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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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noch weiter, und er lachte nervös, und ich verlangsamte auf achtzig. Er sagte: »Vom aufsässigen Teenager zur Stripperin und Nutte. Viele Frauen in dem Gewerbe sind in ihrer Jugend sexuell missbraucht worden.« Er lachte erneut. »Wem zum Teufel erzähle ich das?«
    »Falls ihr Vater sie missbraucht hat, wird er es mit Sicherheit jetzt nicht zugeben.«
    »Mal sehen, wie er auf all das reagiert - und das lieber früher als später. Er mag ja ein Blödmann sein, aber als ihr Vater hat er schließlich ein Anrecht darauf, benachrichtigt zu werden.«
    »Falls du ihn finden kannst.«
    »Warum sollte ich ihn nicht finden?«
    »Er hat Lauren und ihre Mutter vor Jahren im Stich gelassen und wieder geheiratet. Manchmal laufen Männer, die weglaufen, weit weg.«
    Er fischte das Mobiltelefon aus seiner Tasche. »Lyle Teague?«
    »Er dürfte um die fünfzig sein.«
    Er begann Nummern einzutippen. Auf der Überholspur war etwa eine Meile weit kein Auto zu sehen, und ich gab noch einmal Gas. Milo sagte: »Haben Sie Erbarmen mit meinem Mastdarm, Dr. Daytona«, und wieder nahm ich den Fuß vom Gaspedal.
    Einen Augenblick später hatte er Lyle Teagues Adresse. »Reseda. Anscheinend wohnt jeder im Valley.«
    »Lauren hat in der Stadt gewohnt.«
    »Yeah«, sagte er. »War vielleicht kein Zufall. Sie hat Distanz zu Mom und Dad gewahrt.«
    »Oder sie wollte näher bei der Uni sein.«
    »Warum hat sie dann nicht auf der Westside gewohnt?«
    »Mehr Spaß für weniger Miete«, erwiderte ich.
    »Apropos«, sagte er, »hast du eine Ahnung, wie sie ihre Miete verdient hat?«
    »Salander gegenüber hat sie von Kapitalanlagen geredet, ist aber nie ins Detail gegangen.«
    »Eine Studentin mit Kapitalanlagen«, sagte er. »Erzähl mir alles, was du über sie weißt, Alex. Von Anfang an. Die ausführliche Version.«
     
    Der Tod setzt der Vertraulichkeit ein Ende. Von dieser Beschränkung befreit, hielt ich mit nichts zurück. Viel Vertrauliches hatte ich ohnehin nicht mitzuteilen. Die Therapie mit Lauren hatte so wenig erbracht, und die Wiederholung machte überdeutlich, wie wenig ich erreicht hatte. Als ich auf Phil Harnsbergers Party zu sprechen kam, wurde meine Stimme lauter, schneller. Milo hielt seinen Blick auf das Notizbuch gerichtet, blickte nur auf, als der Ventura Freeway auftauchte und ich vergaß, nach rechts hinüberzufahren. Als ich meinen Irrtum bemerkte, setzte ich quer über drei Spuren, während er sich verkrampfte und die Armlehne packte. Meine Stoßdämpfer protestierten, als ich gerade noch die nach Osten führende Abfahrt erwischte; ich fuhr noch zwei Meilen weiter, bevor ich den Ventura am Van Nuys verließ und das Südende des Valleys angenehm still vorfand.
    Er sagte: »Nun ja, das hat meinen Pulsschlag beschleunigt. Da kann ich mir die Tretmühle sparen.«
    »Wann hast du denn das letzte Mal ein Fitnessstudio von innen gesehen?«
    »Irgendwann im Pleistozän. Als ich und all die anderen Neandertaler Granitklötze gestemmt haben.«
    Ich blieb auf dem Van Nuys bis zur Valley Vista, bog nach links ab, fand die Devana Terrace und ließ den Seville langsam rollen, während ich nach Jane Abbots Hausnummer Ausschau hielt.
    Dunkle Straße. Hübsche Straße. Ich beendete den Bericht über Laurens Striptease und erzählte von dem Wiedererkennen, das so ansteckend gewesen war wie ein Virus.
    Milo wollte nicht den Beichtvater spielen, schwenkte abweisend seinen Kuli und sagte: »Erinnerst du dich an den Namen des anderen Mädchens?«
    »Michelle.«
    »Michelle, und weiter?«
    »Hat Lauren nicht erwähnt.«
    »Dasselbe Alter wie Lauren?«
    »Ungefähr. Auch etwa dieselbe Größe. Dunkelhaarig, vielleicht hispanischer Abstammung.«
    »Blonde und Brünette«, sagte er, und ich wusste, was er dachte: Jemand hatte ein aufeinander abgestimmtes Paar für den Abend bestellt.
    Wie weit waren Lauren und Michelle noch gegangen, nachdem ich verschwunden war?
    »Hat irgendjemand den Namen der Firma erwähnt, für die sie gearbeitet haben?«, fragte er.
    »Nein. Und selbst wenn du die Burschen findest, die die Party organisiert haben, bezweifle ich, dass sie irgendwas zugeben. Wir reden von Professoren und Finanztypen der medizinischen Fakultät, und das Ganze war vor vier Jahren.«
    »Vor vier Jahren wäre genau der Zeitraum, in dem Lauren für Gretchen Stengel gearbeitet hat. Demnach hatte Gretchen vielleicht nebenbei auch einen Party-Service.«
    »Wo ist Gretchen?«
    »Keine Ahnung. Sie hat ein paar Jahre wegen Geldwäsche und

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