Fleisch und Blut
ist unser Feind. Nichts von dem, was Lauren für uns getan hat, hätte möglicherweise zu ihrem Tod führen können. Außerdem wurde ihre Identität immer vertraulich behandelt.«
»Aber die Teilnehmer an dem Experiment erfuhren, dass sie sie hereingelegt hatte.«
»Ja, aber Laurens Name und ihre persönlichen Daten wurden immer vertraulich behandelt.« Sein Kinn bebte. »Ich kann einfach nicht glauben, dass sie ... nicht mehr da ist.«
»Erzählen Sie mir mehr über diese Untersuchung, Sir.«
»Nichts davon könnte in irgendeiner Weise für Sie von Bedeutung sein.«
»Sir, das hier sind Ermittlungen in einem Mordfall, und ich muss über die Aktivitäten des Opfers Bescheid wissen.«
Das Wort Opfer ließ Dugger zusammenzucken. Auf seiner Stirn stand Schweiß, und er wischte ihn mit dem Ärmel seines Hemdes ab.
»Lauren«, sagte er. »Es ist so ... Das ist schrecklich, einfach schrecklich.« Er rutschte in seinem Sessel herum, spielte mit seiner Brille. Starrte mich an, und seine Augen wurden zu Schlitzen. »Bei der Untersuchung, an der Lauren beteiligt war, geht es unter anderem um die Geometrie des persönlichen Raums. Wie Leute sich in verschiedenen interpersonalen Situationen konfigurieren. Wenn der Kunde beispielsweise eine Kosmetikfirma ist, ist er vielleicht an Informationen über die Geometrie von Bereichen interessiert, in denen sich das Individuum sicher fühlt.«
»Wie nahe die Leute sich kommen«, sagte Milo.
»Wie nahe die Leute sich kommen, wenn sie sich in unterschiedlichen sozialen Situationen befinden. Wie Leute aufeinander zugehen.«
»Männer und Frauen?«
»Männer und Frauen, Frauen und Frauen, Männer und Männer, welchen Einfluss Faktoren wie Alter, kulturelle Herkunft, Ablenkungen, physische Attraktivität haben. Das war der Punkt, wo Lauren ins Spiel kam. Sie war sehr schön und fungierte daher als unsere Attraktivitäts-Konföderierte.«
»Sie wollten wissen, ob Typen näher an gut aussehende Frauen herangehen als an hässliche?«
»So einfach ist es nicht.« Dugger lächelte schwach. »Ja, ich nehme an, im Grunde geht es darum.«
»Wie kam es dazu, dass Sie Lauren engagierten, Sir?«
»Sie hat auf eine Anzeige in der Campuszeitung reagiert. Die Anzeige war eigentlich geschaltet worden, um Probanden anzuwerben - wir wollten eine Modelagentur benutzen, um an Konföderierte heranzukommen -, aber als wir Lauren sahen, dachten wir uns, dass sie die Anforderungen vielleicht erfüllt.«
»Wir?«
»Meine Mitarbeiter und ich.« Dugger blickte gequält drein. Der Himmel hinter ihm wurde dunkler, färbte den Ozean schwarz und sein Gesicht grau.
»Wegen ihres Aussehens«, sagte Milo.
»Nicht nur ihr Aussehen«, erwiderte Dugger. »Es lag auch an ihrer Haltung und ihrer Intelligenz. Sie war so gescheit. Zu dem Experiment gehört, dass man einem komplexen System von Anweisungen folgt, die von Situation zu Situation variieren.«
»Anweisungen wozu?«
»Welche Position man in einem Raum einnimmt, die Dauer einer Haltung, was man sagen soll, was man nicht sagen soll, nonverbale Hinweise. Es gibt auch so etwas wie ein Drehbuch - wenn der Proband eine Sache sagt, sagen Sie eine andere. Wann man nicht sprechen soll. Wir benutzen einen besonderen Raum mit Gittersensoren im Fußboden, die mit unseren Computern verbunden sind, damit wir Platzierungen und Bewegungen direkt verfolgen -« Dugger brach ab. »Das wollen Sie nicht hören.«
»Das wollen wir allerdings«, sagte Milo.
»Das ist alles, wirklich. Lauren war attraktiv, extrem gescheit, in der Lage, Anweisungen zu befolgen, motiviert, pünktlich.« Duggers Blick wanderte zur Decke und wieder zurück. Seine rechte Hand glitt über seine linke, und beide Knie begannen zu wippen.
»Inwiefern motiviert?«
»Sie äußerte ein Interesse an Psychologie. Sie dachte darüber nach, Psychologie zu ihrem Beruf zu machen.«
»Darüber hat sie mit Ihnen geredet?«
»Während des Bewerbungsgesprächs erwähnte sie etwas in der Richtung«, antwortete Dugger. Noch ein Blick nach oben. Ein Mann mit Duggers Ausbildung hätte rein verstandesmäßig über die verräterischen Anzeichen von Ausflüchten Bescheid wissen müssen, aber das hielt ihn nicht davon ab. Seine Knie wippten schneller, und auf seiner Oberlippe bildeten sich kleine Schweißperlen.
Milo schrieb etwas auf, wandte seinen Blick nicht von dem Notizbuch ab. »Also haben Sie im Wesentlichen Lauren in diesen computerüberwachten Raum gesetzt und gemessen, wie Männer auf sie
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