Inhalt im Keller zu verstauen. Die Eintönigkeit der Arbeit sorgte schnell dafür, dass sie ihre Sorgen vergaß.
Und das ist auch gut so, dachte sie. Denn immerhin hatten sie es geschafft. Sie hatten die Hütte erreicht und alles war letztendlich viel einfacher verlaufen, als sie angenommen hatte. Jetzt mussten sie nur ausharren und darauf warten, dass die Dinge wieder ins Lot kamen.
Bei diesem Gedanken hielt Claire inne und überlegte. Wie lange würde es wohl dauern, bis die Dinge wieder ins Lot kamen?
Zwei Wochen vielleicht? Vier?
Würde ihr Leben jemals wieder normal werden? Und was würde in der Zwischenzeit mit Amanda geschehen ?
Noch bevor sie diesen Zweifeln auf den Grund gehen konnte, streckte George den Kopf durch die Bodenluke hinab in den Keller und sah sie an.
„Alles in Ordnung da unten?“, fragte er.
„Ja“, sagte Claire, „ich bin schon fast fertig. Wenn wir gut mit den Vorräten h aushalten, dann dürften wir es bis zum Frühling hier oben aushalten.“
George kniff die Augen zusammen und bedachte sie mit einem übertrieben kritischen Blick, von dem Claire gleich wusste, dass er nicht ernst gemein t war. Sie konnte nicht anders - sie musste l ächeln.
„ Ich bin froh, wenn es für die nächsten vier Wochen reicht“, sagte George.
„Na ja, ich habe da noch ein Ass im Ärmel.“
„Wie meinst du das?“
Anstatt zu antworten, ging Claire in die Hocke und zog eine Holzkiste unter dem letzten Regalboden hervor. Sie war länglich und sah etwas angestaubt aus. Doch bereits anhand des Gewichtes wusste Claire, dass ihr Vater noch eine Regel befolgt hatte, bevor er zum letzten Mal die Jagd beendet hatte.
Eine der wichtigsten Regeln überhaupt ...
Claire nahm den Deckel ab und gew ährte Geor ge einen Blick auf den Inhalt der Kiste .
Erst dann bli ckte sie wieder zu George hinauf, in dessen Gesichtsausdruck die unterschiedlichsten Emotionen miteinander rangen.
„ Wir können auch jagen“, sagte Claire.
George erwiderte nichts, sondern grinste nur. Sein Blick blieb dabei starr auf den Gegenstand in der Kiste gerichtet.
Es war ein Jagdgewehr Marke Ruger Mini mit montiertem Objektiv. Daneben lagen mehrere Patronenschachteln und ein komplettes Reinigungsset.
Der Geruch von Waffenöl breitete sich im Keller aus und verriet Claire, dass ihr Vater die Waffe ordentlich gereinigt hatte, um sie vor Rost zu schützen. Er hatte ganze Arbeit geleistet und nichts dem Zufall überlassen.
Alles lief nach Plan, dachte Claire in diesem Augenblick.
Dabei wusste sie nicht, dass die Dinge bald komplett aus dem Ruder laufen würden.
Sehr bald sogar.
77.
„Was ist das?“, fragte Whitman, ohne den Blick von dem Gegenstand in Bishops Hand zu nehmen.
Bishop wusste, dass es wahrscheinlich keinen besseren Zeitpunkt gegeben hätte, um Whitman kalt zu machen. Immerhin war er immer noch durcheinander wegen des Unfalls und der Geschehnisse davor. Trotzdem sah er davon ab. Der Hauptgrund dafür war, dass er nicht dumm genug war, sein Glück ein weiteres Mal auf die Probe zu stellen.
Denn wenn es bei der Hütte zu unerwarteten Schwierigkeiten kommen sollte, dann war es von Vorteil einen zusätzlichen Mann dabei zu haben, der gut mit dem Gewehr umgehen konnte. Deswegen hatte er beschlossen, Whitman zumindest so lange am Leben zu lassen, bis die Sache endgültig gelaufen war.
Für einen kurzen Augenblick huschte der Schatten eines Zweifels durch Bishops Gedanken und trübte seine Vorfreude. Für den Bruchteil einer Sekunde fragte er sich, warum er überhaupt derart erpicht darau f war, seinen Partner zu töten.
Zugegeben , dachte er, er konnte ihn nicht ausstehen und ebenso wenig konnte er ihm trauen. Whitman war eine Schlan ge, mit der nicht zu s paßen war. Doch war das allein Rechtfertigung genug ihn ein für alle Mal loszuwerden?
Es war nur ein kurzes Aufblitzen der Vernunft, das durch seine Gedanken rauschte. Dann überwog wieder jener Teil seines Bewusstseins, der für derartige Bedenken nicht zugänglich war. Jener Teil, der sein eigenes Handeln nicht reflektierte und deswegen auch keine Rechtfertigungen brauchte. Diesem Teil seiner Persönlichkeit verdankte Bishop nicht nur seinen kometenhaften Aufstieg innerhalb der Organisation, sondern auch die Tatsache, dass er noch am Leben war. Immer wenn es hart auf hart gekommen war, hatte dieser Teil das Ruder in die Hand genommen und dafür gesorgt, dass alles nach Plan verlief.
Und auch dieses Mal
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