Fleischessünde (German Edition)
ihn scharf. Er hatte diese Reaktion schon gespürt, als er sie dabei beobachtet hatte, und er konnte es sich nicht erklären. Erst recht nicht, nachdem sie ihn anschließend an die Wand genagelt hatte. Anscheinend hatte er gerade nicht das glücklichste Händchen bei Frauen.
Mit einem unterdrückten Stöhnen hob er das Handtuch auf, das Kuznetsov zurückgelassen hatte. Er faltete es zu einem festen Polster zusammen und presste es sich gegen die Wunde. Sie würde wieder heilen – darum brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Jede dieser Blessuren tat weh, keine Frage, aber sie heilten alle, und das in kürzester Zeit.
Es war schon etwas Merkwürdiges um diese Calliope Kane. Normalerweise hatte Malthus mit Frauen nicht die geringsten Probleme. Selbst mit solch spröden und hochgefährlichen Damen wie Xaphans Bräuten konnte er eine Menge Spaß haben. Wenn du es an der richtigen Stelle tust, lassen sie sich alle streicheln wie ein Kätzchen, das war seine Devise. Ganz anders verhieltes sich jetzt allerdings mit seiner neuen Bekannten. Mit ihr hatte er noch kein bisschen Spaß gehabt, und zähmen ließ sich diese Widerspenstige offenbar auch nicht. Malthus’ sonst so unfehlbare Tricks funktionierten bei ihr nicht. Hätte er nicht so ein unerschütterliches Selbstvertrauen, hätte er erste Zweifel an seinen Verführungskünsten bekommen. Aber so leicht ließ er sich nicht erschüttern.
Er trat auf einen begehbaren Kleiderschrank zu und durchforstete den Inhalt. Unter anderem fand er – wie um dem Klischee Genüge zu tun – einen Talar aus schwarzer Seide. Malthus verkniff sich das Lachen, denn das hätte die Schmerzen nur noch verschlimmert. Er zog den Umhang vom Bügel. Genau so etwas konnte er gebrauchen.
Er wollte sich schon wieder abwenden, als sein Blick auf eine Kommode fiel. Die unteren Fächer enthielten nur Unterwäsche, Socken und Taschentücher in allen Regenbogenfarben. Die oberste flache Schublade sah am interessantesten aus. Malthus pfiff leise durch die Zähne, als er auf einer Samtunterlage eine ganze Kollektion teuerster Armbanduhren entdeckte. Movado, Piaget, Tag Heuer – alles war vertreten. Hochwürdens Einkünfte schienen recht ordentlich zu sein.
Malthus entschied sich für eine Rolex und band sie sich ums Handgelenk. Angesichts der Schätze fiel ihm der Safe hinter dem Gemälde im Schlafzimmer wieder ein. Wenn diese Uhren hier unverschlossen herumlagen, musste der Safe etwas Wichtiges enthalten. Um die flüchtige Calliope einzuholen, rechnete er sich aus, blieb ihm immer noch Zeit. Mehr als eine Minute würde er für die Treppe nicht brauchen und wäre damit vor ihr an der Eingangstür. Zudem hatte er einen großen Vorteil: Er konnte von niemandem gesehen werden.
Er ging zu dem Bild. Auf dem Weg warf er den Talar aufs Bett. Dann klappte er das Gemälde von der Wand und verharrte einen Augenblick in nachdenklicher Pose. Kuznetsov hatte sich für ein moderneres Modell mit einem elektronisch gesicherten Schlossentschieden. Allerdings war es auch nicht so modern und kostspielig, dass es über eine Fingerabdruck- oder Iriserkennung verfügte. In weniger als sechzig Sekunden hatte Malthus den Safe geknackt. Und dann hatte er auch die Antwort darauf, was dem Setnakht-Priester so wichtig war, dass er es unter Verschluss hielt.
Malthus holte sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer seines Bruders Alastor. Er musste es einige Male klingeln lassen, bevor der sich mit einem unfreundlichen „Was zum Henker willst du?“ meldete.
Malthus kam gleich zur Sache. „Ich hatte Kuznetsov schon.“
Alastor schwieg einen kurzen Moment. „Du hattest ? Vergangenheitsform?“
„Yep.“
„Mit anderen Worten: Jetzt hast du ihn nicht mehr?“
Malthus nahm das Handtuch beiseite und begutachtete kurz seine Verletzung. Dann drückte er das Handtuch wieder auf die Stichwunde. „So ist es.“
„Und wieso rufst du mich dann an, anstatt dich zu sputen, um ihn zurückzubekommen?“
„Ich brauche dich, um hier ein paar Sachen zu holen.“
„Oh, verfluchte Scheiße!“
Malthus hörte, wie Alastor sich aufsetzte und die Sprungfedern quietschten. „Ist wohl gerade ein schlechter Zeitpunkt?“, fragte er teilnahmsvoll, da er sich vorstellen konnte, wobei er Alastor und dessen Freundin Naphré gerade gestört hatte.
„Kann man so sagen. Naphré und ich hatten uns gerade sehr nett unterhalten.“
„Ich habe mich auch gerade sehr nett unterhalten“, konterte Malthus, „aber das erzähle ich dir
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