Fleisch und Blut
meine Technik hätte Sie angelockt. Nun ja, ich kann's Ihnen bestimmt nicht sagen. Lauren und ich - unsere Wege haben sich getrennt. Ich dachte, sie würde es bringen. Damals, als wir zusammen getanzt und gearbeitet haben, dachte ich immer, sie hätte eine bessere Chance, es zu schaffen.«
»Wieso?«
»Erstens war sie, wie gesagt, klug. Zweitens ist sie nie richtig drogenabhängig geworden. Und auf Männer hat sie auch nie gestanden. Sie hatte nie einen festen Begleiter, einen Typ, der sie in die Finger bekommen hätte. Um die Wahrheit zu sagen, sie war im Grunde eine Art Nonne - wissen Sie, was ich meine?«
»Kein Party-Girl«, sagte Milo.
»Kein Party-Girl«, wiederholte Michelle. »Auch wenn sie bei einer Party mitmachte, war sie mit dem Kopf ganz woanders, wissen Sie? Es war, als ob es ganz egal wäre, was wir machten - und wir haben einigen Scheiß gemacht, das können Sie mir glauben -, bei ihr war es so ... als täte sie etwas, aber in Wirklichkeit täte sie es doch nicht, wissen Sie?«
»Distanziert«, sagte ich.
»Yeah. Zunächst hat es mich geärgert. Ich machte mir Sorgen, einem Kunden könnte es auffallen und das würde die ganze Sache zum Kippen bringen - die Fantasie zerstö zerstören, wissen Sie? Weil alles, was sie wollen - die Kunden -, ist: fünf Minuten lang Gott zu sein. Und ich wusste, Lauren dachte - egal was sie gerade tat -, dass jeder Einzelne von den Kunden ein Stück Scheiße war. Zunächst dachte ich, sie wäre ein hochnäsiges Biest und der Ansicht, dass sie zu gut dafür ist, wissen Sie? Dann begriff ich, dass es nur ihre Methode war, die Nacht zu überstehen, und dafür habe ich sie schließlich respektiert. Und hab es selbst ausprobiert.«
Sie warf ihre Haare nach hinten. »Distanz zu wahren. Ich hab's nie hingekriegt. Nicht ohne chemische Hilfe. Deshalb hab ich Lauren bewundert, als wenn sie ein besonderes Talent hätte. Als wenn sie es noch weit bringen würde. Und jetzt sehen Sie sich das an.«
Sie musterte mich eingehend. »Sie sind kein Cop.«
Ich warf Milo einen Blick zu. Er nickte.
»Ich bin Psychologe. Ich kenne Lauren von früher.«
»Oh«, sagte sie. »Sie sind - wie heißen Sie noch gleich - Del-irgendwas?«
»Delaware.«
»Ja, sie hat von Ihnen geredet, sie sagte, sie hätten versucht ihr zu helfen, als sie ein Kind war, aber sie wäre zu verkorkst gewesen, um die Therapie bei Ihnen zu machen. Ist sie wieder zu Ihnen gegangen? Sie sagte, sie würde es sich überlegen.«
»Wann war das?«, fragte ich.
»Als ich sie das letzte Mal sah - vor fünf Monaten.«
»Nein, das hat sie nicht getan. Ihre Mutter rief mich an, als sie vermisst wurde.«
»Vermisst?«
»Sie war eine Woche verschwunden, bevor wir sie fanden«, erklärte Milo. »Hat ihren Wagen stehen lassen, kein Gepäck mitgenommen, niemandem was gesagt. Sieht so aus, als wäre sie mit jemandem verabredet gewesen, der unangenehm wurde. Haben Sie eine Ahnung, wer das sein könnte?«
»Ich dachte, sie hätte den Job aufgegeben.«
»Hat sie Ihnen das erzählt?«
»Yeah, sie sagte, sie wäre wieder aufs College gegangen, wolle Seelenklempnerin werden. Ich hab gesagt: ›Mädchen, du siehst jetzt schon wie 'ne Yuppiebraut aus, also spar dir die Mühe‹, und sie hat gelacht. Dann hab ich ihr gesagt, sie soll weiter studieren, und wenn sie rausbekommen hat, warum Männer so gestört sind, sollte sie mir Bescheid sagen.«
»Sie und Lauren müssen einige richtige Herzchen kennen gelernt haben«, sagte Milo. »Damals, als Sie gearbeitet haben.«
»Man vergisst sie«, sagte Michelle. »Gesichter und Schwänze - ein großes Bild, das man zerreißt und wegschmeißt. Ich hab mehr fette Ärsche und Kugelbäuche gesehen, als gut für mich war.«
»Wie war es, für Gretchen zu arbeiten?«
»Gretchen.« Ihr Gesicht verhärtete sich. »Gretchen hat kein Herz. Sie hat mich gefeuert - von mir werden Sie kein gutes Wort über sie hören.«
»Was ist mit gefährlichen Typen, Michelle? Kunden, mit denen Sie kein zweites Mal zu tun haben wollten?«
»Jeder ist gefährlich, unter gewissen Umständen.«
»Sind Sie und Lauren jemals nur knapp mit heiler Haut davongekommen?«
»Wir? Nee. Es war langweilig: Knieschoner mitbringen und so tun, als würde man gern schlucken, immer dieselbe alte Leier. Die Typen denken lassen, sie wären am Drücker - dabei wussten wir, wie erbärmlich sie waren.«
»Warum hat Gretchen Sie gefeuert?«, fragte Milo.
»Sie behauptete, ich wäre nicht zuverlässig. Ich war ein paar Mal zu
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