Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
„Hol schon mal Wasser.“
Daniel seufzt unterdrückt. Aber klar. Nun ist er schon hier, nun kann er auch ein paar Gießkannen schleppen. Er fragt sich, ob er jemals lernen wird, nein zu sagen, „Ich habe keine Lust“, „Das ist mein Leben“, oder ob er bis ans Ende seiner Tage den Weg des geringsten Widerstandes gehen wird.
Bis er endlich ins Internet kommt, ist es später Abend. Er findet Micks Musik auf Youtube, aber wie so oft, wenn größere Datenmengen kommen, hängt der Rechner sich auf.
Es ist sowieso nicht mehr das Gleiche. Das schöne Gefühl ist verschwunden.
***
Ein paar Tage später wird Daniel von Mick über den Pausenhof verfolgt und Mick gibt keine Ruhe.
„Komm doch mit. Wir gehen alle. Komm schon, das wird ein Spaß.“
„Bestimmt“, sagt Daniel. „Ein teurer Spaß, vor allem.“
Mick schweigt, verwirrt. Daniel ist beinahe wütend über die Pläne seiner Freunde. Auch hier um die Ecke gibt es ein Hallenbad. Warum muss es das riesige Spaßbad in Steinsberg sein, das mit den fünf Rutschen und den acht verschiedenen Schwimmbecken? Kann man nicht einfach mal ganz normal schwimmen gehen?
„Du musst eines über mich wissen“, sagt er, bemüht beherrscht. „Ich kann nicht immer so wie alle anderen. Wir sind arme Leute.“
„Aber wieso?“, sagt Mick ratlos. „Deine Mutter hat einen Job, oder nicht?“
„Sie ist freie Journalistin. Es gibt Monate, da leben wir vom Amt.“
„Wow. Okay. Das wusste ich nicht. Aber … ich meine … was kostet das Bad? Zehn Euro? Das ist doch nicht so viel, oder?“
„Mal versucht, von zehn Euro zwei Tage lang zu leben?“
„Nein.“
„Siehst du.“
Daniel möchte sich am liebsten in Luft auflösen. Es ist so einfach und geht so schnell, sich vom Geld alles kaputt machen zu lassen. Uncoole Klamotten, altes Fahrrad, ein Handy, das sich immer wieder in seine Einzelteile zerlegt, kein Geld fürs Schwimmbad, wo ist die Schmerzgrenze? Wann wird man von den anderen abgehängt?
Er kann zusehen, wie ihm diese kostbare, neue Freundschaft zwischen den Fingern zerrinnt, diese Freundschaft, die er sich mit einer Heftigkeit wünscht, die ihn selbst überrascht. Ausgerechnet Mick, für den zehn Euro nichts sind. Der immer hungrig ist, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick. Der kaum bemerkt, dass die meisten Kicks etwas kosten.
„Okay“, sagt er. „Egal. Ich sehe mal …“
„Ich zahle für dich mit“, sagt Mick gleichzeitig.
„Nein. Das musst du nicht.“
„Na, offensichtlich schon, wenn ich dich dabei haben will.“
„Mick, so einfach ist das nicht. Ich bin kein Mietwagen.“
„Coole Idee. Ich würde dich für das ganze Wochenende mieten und dann würden wir wegfahren. Ans Meer. Oder nach Italien. Warst du schon mal in Italien?“
„Findest du nicht, dass dieses Gespräch eine merkwürdige Wendung nimmt?“
„Nicht meine Schuld.“ Mick spielt an seinem Piercing. Daniel kann hören, wie der medizinische Edelstahl gegen Micks Zähne klickt.
„Ich wollte sagen, ich sehe mal, woher ich das Geld nehme. Ich habe ein bisschen was gespart für …“
Berlin. Aquarium.
Egal.
Lieber den Spatz in der Hand …
„Nimm meines“, drängelt Mick. „Komm schon. Mir ist’s egal, ehrlich.“
„Aber mir nicht. Das ist alles nicht so einfach.“
„Nur, weil du es kompliziert machst.“
„Ich komme mit und ich zahle selber, klar?“
„Klar“, sagt Mick erstaunt. „Spring mir nicht ins Gesicht, ja?“
„Ich geh rein. Ich brauch noch jemanden, der mich in Englisch was abschreiben lässt.“
Überraschenderweise trabt Mick hinter ihm her.
„Entschuldige“, sagt er. „He. Ich wollte dich nicht beleidigen oder so. Bist du jetzt sauer?“
„Nein. Doch. Nicht auf dich. Auf, keine Ahnung. Ich bin heute einfach schlecht drauf.“
„Das passiert jedem mal.“ Mick schlingt Daniel tröstend den Arm um die Schulter und Daniel stellt fest, dass es ihn tatsächlich tröstet, es fühlt sich warm und gut an, obwohl Mick schon wieder nach Zigaretten riecht.
***
„Wohin des Wegs?“
Mist.
Eigentlich hat Daniel nur schnell seine Schultasche in die Ecke werfen und seine Schwimmsachen packen wollen, aber dem Luchsgehör seiner Mutter ist das nicht entgangen.
„Schwimmen“, sagt er kurz angebunden. „Mit den anderen.“
„Mit welchen anderen?“
„Mann, Mama. Lilli, Jo, Mick. Die üblichen anderen.“
Sie lehnt sich gegen den Türrahmen und mustert ihn. Sie sieht aus, als hätte sie schlecht geschlafen.
„Du
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