Fleischessünde (German Edition)
später.“
„Was genau willst du von mir?“
„Du erinnerst dich doch an das Video, das Dagan uns gezeigt hat? Darauf waren sehr spezielle Messer zu sehen.“
„Ja, mit schwarzen Klingen. Obsidian anscheinend, vulkanisches Glas.“
„Erraten.“ Malthus schaute auf das Messer mit der schwarzen Klinge, einer der beiden Gegenstände, die vor ihm im Safe lagen. Es hatte auf dem Video noch ein zweites Messer dieser Art gegeben, aber das lag hier nicht. Auch nicht woanders in der Wohnung, die Malthus gründlich durchsucht hatte.
„Bist du noch da?“, erkundigte sich Alastor.
„Bin ich. Und eines jener beiden Messer auch.“ Malthus horchte auf. Aus der Ferne drang der Klang von Polizeisirenen an sein Ohr. Der Safe war mit keiner Alarmanlage versehen. Also musste das zerbrochene Fenster einem Nachbarn oder Passanten aufgefallen sein, der dann die 911 gerufen hatte. Malthus ratterte die Adresse von Kuznetsovs Wohnung herunter und beschrieb seinem Bruder das Versteck des Safes. „Sei darauf gefasst, dass du dich an ein paar Cops vorbeischlängeln musst. Sie werden gleich hier sein, um ein zerbrochenes Fenster zu untersuchen“, fügte er hinzu.
„Warum steckst du das Messer nicht selbst ein?“
„Ich mach mich gleich auf die Jagd und möchte das gute Stück nicht in irgendeinem Handgemenge verlieren.“
„Jagd? Aha.“ Alastor klang leicht amüsiert. „Interessant.“
„Was ist daran interessant?“
„Nichts. Nur dass sich Dagan neulich so ähnlich ausgedrückt hat.“
„Und was hat er gejagt?“
„Roxy Tam. Wer ist es denn bei dir?“
Malthus zog es vor, nicht darauf zu antworten, und beeilte sich, das Gespräch zu beenden. Er betrachtete den Dolch genauer. Der Griff war aus Stahl, kunstvoll gearbeitet mit einem Drachenkopf am Ende. Der Griff selbst sah aus wie von Schuppen überzogen. Malthus war kein Experte auf diesem Gebiet, aber er wagte die Vermutung, dass das ein ziemlich altes Stück war und aus Japan stammte.
Er atmete einmal tief durch. Er hatte kürzlich das Vergnügen gehabt, Izanami, die japanische Totengöttin, zu treffen. Er hattesie in ihrem Unterweltreich besucht, und Izanami war ihm recht sympathisch gewesen. Umso mehr, als sie anschließend Alastor und dessen Freundin Naphré wieder aus ihrer Gewalt entlassen hatte.
Malthus hatte also allen Grund zu hoffen, dass Izanami nichts mit diesem Dolch und nichts mit dem Mord an Lokan zu tun hatte. Er wollte sie um keinen Preis zur Feindin haben. Dennoch war die Herkunft des Messers ein Indiz, das man nicht einfach unter den Tisch fallen lassen konnte.
Der zweite Gegenstand im Safe war eine Kartusche, eine hieroglyphische Darstellung von Götter- und Königsnamen aus altem Rotgold. Malthus wunderte sich, denn eigentlich gehörte diese Kartusche gar nicht in das Haus eines Priesters des Sutekh-Kults. Es war nämlich nicht Sutekhs, sondern Isis’ Name, der sich darauf befand.
Malthus fluchte laut vor sich hin. Die Reihe der Verdächtigen wurde immer länger. Da waren die Setnakhts, Xaphan und seine Bräute hatten sich schon eingemischt, da gab es Verräter in Sutekhs eigenen Reihen, den Hinweis auf Izanami durch den Obsidiandolch und jetzt auch noch eine Kartusche der Isis.
Dass sich diese beiden Gegenstände im Besitz eines Setnakht-Priesters befanden, machte die Angelegenheit nur noch verwickelter. Wenn eine der Isistöchter mit Kuznetsov gemeinsame Sache machte, konnte sie nur eine Verräterin sein. Statt Antworten zu finden, wie Malthus gehofft hatte, tauchten immer mehr Fragen auf.
Er nahm die Kartusche an sich, steckte sie in die Hosentasche und legte den Dolch in den Safe zurück, damit Alastor ihn dort fand, wie sie es besprochen hatten. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, zerstörte er die Elektronik, mit deren Hilfe der Safe sich öffnen ließ. So war sichergestellt, dass niemand außer Alastor an den Dolch herankam, denn sein Bruder war stark genug, um die Tür einfach herauszureißen. Dazu waren nur die allerwenigsten imstande.
Anschließend bastelte er aus dem Priestertalar eine provisorische Halterung für das Schwert, das Calliope zurückgelassen hatte, und band es sich auf den Rücken, so ähnlich wie sie es getragen hatte.
Er war sicher, dass Calliope ihr kleines Spielzeug gern zurückbekommen würde. Malthus überlegte noch, welchen Preis er dafür verlangen sollte. So viel stand fest: Billig ließ er sie nicht davonkommen. Darauf konnte er sich jetzt schon freuen.
6. KAPITEL
Isis beschützt mich. Ich
Weitere Kostenlose Bücher